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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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würde sich um alles kümmern. In Krisenzeiten war Verlass auf ihn. Verdammt, er verdiente seinen Lebensunterhalt damit, in heiklen Momenten die Dinge zu erleichtern. Sie war unzählige Male dabei gewesen, wie er Menschen geholfen hatte, Abschied zu nehmen. Er war so reizend zu ihr und Ruth Ann gewesen, als sie letztes Jahr zu ihm gekommen waren, um Mamas Begräbnis zu organisieren. Er hatte ihnen Papiertaschentücher gereicht, als sie weinten, ihnen ein Glas Wasser gebracht, während sie im Katalog mit den Särgen blätterten, ihnen Ratschläge erteilt, welche Kleidung sie für die Verstorbene vorbeibringen sollten. Das war das Erste gewesen, was sie an ihm gemocht hatte. Seine gewinnende Art, die Tatsache, dass er stets das Richtige zu sagen wusste. Inzwischen hatte er bestimmt alle zurückgescheucht. »Leute, es ist viel zu heiß, um hier draußen herumzustehen. Wieso gehen wir nicht in den Gemeindesaal, wo es kühl ist und wir ein paar Erfrischungen vorbereitet haben?«
    Sie sollte dankbar sein für einen Mann wie ihn. Wahrscheinlich sagte er in diesem Moment genau das Richtige. Etwas, das sowohl ihm selbst als auch allen anderen half, sich
besser zu fühlen. »Keine Sorge«, würde er sagen und ein wenig lachen, so als kenne er sie besser als sie sich selbst. »Es sind nur die Nerven. Sie fährt einmal um den Block, beruhigt sich, und dann fangen wir noch mal von vorn an.« Und er würde es selbst glauben.
    Ruth Ann verlor unter Garantie fast die Nerven und fragte sich, was zum Teufel all das zu bedeuten hatte. Auch sie glaubte immer, alles zu wissen. Wahrscheinlich saß sie mit zusammengepressten Lippen da und dachte: Ich hab es ihr gesagt. Und jetzt ist sie weg und wirft das schöne Geld für eine Hochzeit zum Fenster hinaus, die sowieso nie stattfinden sollte. A. J. fand es toll, wenn etwas Unerwartetes passierte, und lachte garantiert immer noch. Ihre Brüder und deren Frauen warteten vermutlich noch eine Weile, tranken etwas Punsch, aßen ein paar Chicken Nuggets, Erdnüsse und Minzbonbons, ehe sie auf die Uhr sehen und darum bitten würden, sie zu holen, wenn Cassandra wieder auftauche, und sich schließlich auf den Weg nach Hause machen würden. Ashley und Keith würden wahrscheinlich an ihre eigene Hochzeit im letzten Sommer denken, und wie anders alles gewesen war. Wie reibungslos alles über die Bühne gegangen war und alle Rotz und Wasser geheult hatten, weil Ashley und Keith ganz einfach zusammengehörten.
    Aber gehörten Dennis und sie denn nicht auch zusammen? Bis vor ein paar Wochen war sie sich dessen ganz sicher gewesen. Außerdem war sie es leid, allen anderen von der Standspur aus zuzusehen, wie sie auf dem Highway an ihr vorbeizogen, heirateten, Kinder bekamen, ihr Leben lebten und es dabei aussehen ließen, als wäre es ganz einfach. Das gab ihr stets das Gefühl, dass etwas mit ihr nicht stimmte.
    Tja, falls sie einen Beweis dafür gebraucht hatte - hier war er. Sie fuhr in einem Hochzeitskleid mit einem gestohlenen Wagen ziellos durch die Gegend. Der Beweis, dass sie verrückt war, dass etwas ganz und gar nicht mit ihr stimmte, der Beweis,
dass sie als alte Jungfer enden würde. Nein, schlimmer noch. Ein Witz ihres Vaters fiel ihr wieder ein. »Was ist der Unterschied zwischen einem alten Fräulein und einer alten Jungfer? Ein altes Fräulein ist eine Frau, die niemals geheiratet hat. Eine alte Jungfer ist eine Frau, die weder geheiratet noch sonst irgendetwas erlebt hat.«
    Ich schätze, dieses »sonst irgendetwas erlebt« trifft auch auf mich zu, dachte sie und stellte überrascht fest, dass sie dieser Gedanke nicht in Tränen ausbrechen ließ. Sie sollte sich schämen und schämte sich auch, doch da war noch etwas anderes - Erleichterung und so etwas wie Energie. Ein Gefühl, das den Wunsch in ihr auslöste, Böden aufzuwischen und Unkraut zu jäten. Doch da sie nicht nach Hause fahren und sich an die Arbeit machen konnte, steuerte sie den Wagen einfach weiter.

2
    Es war einer dieser wunderbaren Spätfrühlingstage, eher sommerlich als frühlingshaft. Ohne den Wind wäre es sogar zu heiß, um sich im Freien aufzuhalten. Einer der Vorteile eines Lebens an der Küste ist, dass es immer Wind gibt, dachte May. Eine angenehme Brise zog übers Wasser und schenkte ihnen Kühlung, als sie auf der Verandaschaukel hinterm Haus saßen. May konnte nicht verstehen, dass Doris an einem so herrlichen Nachmittag - strahlend blauer Himmel, überall Wasser, die hübschen weißen Boote auf dem Bogue
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