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Imperator

Imperator

Titel: Imperator
Autoren: Stephen Baxter
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freundlich gesonnenen Trinovanten, respektierten.
Nun, daraus war nichts geworden; binnen kurzem hatten die Catuvellaunen mit unverschämter Dreistigkeit Camulodunum, den Hauptsitz der Trinovanten, eingenommen und zu ihrer eigenen Hauptstadt gemacht.
    Unter der anschließenden jahrzehntelangen Regentschaft von Cassivellaunus’ Enkel Cunobelin hatten sich die Catuvellaunen damit begnügt, in ihrem kleinen Reich auszuharren. Agrippina hatte den Eindruck, dass Cunobelin ein kluger und pragmatischer Herrscher gewesen war, der es geschafft hatte, die widerstreitenden Kräfte des volkseigenen Stolzes und der fortwährenden Bedrohung durch die römische Macht auszugleichen – und dabei durch den lukrativen Handel mit Rom reich zu werden.
    Doch dann war Cunobelin gestorben. Sein Reich war in die Hände zweier seiner vielen Söhne übergegangen, Caratacus und Togodumnus – beides Onkel von Cunedda, obwohl sie nicht viel älter waren als er. Für sie lag Caesars Einfall in grauer Vorzeit. Und unter ihnen hatten die Catuvellaunen eine aggressive Expansion begonnen.
    Im Verlauf der darauf folgenden Überfälle und kleinen Scharmützel war Nectovelin rasch aufgestiegen und hatte einen Platz in den Räten der Fürsten gefunden.
    Während sein Reichtum wuchs, hatte Nectovelin einige Angehörige aus Brigantien zu sich geholt, die ihm helfen sollten, das Geld auszugeben. Aber er war nicht immer erfreut über die Resultate gewesen, zum
Beispiel, als Agrippinas Mutter das Angebot angenommen hatte, ihre junge Tochter im Reich erziehen und ausbilden zu lassen, so wie zwei von Cunobelins jüngeren Söhnen. Die Römer behaupteten, dies stärke die Verbindungen zwischen den Völkern, aber nüchternere Denker bezeichneten es als »Geiselnahme«. Dennoch hatte Agrippinas Mutter die Vorteile einer römischen Ausbildung erkannt. Sie hatte ihrer Tochter sogar einen römischen Namen gegeben.
    Infolgedessen hatte Agrippina drei Jahre ihres Lebens in Massilia an der Südküste Galliens verbracht, wo sie Latein gebüffelt, Lesen und Schreiben gelernt, Rhetorik und Grammatik und die anderen Elemente einer römischen Ausbildung in sich aufgenommen und das mediterrane Licht aufgesaugt hatte. Das hatte sie in jeder Hinsicht verändert, wie sie wusste. Und doch hatte sie nicht gezögert, nach Hause zu kommen, als die Zeit um war.
    »Ich bin gegen Nectovelins Willen nach Massilia gegangen«, sagte Agrippina. »Aber ohne ihn wäre ich nicht hier im Süden gewesen. Ich hätte dich nicht kennengelernt. Und nichts von alledem wäre ohne die Prophezeiung geschehen.«
    Cunedda schüttelte den Kopf. »Eine seltsame Geschichte. Was für ein dramatischer Augenblick das gewesen sein muss – die qualvollen Wehen, die Frauen um Brica herum, die Brüder, der vor sich hin brütende Großvater –, und dann sprudeln auf einmal diese lateinischen Wörter aus ihr heraus! Und das Echo dieses einen, in der Vergangenheit verlorenen Augenblicks
hat sich durch Nectovelins ganzes Leben fortgepflanzt.«
    Diese romantischen Gedanken erinnerten Agrippina daran, weshalb sie sich so heftig in Cunedda verliebt hatte. Sie krümmte die Finger und strich ihm mit den Nägeln sanft über die Handfläche. »Aber obwohl sie sein Leben geprägt hat, kann Nectovelin seine eigene Prophezeiung nicht lesen.«
    »Du könntest sie ihm vorlesen.«
    »Ich habe es ihm einmal angeboten. Er hat so getan, als hätte er es nicht gehört. Er kann es nicht ausstehen, wenn ich römische Schriften lese. Ich hätte ihm ebenso gut mit einem Legionsadler vor der Nase herumwedeln können.« Sie unterdrückte ein Seufzen. Sie hatte mit ihrem Vetter schon oft darüber diskutiert. »Worte verleihen einem solche Macht. Wenn er lesen könnte, wäre er jedem Römer ebenbürtig, sogar Kaiser Claudius selbst.«
    Er blickte zu ihr auf. Die Sterne spiegelten sich in seinen Augen. »Liebe Pina. Ein Kopf voller Worte und Träume!«
    »Träume?«
    »Wir müssen über die Zukunft sprechen. Über unsere Zukunft.« Er zögerte. »Pina – Claudius Quintus hat mir eine Stellung in Gallien angeboten.«
    Diese plötzliche, unerwartete Neuigkeit versetzte ihr einen argen Dämpfer. Sie wusste, dass Quintus eine von Cuneddas wichtigsten Kontaktpersonen in seinem Tonwarengeschäft war.
    »Quintus expandiert«, fuhr Cunedda fort. Er wusste
nicht genau, was in ihrem Kopf vorging. »Meine Arbeit gefällt ihm. Er wird sich als Partner an dem neuen Unternehmen beteiligen, aber ich werde die Geschäfte führen, genauso wie
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