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Imperium

Imperium

Titel: Imperium
Autoren: Robert Harris
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blieb, las - in den Provinzen die Strafverfolgung von Personen, die Kapitalverbrechen beschuldigt werden, in deren Abwesenheit verboten werden sollte - und sich dann verwirrt abwandte. Umgeben von seinem Gefolge saß Gellius Publicola im Saaleingang auf seinem mit Elfenbeinschnitzereien verzierten Stuhl und wartete darauf, dass die Auguren nach Begutachtung der Eingeweide alles für ordnungsgemäß befanden, damit er die Senatoren auffordern konnte einzutreten. Hortensius ging auf ihn zu und breitete fragend die Arme aus. Gellius zuckte mit den Achseln und deutete gereizt auf Cicero. Hortensius drehte sich um und entdeckte seinen Rivalen inmitten einer Traube verschwörerisch tuschelnder Senatoren. Er runzelte die Stirn und gesellte sich zu seinen aristokratischen Freunden: den drei Metellus-Brüdern Quintus, Lucius und Marcus sowie den beiden älteren Exkonsuln Quintus Catulus, dessen Schwester mit Hortensius verheiratet war, und Publius Servilius Vatia Isauricus, der das Konsulat zweimal innegehabt hatte. Sogar beim Niederschreiben der Namen stellen sich mir nach all den Jahren noch die Nackenhaare auf, denn Männer dieses Kalibers - eisern, unnachgiebig, durchdrungen von den alten Idealen der Republik - gibt es heute nicht mehr. Hortensius musste ihnen von dem Antrag erzählt haben, denn langsam drehten sich alle fünf um und schauten zu Cicero. Unmittelbar danach ertönte das Trompetensignal, das den Beginn der Sitzung ankündigte, und die Senatoren begaben sich in den Saal.
    Das alte Senatsgebäude war ein kühler, düsterer, höhlenartiger Regierungstempel, den ein breiter, in schwarzen und weißen Fliesen ausgelegter Mittelgang in zwei Hälften teilte. Auf beiden Seiten befanden sich jeweils sechs lange, einander zugewandte Reihen mit Holzbänken für die Senatoren. Auf einem Podium am Kopfende des Raumes standen die Stühle für die Konsuln. Das Licht an jenem Novembertag war fahl und bläulich. Es fiel durch die unverglasten Fenster, die sich direkt unterhalb der Dachbalken befanden, in schmalen Streifen in den Saal. Tauben gurrten auf den Gesimsen und flatterten durch den Raum, wobei sie kleine Federn und auch den einen oder anderen warmen Spritzer Exkremente auf die Senatoren herabfallen ließen. Manche behaupteten, dass es Glück brächte, wenn man während einer Rede vom Vogelkot getroffen würde, andere hielten es für ein schlechtes Omen, und einige wenige glaubten, dass das eine oder andere von der Farbe der Ausscheidungen abhinge. Die Spielarten des Aberglaubens waren so zahlreich wie deren Interpretationen. Cicero nahm davon keine Notiz. Er achtete weder auf die Lage von Schafsgedärm oder die Flugbahn eines Vogelschwarms noch darauf, ob es links oder rechts von ihm donnerte. Für ihn war das alles Unsinn - später allerdings bewarb er sich für einen Sitz im Kollegium der Auguren.
    Nach den alten, damals noch befolgten Traditionen blieben die Türen während einer Senatssitzung geöffnet, damit das Volk die Debatten mithören konnte. Die Menschenmenge, darunter auch Sthenius und ich, drängte über das Forum bis zur Schwelle zum Senat, wo ihr ein einfaches Seil Einhalt gebot. Inzwischen hatte Gellius damit begonnen, die Kriegsberichte der Armeeführer vorzutragen. Die Nachrichten von allen drei Fronten waren gut. In Süditalien schlug der unermesslich reiche Marcus Crassus - der, der einmal getönt hatte, kein Mann könne sich reich nennen, wenn er nicht aus eigener Tasche eine Legion von fünftausend Mann unterhalten könne - mit äußerster Härte Spartacus ' Sklavenaufstand nieder. In Spanien räumte Pompeius Magnus nach sechs Jahre andauernden Kämpfen mit den letzten Rebellenarmeen auf. Und in Kleinasien landete Lucius Lucullus einen ruhmreichen Sieg nach dem anderen über König Mithridates. Nach dem Verlesen der Berichte erhoben sich nacheinander Anhänger jedes einzelnen Heerführers, um dessen Taten zu rühmen und die seiner Rivalen auf subtile Weise herabzuwürdigen. Cicero hatte mir erklärt, was dahintersteckte, und ich gab mein Wissen in überlegenem Flüsterton an Sthenius weiter: »Crassus hasst Pompeius und ist fest entschlossen, Spartacus zu schlagen, bevor Pompeius mit seinen Legionen aus Spanien zurückkehrt und den ganzen Ruhm für sich einheimst. Pompeius hasst Crassus und will Spartacus selbst vernichten, weil er Crassus den Triumph nicht gönnt. Crassus und Pompeius hassen beide Lucullus, weil der das attraktivste Kommando hat.«
    »Und wen hasst Lucullus?«
    »Pompeius und
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