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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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der Welt lauerten, begann sie auf völlig selbstverständliche Weise, auch andere Dinge wahrzunehmen.
    Wie zum Beispiel Jim Styron. Wäre sie nicht aufmerksam gewesen, hätte sie einen Jungen wie ihn übersehen, so mager, knochig und still, wie er war. In der Schule saß er immer in der letzten Reihe und aß in der Cafeteria stets allein zu Mittag.
Auffallend waren nur Jungen wie Cameron Guthrie, der sich ständig aufspielte und andere zum Lachen brachte. Jim blieb lieber für sich, was wahrscheinlich der Grund war, weshalb sie kaum etwas über ihn wusste, obwohl sie schon seit dem ersten Schultag in dieselbe Klasse gingen. Er hatte rotes Haar, kaute ständig Kaugummi und half im Laden seines Großvaters aus. Bis gestern hatten ihr diese spärlichen Fakten vollkommen ausgereicht.
    Das Tolle daran, in einem Boot herumzuliegen, war, dass man die ganze Welt bespitzeln konnte, ohne dass es jemand mitbekam. Gestern hatte sie wie meistens gelesen und immer wieder über den Bootsrand gelinst, um zu sehen, wo sie inzwischen war. Als sie in Richtung Wood Island trieb, sah sie einen Jungen in abgeschnittenen Jeans und ohne T-Shirt von einem Dock in ein kleines Boot wie ihr eigenes springen. Er streckte den Arm aus und griff nach einer Angel und einem Eimer, legte beides ins Boot und ließ den Motor an, ehe er sich hinsetzte und auf den Kanal zuhielt. Er gewann rasch an Geschwindigkeit und kam mit wehendem Haar direkt auf sie zu. Sie sah, dass es Jim Styron war. Als er sich umdrehte und dicht steuerbord an ihrem Boot vorbeifuhr, winkte er und grinste, als wären sie beste Freunde. Sie hielt sich fest, als das Boot in seiner Kielwelle zu schwanken begann, und fragte sich, was um alles in der Welt in diesen Jungen gefahren sein mochte. Sie hatte ihn noch nie vorher lächeln gesehen, nichts, was auch nur annähernd auf Freude schließen lassen könnte. Und auch über sie war irgendetwas gekommen, denn seit diesem Augenblick konnte sie an nichts anderes denken als an ihn.
    Es lag an Trixie Belden und das Geheimnis des Landhauses , dass sie den Namen Jim so gern mochte. Der arme Jim Frayne, der ganz allein auf der Welt war, bis er Freundschaft mit Trixie und Honey schloss. Er war so klug, stark, nett und geheimnisvoll und hatte so schönes rotes Haar, nicht dunkelrot
wie ihres, sondern ein herrliches Rotgold, das in der Sonne glänzte. Sie hasste ihr rotes Haar, auch wenn es dieselbe Farbe besaß wie das ihres Vaters, dessen Haar sie liebte, genauso wie seine Sommersprossen, die er ihr ebenfalls vererbt hatte. Manchmal sah sie sich Fotos ihrer Mutter an und fragte sich, wieso sie nicht mit ihrer milchig-weißen Haut und dem rabenschwarzen Haar oder wenigstens dem braunen Haar und der hübsch gebräunten Haut wie Oma hatte zur Welt kommen können. Es war einfach nicht fair. Sie hatte bereits beschlossen, sich die Haare schwarz zu färben, sobald sie achtzehn war. Gegen die Sommersprossen jedoch konnte sie nicht allzu viel unternehmen. Sie hatte sogar eine Creme bestellt, für die auf der Rückseite einer von Mays Frauenzeitschriften geworben wurde, aber nichts funktionierte. Es war nicht die Art Sommersprossen, die man bekam, nur weil man im Sommer draußen war, sondern solche, die das ganze Jahr über blieben und praktisch ihren ganzen Körper bedeckten.
    »Annie Laurie! Essen!« Die tiefe Stimme ihrer Großmutter drang so kräftig übers Wasser, dass es sich anhörte, als stünde sie direkt neben ihr. Es war eine Stimme, die Annie Laurie nicht ignorieren konnte - wahrscheinlich würde sie selbst noch einen Hurrikan übertönen - und die ihr stets sagte, was sie als Nächstes zu tun hatte. Seufzend setzte sie sich auf, reckte sich und legte ihr Lieblingsbuchzeichen mit dem Einhorn an die Stelle in Black Beauty , wo sie stehen geblieben war - fast am Ende, wo Black Beauty an diese netten Leute verkauft wurde. Annie Laurie war stets unendlich erleichtert, wenn sie an diese Stelle gelangte, weil all die schrecklichen Dinge, die ihm zugestoßen waren, sie so wütend machten, dass sie das Buch eine Weile zur Seite legen musste.
    Immer wenn sie den Motor des kleinen Bootes anließ, dachte sie an Walton und daran, wie nett es von ihm war, sie es benutzen zu lassen, wann immer sie Lust hatte. Er hatte sogar nur ihretwegen den Namen in Amapola geändert und
mit hellblauer Farbe auf den Bug gepinselt. Walton mochte ihr rotes Haar. »Amapola, my pretty little poppy« - er sang die Worte stets, statt sie auszusprechen. Es war ein Song aus der
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