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Immer für dich da (German Edition)

Immer für dich da (German Edition)

Titel: Immer für dich da (German Edition)
Autoren: Kristin Hannah
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Absätze tragen, aber ich mache mir Sorgen …« Kate runzelte die Stirn. »Hört ihr mir überhaupt zu?«
    Johnny warf Tully ein Lächeln zu. »Hast du was gesagt?«
    Tully legte sich mit gespielter Unschuld die Hand auf die Brust. »Ich? Du weißt doch, dass ich kaum den Mund aufkriege. Man hat mir schon oft gesagt, dass ich einfach zu still bin.«
    Kate setzte sich mühsam auf. »Was soll der Unsinn? Ich versuche, euch hier etwas Wichtiges zu sagen.«
    Es klingelte an der Tür. »Wer könnte das sein?«, fragte Tully. »Ich gehe mal nachsehen.«
    Marah streckte den Kopf durch die Tür. »Sie sind hier. Ist sie bereit?«
    »Wer ist hier? Und wofür soll ich bereit sein?« Kaum hatte sie das gefragt, marschierte eine Parade ins Zimmer. Zuerst kam ein Mann im Overall, der eine Stange voller bodenlanger Abendkleider hereinschob. Danach drängten sich Marah, Tully und die Mutter herein.
    »Okay, Dad«, sagte Marah. »Jungs müssen leider draußen bleiben.«
    Johnny gab Kate einen Kuss auf die Wange und verschwand.
    »Das ist das einzig Gute daran, reich und berühmt zu sein«, verkündete Tully. »Das heißt, es gibt noch viel mehr Gutes daran, aber einer der größten Vorteile ist, dass man einfach bei Nordstrom anrufen und darum bitten kann, jedes Abendkleid in den Größen 34 und 36 geschickt zu bekommen. Et voilà: Sie tun’s.«
    Marah trat zu Kate ans Bett. »Ohne dich kann ich doch nicht mein Abendkleid für den Abschlussball aussuchen, Mom.«
    Kate wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte, also tat sie einfach beides.
    »Keine Angst«, meinte Tully. »Ich habe der Verkäuferin ausdrücklich gesagt, sie solle die Flittchenkleider im Laden lassen.«
    Da mussten alle lachen.
    Die Wochen vergingen, und Kate spürte, wie die Kräfte sie verließen. Sie versuchte zwar, sich ihren Optimismus zu bewahren, doch ihr Körper versagte ihr in vielerlei Hinsicht den Dienst. Sie hatte Wortfindungsschwierigkeiten, ihre Finger hörten nicht mehr auf zu zittern, die Übelkeit wurde oft unerträglich. Außerdem war sie immer völlig durchgefroren.
    Dazu kamen die Schmerzen. Ende Juli, als die Nächte lang und so süß waren wie ein reifer Pfirsich, hatte sie bereits ihre Morphiumdosis verdoppelt, ohne dass jemand Einwände erhob. Wie ihre Ärztin sagte: »Um Suchtgefahr brauchen wir uns jetzt nicht zu kümmern.«
    Aber Kate konnte gut genug schauspielern, dass niemand zu bemerken schien, wie schwach sie wurde. Natürlich wussten alle, dass sie nur noch mit dem Rollstuhl zum Strand kam und oft schon einschlief, noch bevor der Abendfilm begonnen hatte, doch in diesen Sommertagen befand sich der gesamte Haushalt ständig im Fluss. Tully hatte Kates Aufgaben übernommen, so gut sie konnte, so dass Kate Zeit hatte, an ihrem Tagebuch zu arbeiten. Doch in letzter Zeit überkam sie öfter die Angst, dass sie es nicht würde fertigstellen können.
    Das Sterben selbst hingegen machte ihr seltsamerweise keine Angst. Zumindest nicht mehr so viel. Natürlich hatte sie noch Panikattacken, wenn sie an »das Ende« dachte, aber auch die wurden seltener. Immer häufiger dachte sie: Lasst mich doch einfach ausruhen.
    Doch das konnte sie nicht laut sagen. Nicht mal zu Tully, die ihr Stunde um Stunde zuhörte. Aber wann immer Kate über die Zukunft sprechen wollte, fuhr Tully zusammen und wehrte es mit einer flapsigen Bemerkung ab.
    Sterben war ein einsames Geschäft.
    »Mom?«, fragte Marah leise, als sie die Tür aufschob.
    Kate zwang sich zu einem Lächeln. »Hi, Schatz. Ich dachte, du würdest heute mit der Clique zum Strand fahren.«
    »Wollte ich auch.«
    »Und warum hast du deine Meinung geändert?«
    Marah trat einen Schritt ins Zimmer. Einen Augenblick lang war Kate über das Erscheinungsbild ihrer Tochter verwirrt, so sehr war sie wieder gewachsen. Langsam fing sie an, ihre eins achtzig auch auszufüllen, und wurde zusehends zur Frau. »Ich hab noch was vor.«
    »Aha. Und was?«
    Marah drehte sich um, blickte erst in den Flur und dann wieder zu Kate. »Könntest du vielleicht ins Wohnzimmer kommen?«
    Das Bedürfnis, einfach nein zu sagen, überwältigte Kate fast, doch sie antwortete: »Natürlich«, und zog sich Bademantel, Handschuhe und Mütze an. Sie kämpfte gegen ihre Übelkeit und Erschöpfung an und stand langsam auf.
    Marah nahm sie am Arm und stützte sie, so als wäre sie jetzt die Mutter; sie führte sie zum Wohnzimmer, wo trotz der Hitze ein Feuer im Kamin prasselte. Lucas und William saßen – im Schlafanzug –
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