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Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle
Autoren: Jennifer Blake
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nicht, seine Augen von der Dame abzuwenden; er fühlte, wie es ihn nach ihrem Geruch dürstete, nach dem Gefühl, seinen Körper an ihrem zu spüren. Noch stärker aber war das brennende Verlangen, neben Mutter und Tochter zu stehen, sie nach Hause zu begleiten, sie zu beschützen und ein Teil ihrer kleinen Familie zu werden.
    Christien schluckte, denn er hatte plötzlich das Gefühl, dass es ihm die Kehle zuschnüren wollte. Er war sich wohl bewusst, wer diese beiden waren, welchen Status Mutter und Tochter innerhalb der französischen Gesellschaft von New Orleans hatten, und dass er aufgrund seiner Herkunft in ihrem engen Bekanntenkreis keinen Platz haben konnte. Das Gefühl, ausgeschlossen zu sein, war nicht neu für ihn, doch in diesem Fall machte es sich besonders schmerzvoll bemerkbar.
    Madame Pingre war nun schon das zweite Jahr verwitwet, sodass sie nun langsam die zur Schau getragene Trauer ablegen konnte. Das Gemunkel über den Tod ihres Mannes war Christien nicht unbekannt. Es kursierten Gerüchte über einen blutigen Mord, der ihr angeblich sehr gelegen kam. Sie gehörte durchaus zu der Sorte Frau, die einen Mann dazu bringen konnte, zu töten, um sie zu besitzen; doch noch glaubte er an ihre Unschuld, denn dies war die einzige Möglichkeit, die Angelegenheit erfolgreich zu Ende zu bringen.
    Mutter und Tochter lebten in einem der Stadthäuser in der Rue Royale, in einer Zweitwohnung, die man sich für die saison des visites leistete, der jährlichen Flucht vom Landleben in die Ballsaison der Stadt, wo man mondäner Unterhaltung inmitten des aufkommenden Frühlings frönen konnte. Für die beiden ergab sich somit keine Notwendigkeit, mit den anderen Gästen der Oper herumzustehen und auf eine der Kutschen zu warten, die sich ihren Weg durch den Straßenschlamm bahnen mussten. Sie würden einfach auf dem noch etwas nassen Bürgersteig entlang nach Hause gehen.
    Madame Pingres Aufmerksamkeit war ganz auf ihre Tochter gerichtet, und sie hatte für die anderen Leute kaum einen Blick übrig. Sie schien sich in einer Aura der Zurückgezogenheit zu bewegen und dies auch zu bevorzugen.
    Nichtsdestoweniger wäre eine männliche Begleitung angebracht, sinnierte Christien vor sich hin. Sicherlich müsste ihr Vater, Monsieur Cassard, in der Nähe sein, doch er verspätete sich, da er sich nicht von dem Gespräch mit seinen Bekannten lösen wollte. Auf diese Weise waren Madame Pingre und ihre Tochter für einen Augenblick ohne Schutz. Angesichts dieser Tatsache konnte Christien seinen Ärger und seine Besorgnis nicht verbergen.
    Direkt vor ihr ging eine Witwe in einem moosgrünen Samtkleid und mit einer üppigen Perlenkette um den Hals, die sich spontan umdrehte und Madame Pingre einen freundlichen Gruß zurief. Diese errötete leicht und blieb stehen, um mit der Dame zu plaudern, wobei letztere wohl auch noch einige Beschwerden über die schauspielerische Leistung des soeben gehörten Tenors in einem Wortschwall über die beiden ergoss. Die kleine Marguerite Pingre stand indessen gelangweilt neben ihrer Mutter, schaute in die Gegend und schwang die Hand ihrer Mutter in großem Bogen hin und her.
    Sie blickte spontan in die Richtung, in der Christien stand, vielleicht, weil dieser so angespannt die Situation beobachtet hatte. Sie blinzelte ihm zu, wandte sich dann aber in demonstrativ feierlichem Interesse der Unterhaltung der beiden Damen zu. Christien lächelte und beugte seinen Kopf in einer betont galanten Manier zum Gruße.
    Die kleine Marguerite verzog die Mundwinkel nach unten und kehrte ihm wieder den Rücken zu. Sie schnappte sich die Finger ihrer Mutter mit beiden
    Händen und drückte ihre Stirn gegen den gebauschten Bund ihrer weißen Opernhandschuhe. Für einige Sekunden versteckte sie auf diese Weise ihr Gesicht vor dem merkwürdigen Beobachter, dann aber riskierte sie doch wieder einen kurzen Blick über die Schulter.
    Es schien Christien wie ein großer Sieg, viel schmeichelhafter als ein kokettes Zurschaustellen von unverhohlenem Interesse. Unwillkürlich musste er lächeln.
    Der Blick der Kleinen wanderte umher. Plötzlich hielt sie in ihrer Bewegung inne und wurde ganz starr, die Farbe wich aus ihrem Gesicht, und mit einem schrillen Schrei befreite sie sich von der Hand ihrer Mutter. Mit flatternden Röcken und weißen Satinschuhen sprang sie vom Bürgersteig auf die Fahrbahn. In diesem Augenblick bog ein offener Zweispänner, gezogen von zwei prächtigen Apfelschimmeln, in raschem Tempo um die
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