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Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle
Autoren: Jennifer Blake
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gewacht und bin höchstens mal kurz eingenickt. Nun war ich völlig erschöpft von den Strapazen, und auch der Hunger machte sich deutlich bemerkbar, weshalb ich einen Imbiss und etwas zu trinken holen wollte, um danach gleich wieder zu Marguerite hochzugehen. Doch offensichtlich bin ich dort eingeschlafen, denn plötzlich wachte ich am Küchentisch auf und hörte laute Schreie durchs Haus gellen.«
    »Marguerites Rufe?« Seine Stimme klang streng.
    »Die meiner Mutter«, verbesserte sie ihn. »Später haben wir allen erzählt, dass sie so geschrien hätte, weil sie Marguerite in einer Blutlache in ihrem Bettchen gefunden hätte. Tatsächlich war es aber so, dass sie Marguerite schreien hörte und erst einmal aufstand, um nach ihr zu sehen und Theodore bei ihr im Zimmer vorfand. Er war aus New Orleans nach Bonne Esperance zurückgekommen und entdeckte, dass Marguerite und ich fort waren und alle anderen in großer Aufregung wegen seines verstorbenen Onkels. Er hatte sich offensichtlich sofort nach River’s Edge aufgemacht und bahnte sich seinen Weg zu meinem Schlafzimmer. Ich glaube, er war ein bisschen betrunken, stolperte herum und weckte Marguerite auf, sodass sie zu weinen anfing. Als meine Mutter hereinkam, hatte er sie gerade hochgehoben und heftig geschüttelt, damit sie zu schreien aufhören würde. Maman hat ... sie hat nie ...«
    Sie hielt inne und rang nach Worten. Christien halt ihr weiter. »Sie hat sicherlich eine schwierige Kindheit gehabt, nicht wahr?«
    »Ihr Vater, mein amerikanischer Großvater, war ein strenger Calvinist, der nichts davon hielt, sich mit körperlicher Züchtigung zurückzuhalten und egal ob bei Frau, Kind oder Tier gerne seinen Stock einsetzte. Ich glaube, meine Mutter hatte die Befürchtung, dass Theodore aus dem gleichen Holz geschnitzt sei. Sie griff nach dem silbernen Kerzenständer und schlug ihn diesen über den Schädel, drosch immer weiter auf ihn ein, bis ...«
    Es gab keinen Grund, diese Szene weiter auszuschmücken. »Ich verstehe. Und dann?«
    »Da bin ich mir nicht ganz sicher. Theodore schien sich offensichtlich wieder aufgerappelt zu haben und schaffte es irgendwie, aus dem Haus zu flüchten. Als ich dann schließlich ankam, war er schon weg, doch es war noch eine Blutspur zu erkennen, die aus dem Zimmer, die Treppe hinunter bis zur Eingangstür hinaus führte. Ich nehme mal an, dass er sich zu Kingsleys Hütte geschleppt hat und man ihn dann weiter zu Demeter brachte, tief in den Wald hinein.«
    »Und die hat ihn dann aufgenommen.«
    »Er war ja >ihr Kleiner«, konstatierte Reine nüchtern.
    Christien nickte nur. Nie würde er die schreckliche Trauer der alten Amme vergessen, als sie neben ihrem einstigen Schützling auf die Knie fiel und ihr nie enden wollende Tränen über die faltigen, tabakfarbigen Wangen liefen. Später verschwand sie in den angrenzenden Wäldern. Man ließ Gnade vor Recht ergehen und setzte ihr nicht nach, zumal es fraglich schien, wie lange sie in ihrem hohen Alter mit diesem Schmerz noch leben würde. Alonzo besorgte einen Korb voll von Süßigkeiten, die sie so sehr liebte, und brachte ihn ihr vorbei. Der Vorarbeiter, Samson, wurde beauftragt, ein paar Männer auszuschicken, wenn sie nicht bald wieder auftauchte. Das war wohl alles, was man in dieser Situation für sie tun konnte.
    »Innerhalb der dann folgenden ein oder zwei Tage musste Theodore mitbekommen haben, dass er für tot gehalten wurde und dass es Gerüchte gab, er wäre das Opfer eines Einbrechers oder Herumtreibers gewesen. Gerüchte, die meine Mutter und ich in die Welt gesetzt hatten«, fuhr Reine in einem düsteren Tonfall fort. »Zweifellos war es für uns zunächst ganz gut, dass jeder glaubte, er sei tot, doch wir wussten nicht recht, warum er das selbst so stehen ließ. Später vermutete ich, dass er nicht wollte, dass jemand sein zertrümmertes Gesicht sah.«
    »Oder ihm war bewusst, dass Vinot es noch nicht aufgegeben hatte, nach ihm zu suchen und es auch nie tun würde.«
    »Vielleicht.«
    »Deshalb womöglich auch das Täuschungsmanöver mit seinem toten Onkel, den er ausgrub und in den Fluss warf, wohl wissend, dass er nicht mehr identifizierbar sein würde, wenn man ihn nach einigen Tagen entdeckte.«
    »Was er auch nicht war, wenn er nicht Theodores Ehering an seinem Finger gehabt hätte, den dieser ihm wohlweislich vorher angesteckt hatte, sodass ich ihn anhand dieses Merkmals erkennen musste.« Sie wurde bitter. »Ein netter Hinweis.«
    »Die Arbeit mit der
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