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In aller Unschuld Thriller

In aller Unschuld Thriller

Titel: In aller Unschuld Thriller
Autoren: Tami Hoag
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zusammen, die fünf Jahre alt war und die schlechte Stimmung zwischen ihnen nicht zu bemerken schien.
    Carey stand mit vor der Brust verschränkten Armen am Fenster ihres Büros und sah hinaus. Es herrschte noch immer Stoßverkehr in der Innenstadt von Minneapolis. Die Autos kamen nur im Schritttempo voran. Gelegentlich hörte man eine Hupe.
    Wenn sie sich in New York befunden hätte, wäre ein permanentes Hupkonzert zu hören gewesen, aber dies war der mittlere Westen, und hier achtete man noch auf gutes Benehmen und Rücksichtnahme, auch wenn die Stadt ständig weiter wuchs und immerzu Leute aus anderen Teilen des Landes und aus der ganzen Welt herzogen.
    Hier herrschte Ordnung, und hinter dieser Ordnung steckte eine gewisse Logik. Stabilität. Das Leben hatte einen Sinn. Und das machte einen Fall wie die Haas-Morde noch erschreckender. Keiner konnte in einem solchen Gewaltausbruch irgendeinen Sinn erkennen. Solche willkürlichen Gewaltakte untergruben das Fundament der Gesellschaft von Minnesota – oder was die Einwohner dafür hielten.
    Die Tür zu ihrem Büro öffnete sich, und Chris Logan trat ein. Er sah aus wie ein Racheengel.
    Carey verbarg ihre Überraschung bei seinem Anblick hinter ihrer äußerlichen Ruhe. »Du hast soeben meine Theorie zunichtegemacht, dass die Einwohner von Minnesota sich noch immer zu benehmen wissen.«
    »Deine Sekretärin ist schon weg«, sagte Logan, als würde deren Fehlen sein unangekündigtes Eindringen in ihr Büro rechtfertigen.
    »Ich wollte auch gerade gehen«, sagte sie und öffnete den Schrank, in dem ihr Mantel hing.
    »Wie konntest du das nur tun, Carey?«
    »Du solltest nicht hier sein, Chris«, sagte sie mit fester Stimme. »Ich werde keinesfalls mit dir unter vier Augen über diesen Fall sprechen. Wenn du sofort gehst, werde ich dich dem Disziplinarausschuss nicht melden.«
    »Versuch nicht, mir zu drohen«, fuhr Logan sie an. »Du weißt genau, dass ich so was nicht ausstehen kann.«
    »Das brauche ich gar nicht«, erklärte sie. »Ich bin Richterin und du bist Staatsanwalt in einem Fall, in dem ich den Vorsitz führe. Es verstößt gegen die Regeln, wenn du hierherkommst und meine Entscheidungen in Frage stellst.«
    »Das ist bereits passiert, draußen, vor dem Gerichtsgebäude.«
    »Kann ich mir denken. Du trägst deinen guten Anzug, und die zerzausten Haare und die schief sitzende Krawatte verleihen dir eine gewisse Note. Wahrscheinlich werden nach den Nachrichten bei den Sendern ein paar Heiratsanträge für dich eingehen.«
    »Komm mir nicht so, Carey«, erwiderte er. »Hier geht es nicht um Politik. Hier geht es um Gerechtigkeit.«
    »Die bei einem fairen Verfahren anfängt.«
    »Es wäre gerecht, diesen Scheißkerl, der eine halbe Familie ausgelöscht hat, hinter Schloss und Riegel zu bringen.«
    »Ja«, stimmte Carey ihm zu. »Und genau das ist deine Aufgabe. Sorge dafür, dass du einen wasserdichten Fall hast. Wenn du allerdings glaubst, dass das Ergebnis des Prozesses von dieser einen Frage abhängt, dann neige ich dazu, Kenny Scott Recht zu geben – dann hast du kaum genug, um die Anklage aufrechtzuerhalten.«
    »Willst du, dass ich dir meine Prima-facie-Beweise vorlege, jetzt, auf der Stelle?«, fragte Logan. Zornesröte färbte seine Wangen. Er ließ sich allzu leicht durchschauen. Wenn ihn seine blitzenden Augen nicht verrieten, dann war es seine irische Blässe.
    »Nein«, sagte Carey. »Ich will dich nur warnen, Chris. Wenn du den Fall zu schnell vor die Geschworenen bringst, nur um die Öffentlichkeit zu beruhigen, dann wirst du …«
    »Ich habe genug Beweise für einen Schuldspruch.«
    »Warum bist du dann hier?«, fragte sie. »Würdest du in das Richterzimmer von Olson platzen? Oder in das von Denholm? Nein. Du bist hier, weil du denkst, dass du bei mir bestimmte Vorrechte genießt, dass ich klein beigebe und mich deinem Willen beuge, weil wir einmal Kollegen waren und weil ich eine Frau bin. Wäre ich ein Mann …«
    »Dann hätte ich niemals mit dir geschlafen«, beendete Logan ihren Satz.
    Carey zuckte zusammen, als hätte er ihr eine Ohrfeige verpasst. Es hätte kaum einen Unterschied gemacht. Während der Jahre, in denen sie zusammengearbeitet hatten, hatte es zwischen ihnen immer geknistert, eine Anziehung, die sie beide gespürt hatten, aber der keiner nachgegeben hatte, außer in dieser einen Nacht.
    Sie hatten Überstunden gemacht, um sich auf einen Prozess vorzubereiten – der letzte, bevor sie zur Richterin ernannt worden war. Carey
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