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In deinen Armen

In deinen Armen

Titel: In deinen Armen
Autoren: Christina Dodd
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und aus ganzem Herzen geliebt. jetzt würde Stephen nie mehr zurückkehren. Nach neun Jahren der Einsamkeit, nach all den Tagen, an denen sie seinen Namen verflucht hatte, erinnerte sie sich wieder daran, dass es auch gute Zeiten gegeben hatte … und er hatte diese Welt wirklich auf ewig verlassen. »Oh, Gott«, flüsterte sie.
    »… den seine geliebte Mutter, Lady Catriona MacLean, überlebt hat«, dröhnte der Pfarrer mit tremolierender Stimme. »… genau wie seine treu ergebene Ehefrau, Enid MacLean.«
    Wie sonderbar, feststellen zu müssen, dass der Tod des verhassten Ehemannes sie fast genauso berührte wie der Tod der geliebten Mentorin.
    Enid schniefte und versuchte, ihre fehlgeleiteten Emotionen in den Griff zu bekommen. Doch eine Träne entging ihrer Selbstbeherrschung und tropfte ihre Wange hinab. Verstohlen schob sie das Taschentuch unter den Schleier und tupfte sie fort.
    Lady Catriona neben ihr versetzte ihr einen Stoß mit dem Ellenbogen. Als Enid sich ihr zuwandte, sah sie Enid mit einem derart giftigen Blick an, dass Enid näher zu Lady Bess rückte.
    Warum war Lady Catriona so wütend? Dies war die Feierlichkeit, die sie sich für ihren Sohn gewünscht hatte. Enid trug Schwarz, sie weinte um Stephen … aber natürlich musste Stephen sich diesen Gottesdienst mit MacLean teilen.
    MacLean … der Sarg verschwamm hinter einem Schleier aus Tränen. Sie wollte, dass MacLean sich erhob und allen zeigte, dass er am Leben war!
    Mit einer Stimme, die so gedämpft war, dass sie Enid kaum erreichte, sagte Lady Bess: »Catriona hat Stephen immer ganz für sich haben wollen. Sie kann es nicht ertragen, dass Sie ihn hatten und wenn auch nur für kurze Zeit.«
    Der Pfarrer hob die Hände zum Himmel. »Lasset uns beten. Vater, wir bitten dich, nimm deinen Sohn Stephen zu dir …«
    Vater.
    Ihr Vater.
    Noch eine Beerdigung, die sie nicht besucht hatte. Noch ein Grab, an dem sie nie gestanden hatte. Ihr Vater. Ein Mann, der, was Zuneigung betraf, nun wirklich nicht die geringste verdient hatte. Gewiss, er hatte sie unterstützt und ihre Schule bezahlt, wo er sie auch dem Arbeitshaus hätte überlassen können. In dem sie hätte sterben können wie die meisten Kinder. Stattdessen hatte er sie in eine Schule gesteckt und vergessen. Die anderen Mädchen waren zu Weihnachten und über die Sommermonate nach Hause gefahren. Enid war geblieben, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Und obwohl sie, je älter sie wurde, verstand, weshalb sie zu einem Leben auf verlassenen Fluren und in leeren Schlafsälen verdammt gewesen war, hatte sie ihrem Vater doch nie verzeihen können, dass er so schwach gewesen war und seine Tochter im Stich gelassen hatte, wo doch er die Sünde begangen hatte.
    Sie würde nie so schwach sein, wie ihr Vater es gewesen war … aber sie war es schon gewesen. Als der ganze Schrecken der Wahrheit sie mit voller Wucht traf, schlug sie die behandschuhten Hände vors Gesicht. An jenem Tag in den Bergen hatte sie mit MacLean geschlafen und nicht an die Konsequenzen gedacht. Schlimmer noch … letzte Nacht war sie seiner Verführungskunst erlegen, obwohl sie sehr wohl wusste, dass viele Kinder zu einem Zeitpunkt ihren Ursprung nahmen, der eigentlich unmöglich war. Letzte Nacht hatte sie sich MacLean in Ausschweifung und Lust hingegeben. Nicht nur einmal, sondern dreimal.
    Sie ließ einen zittrigen Schluchzer hören. Also war der gesichtslose Mann, der ihr Vater war, nur eine Kreatur gewesen wie sie selbst, von zügelloser Leidenschaft getrieben. Und sie wollte ihm sagen, dass sie verstand … aber sie konnte es nicht. Er war tot, und sie hatte ihn niemals kennen gelernt.
    Enids Knie gaben nach, und sie sank auf die Kirchenbank. Mit zitternden Fingern suchte sie nach dem Taschentuch.
    »Von unserem Clansherrn Kiernan MacLean zu sprechen heißt, von einem Ehrenmann zu sprechen …«, drangen die Worte des Pfarrers an ihr Ohr.
    Ein rasiermesserscharfer Schmerz durchzuckte sie. MacLean ruhte in seinem Sarg.
    Aber er war nicht tot. Sie wusste, er war nicht tot.
    »Unser Clansherr hat für uns gesorgt, für einen jeden von uns. Und zwar aus tiefem, beständigem Pflichtbewusstsein heraus, und mehr noch, aus einer alles durchdringenden Liebe.«
    Liebe. Enid schüttelte den Kopf. Nicht Liebe. Nicht von ihm.
    »Kiernan MacLean hat seine Liebe und sein Vertrauen nicht leichthin geschenkt. Aber wenn er es einmal getan hat, war auf ewig darauf Verlass.
    Ewig. Ich bin ein Teil von
dir. Du
bist ein Teil von mir.
Und wir
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