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In alter Freundschaft - Kriminalroman

In alter Freundschaft - Kriminalroman

Titel: In alter Freundschaft - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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abheben.«
    Stürzenbecher überlegte drei Sekunden. »Okay. Wenn Sie das Mädchen freilassen, gehen wir auf Ihre Bedingungen ein.«
    Wieder das hämische Meckern. »Wollen Sie mich verarschen? Ich nehme das Mädchen mit. Sie kann abhauen, sobald ich merke, dass ich nicht verfolgt werde.«
    »Gottverdammte Scheiße«, sagte Stürzenbecher.
    »Was ist los? Hat es Ihnen die Sprache verschlagen?«
    »Ich brauche Bedenkzeit«, brüllte Stürzenbecher. »Geben Sie mir eine Stunde!«
    »Zehn Minuten. Ansonsten …« Das Mädchen gab einen Ton von sich, der immer dann entsteht, wenn man eine Pistole zu tief in den Hals gedrückt bekommt.
    »Chef, ich sterbe«, meldete sich eine dünne Stimme hinter der Lautsprecherbox.
    Fünfzig Polizisten fuhren herum und richteten ihre Schusswaffen auf mich. Vorsichtshalber nahm ich beide Hände in die Höhe.
    »Ach du Scheiße! Kulmbacher! Den habe ich ja ganz vergessen«, fluchte Stürzenbecher. »Los! Zwei Mann holen eine Trage!«
    Die Entschlossenheit, den Abzug durchzudrücken, verschwand aus den Augen der Polizisten. Ich nahm die Hände herunter und schlenderte auf Stürzenbecher zu.
    »Und nun?«
    »Keine Ahnung«, sagte Stürzenbecher. In seinen Augen stand die nackte Panik.
    Zwei Polizisten kamen mit der Trage. Ihnen folgte ein grau gekleideter älterer Mann mit tiefen Magenfalten im Gesicht.
    »Jetzt wird mir die Entscheidung abgenommen«, murmelte Stürzenbecher. »Das ist Kriminaloberrat Wille.«
    Wille musterte zuerst mich, mit deutlichem Misstrauen im Gesicht, dann ließ er einen missbilligenden Blick über Stürzenbechers demolierten Anzug schweifen. »Wer ist das?«
    »Georg Wilsberg, ein Privatdetektiv, der in diesem Fall mit uns zusammenarbeitet.«
    »Aha.« Wille gönnte mir einen zweiten Blick, nicht freundlicher als vorhin. »Geben Sie mir einen kurzen Lagebericht, Herr Stürzenbecher!«
    Stürzenbecher erzählte das Nötigste und guckte anschließend auf seine Armbanduhr. »Wir haben noch fünf Minuten.«
    »Ist das SEK verständigt?«
    »Bislang nicht.«
    »Ich übernehme das. Halten Sie Ponti hin! Sagen Sie ihm, wir kommen erst morgen früh an das Geld!«
    »Heißt das, wir gehen auf seine Bedingungen ein?«
    Willes wässrige Augen starrten ausdruckslos. »Lassen Sie ihn in dem Glauben!«

XV
     
     
    Die Lagebesprechung in Pontis Büro dauerte bereits eine Viertelstunde. Der SEK-Oberbulle hatte sich dorthin mit Kriminaloberrat Wille und Hauptkommissar Stürzenbecher zurückgezogen. Da das Fluchtauto mit der Million auf dem Rücksitz schon vor dem Haupteingang parkte, gab es eigentlich keinen Grund für ein so langes Palaver, zumal die Gefahr bestand, dass Carlo Ponti früher oder später durchdrehen würde.
    Die Tür öffnete sich und Klaus Stürzenbecher erschien auf der Bildfläche, bewaffnet mit einem Megafon. Er sah so aus, als hätte ihm seine Frau gerade verkündet, dass sie mitsamt den Kindern zu ihrem Freund ziehen wolle.
    »Was ist los?«, erkundigte ich mich.
    »Das geht dich nichts an«, blaffte Stürzenbecher zurück.
    »Mach mal halblang! Schließlich habe ich bei der Geschichte Kopf und Kragen riskiert.«
    »Davon habe ich vorhin nichts gemerkt, als mich die Punks verprügeln wollten.«
    Ich schnalzte mit der Zunge. »Und was war im Haus der Kummer, im Kinderheim in Zweierwalde und auf Pontis Landsitz?«
    Stürzenbecher guckte zerknirscht. »'tschuldigung. War nicht so gemeint. Es ist nur wegen der Scheiße, die gleich hier abläuft.«
    »Welche Scheiße?«
    »Aber halt die Schnauze, ja?«
    Ich nickte.
    »Ponti kommt hier nicht weg.«
    »Was heißt, er kommt nicht weg? Warum steht denn das Auto vor der Tür?«
    »Tarnung, um ihn zu beruhigen. Und für den Fall, dass was schiefgeht. Ich war dagegen, ihn auf der Stelle zu erledigen, aber seit dem Geiseldrama von Gladbeck ist man im Innenministerium nervös geworden. Das SEK hat die Anweisung, bei Geiselnahmen hart durchzugreifen.«
    Ich atmete tief durch. »Wenn sie ihn treffen, werden wir nie erfahren, ob er Ines Block umgebracht hat.«
    Stürzenbecher zuckte mit den Achseln und hielt das Megafon an die Lippen: »Hörst du mich, Ponti?«
    Die Lautsprecher knackten. »Klar und deutlich.«
    »Wir sind so weit. Das Auto mit dem Geld steht bereit.«
    »Na endlich. Ich komme in zwei Minuten raus. Dann ist kein Bulle mehr im Saal – ist das klar?«
    »Klar.«
    »Und noch etwas.« Eine lange Pause.
    »Was?«
    »Georg Wilsberg wird mich fahren.«
    Mein Herz setzte für fünf Sekunden aus. Danach war ich
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