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In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
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den ersten Jahren unserer Freundschaft wurden wir „die zweieiigen Zwillinge“ genannt, weil wir überall zu Zweit auftauchten. Annie lag mir immer noch sehr am Herzen, doch außerhalb der Schule trafen wir uns so gut wie gar nicht mehr. Ich wollte lieber nicht an den Grund dafür denken. Annie murmelte etwas und das Blut schoss ihr in die Wangen. Sofort zog sie die Schultern hoch und kicherte ein bisschen. „Findest du nicht?“
„Finde ich was?“, fragte ich begriffsstutzig.
„Er ist süß, findest du nicht?“
„Haiss?“
„Heiss jetzt nicht unbedingt, aber er ist sehr süß!“
„Nicht heiss! Er heißt Haiss! Mit A und I“, wiederholte ich seine Worte und ärgerte mich darüber.
„Weiß ich doch!“ Annie runzelte die Stirn. „Hast du irgendetwas geraucht?“ Sie beugte sich zur Seite und schnupperte an mir. Ich schob sie energisch von mir weg.
„Du findest ihn süß?“, rief ich ungläubig. „Hast du mal gesehen wie seine Arme runter hängen? Und die Haare! Und die Klamotten!“
„Er hat eine tolle Stimme! Besonders wenn er stöhnt! Na…natürlich nur der Schmerzen wegen.“ Sie wurde knallrot! „Aber es … es klang trotzdem schön!“
„Ach du Scheiße, ANNIE!“, kreischte ich, griff nach ihren Schultern und schüttelte sie so fest, dass ihre Zähne hart aufeinander schlugen. „Lass die Drogen weg! Ernsthaft!“
„Du bist heute echt unausstehlich“, giftete sie, sprang von der Heizung, grabschte nach dem Restbrötchen auf meinem Schoß und stopfte es sich demonstrativ in den Mund. „Nicht alle Kerle sind Arschlöcher, Verry!“
„Das habe ich auch gar nicht gesagt!“ Kurzes Schweigen. „Er ist ein Vollidiot und er sieht aus wie ein Mongo!“
„Über diese Krankheit macht man keine Witze!“, fauchte sie, drehte mir den Hintern zu und stampfte zurück ins Klassenzimmer.
„Jetzt stell dich doch nicht so an, Annie!“ Ich wollte ihr folgen, wurde aber am Arm zurückgerissen.
„Meine Mutter möchte dich sprechen!“, drang eine wohlbekannte sehr verhasste Stimme an mein Ohr. Dieser Penner, ich kannte nicht einmal seinen Namen, verhöhnte mich ganz offen. Nur zu gern hätte ich ihm die Fresse mit meiner Schuhsohle poliert. Sein Knochenbruch schien ja nicht ausgereicht zu haben. Zu seinem Glück ließ er mich los, ehe ich meine Überlegung in die Tat umsetzen konnte.
„Viel Spaaahaaaaß“, kicherte er und eilte die Treppen hinauf in den dritten Stock, zu den Chemieräumen. Hoffentlich goss ihm jemand Buttersäure auf die Schuhe! Dann würde er den ganzen Tag nach kotzenden Kühen stinken.
Ein Oberstufenschüler schlenderte an mir vorbei und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Die Vermutung lag nahe, dass ich fürchterlich rachsüchtig grinste.

Die Schulglocke hallte erneut durch die Flure.
Schüler stürzten in Massen zurück in die Klassenräume. Spinte wurden geräuschvoll zugeknallt und in einer Tour brüllte mir irgendwer was ins Ohr oder rempelte mich an. Nein, ich neigte nicht zu misanthropischem Verhalten. Nur manchmal zwickte es in meinem linken Auge und ich war versucht, den Nächstbesten zu packen und gegen die Wand zu rammen.
Im Augenblick zwickte es außerordentlich heftig und der Grund dafür hüpfte gerade aus dem Krankenzimmer. Er trug eine weiße Mütze.
Aggressionen bäumten sich mit unglaublicher Gewalt in mir auf. Ich zwang mich zum Stehen bleiben und atmete tief durch. Haiss drehte sich im selben Augenblick zu mir. Die Wut löste sich in Nichts auf. Zurück blieb nur das Gackern, das mir über die Lippen kam. Ich prustete und verschluckte mich. Tränen schossen mir in die Augen. Die Schulschwester hatte ganze Arbeit geleistet und seinen Schädel dick in Mullbinden eingewickelt. Zu allem Überfluss klebte ein Päckchen
Crushed Ice
an seinem Hinterkopf wie ein Abszess. Lachend schlang ich die Arme um meinen Bauch und wäre fast in die Knie gegangen.
„Heiss!“, kicherte ich und hob respektvoll nickend den Daumen. „Wirklich heiss!“
Dann spazierte ich grinsend an ihm vorbei zum Sekretariat. Sobald ich jedoch die Tür hinter mir zuzog, verpuffte meine gute Laune schlagartig.
Linda Long, die Sekretärin, schenkte mir ihr schönstes Lächeln – das tat sie übrigens immer, wenn sie mich sah – und drückte den Rücken durch. Mit einer schnellen Handbewegung strich sie sich ein paar lose blonde Strähnen aus dem Gesicht.
„Verry! Wie schön dich wiederzusehen!“ Sie erhob sich und streckte mir ihre Hand entgegen.
Ich mochte ihre Art mit den Schülern
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