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In dein Herz geschrieben

Titel: In dein Herz geschrieben
Autoren: Pamela Duncan Andrea Brandl
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Nachthemd mit dem Rücken zum Fenster sie anstarren sehen. Alles an ihr sei weiß gewesen, bis auf die Augen, die wie schwarze Kohlestücke in ihrem Gesicht gewirkt hätten. Nach einer Weile hatte er sie so weit, dass sie einräumte, wahrscheinlich seien es nur Scheinwerfer gewesen, deren Licht von den Vorhängen reflektiert wurde, doch von diesem Tag an blieb sie stets in seiner Nähe, wenn er das Zimmer verließ. Egal wie oft er Cassandra beteuerte, er habe bereits sein ganzes Leben hier verbracht, ohne jemals einen Geist gesehen zu haben, gelang es ihr nicht, ihre Nervosität abzulegen. Cassandra meinte, es sei ausgeschlossen, dass all die toten Menschen in diesem Haus gewesen sein konnten, ohne dass sich der eine oder andere zum Bleiben entschlossen hätte. Ihre Bereitschaft, an das Unglaubliche zu glauben, erstaunte ihn. Nein, es war mehr als nur die Bereitschaft - es war, als wolle Cassandra es tatsächlich glauben . Sosehr es ihn manchmal ärgerte, konnte er sich nicht dagegen wehren, diese Eigenschaft an ihr zu lieben. Sie weckte den Wunsch in ihm, Cassandra vor allen Gefahren auf der Welt zu beschützen.

    Als er und A. J. zur Kirche zurückkehrten, blieb Dennis ein paar Minuten im Wagen sitzen, um sich zu sammeln und sein bestes Bestattergesicht aufzusetzen. Alles, woran er denken konnte, war die Tatsache, dass er und Cassandra in diesem Moment im Grove Park einchecken sollten. Stattdessen würde er aussteigen und allen Gästen sagen müssen, sie sollten nach Hause gehen, da die Hochzeit nicht stattfände. Wie konnte sie ihm das antun? Er hatte nichts falsch gemacht, das wusste er. Und sie hatte behauptet, sie liebe ihn.
    Hatte sie kalte Füße vor der Hochzeitsnacht bekommen? Hätten sie nicht damit gewartet, wäre sie jetzt vielleicht da. Es war schon merkwürdig, dass sie so lange gebraucht hatte, bis sie bereit gewesen war, und als es so weit gewesen war, hatte er beschlossen, dass sie noch warten sollten. Eines Abends hatte sie ihn zum Essen zu sich eingeladen, und als er beim Hereinkommen die Kerzen gesehen und die Musik gehört hatte, war ihm klar gewesen, dass der Moment gekommen war. Der Teil seines Körpers, der über ein unkontrollierbares Eigenleben verfügte, erwachte augenblicklich zum Leben und rief begeistert »Endlich!« Nach dem Essen machten sie es sich auf dem Sofa bequem. Alles lief prächtig, aber aus irgendeinem Grund hörte er auf und löste sich von ihr. Heftig atmend sahen sie einander an. »Was ist los?«, fragte sie. »Warte einen Augenblick.« Sie sah so reizvoll aus mit ihrem zerzausten Haar und ihrem Oberteil, dessen Köpfe er geöffnet hatte. Er setzte sich auf, rutschte an die Sofakante, stützte den Kopf auf die Hände und versuchte, den Grund für sein Verhalten zu ergründen.
    Als sie sich neben ihn setzte, mit den Händen ihre Bluse zusammenhielt und mit diesem besorgten Unterton »Dennis?« sagte, wusste er es. Er hatte Cassandra stets als seine Freundin betrachtet, doch Freundinnen waren etwas Vorübergehendes, und ihm wurde bewusst, dass er etwas anderes wollte. Er war fünfundvierzig Jahre alt, und bei der Vorstellung, für den Rest
seines Lebens mit ständig wechselnden Frauen ausgehen zu müssen, wurde ihm regelrecht übel. Er war es leid, alle ein, zwei Jahre eine neue Freundin zu haben, er hatte diese Prozedur satt - das Flirten, das gegenseitige Umgarnen, das Kennenlernen und schließlich die Erkenntnis, dass man einander leid war. Und da die große 50 in Leuchtbuchstaben vor ihm aufflammte, wie eine Art Ziellinie, das unwiederbringliche Ende seiner Jugend und der Beginn des Alters, begriff er, dass sich ihm vielleicht nicht mehr allzu viele Chancen böten. Er wollte etwas von Dauer. Er wollte Cassandra.
    In einer spontanen Eingebung ging er auf die Knie, ohne einen Ring, ohne Blumen oder sonst etwas in der Hand, und bat sie, seine Frau zu werden. Sie sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren, ehe sie in Tränen ausbrach und Ja sagte. Später, als sie ins Schlafzimmer gehen wollte, zwang er sich, sie von sich zu schieben. Er verletzte ihre Gefühle dadurch, und es war eine Menge Erklärungen vonnöten, um ihr begreiflich zu machen, dass es nicht daran lag, dass er sie nicht wollte. Im Gegenteil: er wollte sie und keine andere, nur war es eben seine Art, ihr zu zeigen, wie viel sie ihm bedeutete.
    Dennis registrierte, dass er den ersten Stern verpasst hatte und nun jede Menge am Himmel erschienen. Es wäre sinnlos, sich jetzt noch etwas zu wünschen.
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