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Imperator

Imperator

Titel: Imperator
Autoren: Stephen Baxter
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Adrianopolis – einer Schlacht, die die Römer verloren und die einen schrecklichen Blutzoll unter ihnen forderte.
    Die Zeiten hatten sich geändert, das geschwächte Reich konnte sich solche Aderlässe nicht mehr leisten, und nach Mursa und Adrianopolis war es dem römischen Heer nicht mehr gelungen, seine alte Stärke wiederzuerlangen. Die Kaiser nahmen barbarische Verbündete in ihre Truppen auf, und noch mehr fremde Völker siedelten sich Konstantins Präzedenzfall folgend innerhalb der Grenzen an, doch nun verlief der Prozess fast völlig unkontrolliert. Auf diese Weise wurde das Heer barbarisiert und das Reich durch fremde Gemeinwesen ausgehöhlt.
    Die Britannier fühlten sich zunehmend ungeschützt, und ihre Elite und das Offizierskorps brachten einen Usurpator nach dem anderen hervor – ungefähr einen pro Generation, weil junge Rebellen davon träumten, alles besser zu machen als ihre Väter. Und jeder dieser Usurpatoren setzte unmittelbar nach seinem Machtantritt auf den Kontinent über und nahm noch mehr Soldaten aus der britannischen Garnison mit. Einer
mit dem imposanten Namen Magnus Maximus – »der Große, der Größte« – tötete einen anderen Kaiser und genoss die zweifelhafte Ehre, als erster westlicher Herrscher die Hinrichtung eines christlichen Häretikers befohlen zu haben.
    Aber die Soldaten, die bei jeder fehlgeschlagenen Rebellion und jeder offiziell angeordneten Versetzung zur Stärkung des Zentrums aus der britannischen Garnison abgezogen wurden, kamen nicht mehr zurück. Und als die Armee als Druckmittel der Steuereinnehmer ausfiel, brach das Steuersystem allmählich zusammen. Die Menschen horteten ihre Münzen in der Hoffnung auf bessere Zeiten, und es bildete sich eine Tauschwirtschaft heraus. Die sinkende Nachfrage löste jedoch großes Elend aus, und Ambrosius, damals noch ein junger Priester, nahm sich der hungernden Armen an.
    Dann überquerte an einem Silvesterabend eine gewaltige Horde von Alanen, Sueben und Vandalen den zugefrorenen Rhein und drang nach Gallien und Iberien vor.
    Britannien war abgeschnitten. Die finanziellen Zuwendungen aus den Schatzkammern des Zentrums, mit denen die verbliebenen britannischen Truppen bezahlt wurden, versiegten. Zwar flatterte noch die Standarte des Imperiums über den Kastellen und Städten, aber unter ihr war nicht mehr viel von der römischen Armee übrig. Nach einer Abfolge blutiger, panischer Staatsstreiche stellte ein Heerführer von niedriger Geburt, der sich als »Konstantin der Dritte« titulieren
ließ, eine weitere zerlumpte Armee auf und setzte wie seine Vorgänger sofort auf den Kontinent über. Konstantin war der letzte Würfelwurf, der letzte britannische Versuch, Britannia zu retten.
    Als Konstantins Niederlage auf fremden Schlachtfeldern nur noch eine Frage der Zeit war, gab es einen weiteren Wendepunkt. Diesmal erhoben sich nicht das Offizierskorps und die herrschende Elite in den Städten, sondern die vergleichsweise Armen und Niederen. Was hatte es für einen Sinn, sich von einem Zentrum, das eher Usurpatoren hervorbrachte, als die Barbaren fernzuhalten, durch Steuern auspressen zu lassen? Nachdem die Revolte einmal ausgebrochen war, breitete sie sich wie ein Lauffeuer aus. Die Steuereinnehmer wurden aus ihren Schreibstuben und luxuriösen Stadthäusern geworfen, und dann wandten sich die christlichen Armen gegen die immer noch heidnischen Reichen. Die Regierung der Diözese brach zusammen. Die mittleren Beamten in den Städten und den vier Provinzregierungen schlossen sich den Rebellen an und legitimierten und organisierten den Aufstand.
    Diese »britannische Revolution« lag noch keine zehn Jahre zurück, und Isolde glaubte, in der ruhigen Stimme dieses Kirchenmannes den Stolz auf die Ereignisse herauszuhören. Nicht, dass nun alles vollkommen gewesen wäre. Die vier Provinzregierungen hatten angefangen, unabhängige Armeen aufzubauen, die meist aus germanischen Söldnern bestanden. Aber die Zivilisation war gerettet worden, bis der Tag kam, der kommen musste, an dem Britannien erneut mit dem
Zentrum der römischen Welt wiedervereinigt wurde, zu der es immer gehört hatte.
    »Und es war ein Kampf um Freiheit.« Nennius freute sich mit einer Revolutionsbegeisterung – so dachte Isolde ein wenig säuerlich –, wie sie nur ein recht gut im Futter stehender alter Mann weitab vom Geschehen aufbringen konnte. »Ist das nicht eine uralte Tradition in Britannien? Man könnte sogar sagen, das Werk von Pelagius ist davon
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