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Im Wirbel der Gefuehle

Titel: Im Wirbel der Gefuehle
Autoren: Jennifer Blake
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eleganten Lässigkeit im Sattel, als ob er nie etwas anderes gemacht hätte. Sein Gesicht war von einem breitkrempigen Strohhut, wie ihn die Plantagenbesitzer trugen, halb verdeckt, während seine Kleider durch einen langen, grauen Reitmantel vor dem aufwirbelnden Staub geschützt wurden. Er war noch zu weit entfernt, als dass man seine Gesichtszüge genau erkennen könnte, doch irgendetwas an ihm erschien seltsam vertraut.
    Sie fühlte, wie ein kleiner Schauer über ihren Rücken jagte. Eigentlich war sie keine Frau von überschwänglicher Fantasie, doch nun schien sich der Himmel ein wenig zu verfinstern. Die Hitze des Tages legte sich und ließ sie auf unerklärliche Weise beunruhigt zurück.
    Nichts als Grillen, die es zu verscheuchen gilt, sagte sie sich und wandte sich energisch ab. Sie fasste einen Entschluss und durchschritt eilig den Flur der ersten Etage, um über die Treppe ins Parterre zu gelangen.
    Alonzo, der weißhaarige Butler, der schon vor ihrer Geburt eine Institution auf der River’s Edge Plantage war, erwartete sie bereits. Sie forderte ihn auf, nachzusehen, ob die nötigen Erfrischungen bereits auf die untere Veranda gebracht worden waren. Als er sich entfernte, um ihren Auftrag auszuführen, atmete sie tief durch und ging durch die Eingangstür hinaus. Sie verlangsamte ihre Schritte, als sie die weiß glänzenden Säulen der Veranda erreicht hatte.
    Der Besucher hatte gerade das kleine Tor erreicht, das die Zufahrt vom Haus und der dazugehörigen Gartenanlage abtrennte. Er war eindeutig kein Freund ihres Vaters, denn der Elan, mit dem er sich aus dem Sattel schwang, ließ auf einen Mann in den besten Jahren schließen, der es gewohnt war, seine Muskeln in Bewegung zu halten. Sein Auftreten verriet, dass es ihm nicht an Selbstbewusstsein mangelte, denn am Gartentor angekommen, warf er dem heraneilenden Stallburschen die Zügel in einer Art und Weise zu, als ob er nach Hause käme und nicht, als würde er einen Anstandsbesuch machen. Mit prüfendem Blick begutachtete er die sich im Wind wiegenden Zuckerrohrfelder, den Damm aus Grassoden gegen das Mississippi-Hochwasser und das große, glänzend weiße Herrenhaus inmitten des blühenden Gartens. Der Eigentümer selbst hätte nicht gründlicher seine Besitztümer auf Zeichen der Nachlässigkeit hin untersuchen können.
    Alonzo, der seine Aufgaben ausgeführt hatte, trat auf die überdachte Veranda hinaus und blieb diskret hinter Reine stehen. Sie war ihm für seinen stillen Beistand unendlich dankbar. Die Ankunft von Chalmette, dem großen, dürren Jagdhund ihres Bruders, der von seinem Schattenplätzchen unter den Hortensien herbeigelaufen kam, trug ebenfalls dazu bei, ihr Mut zu machen. Sie wies den Hund auch nicht zurück, als er sich mit einem tiefen Knurren direkt vor ihren Füßen niederlegte.
    »Guten Tag, Monsieur«, grüßte sie den Besucher höflich. »Können wir Ihnen irgendwie helfen?«
    Er wandte sich ihr zu und nahm im selben Moment seinen Hut ab, der sein Gesicht bislang bedeckt hatte. Nun stand er breitschultrig mit grimmiger Miene vor ihr.
    »Sie!«
    Der Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben, und der schrille Ausruf der Überraschung schreckte den Hund auf, der ein warnendes Knurren vernehmen ließ, sodass sie sich genötigt fühlte, ihm beruhigend die Hand auf den Kopf zu legen.
    »So ist es, Madame Pingre«, antwortete der Besucher und senkte seinen Kopf zu einer angedeuteten Verbeugung. »Christien Lenoir, zu Ihren Diensten.«
    Dunkles Haar mit einem Schimmer von schwarzem Satin gleich dem Fell eines Panthers, tiefdunkle Augen und markante Gesichtszüge, die durch den sonnengebräunten Teint besonders hervorstachen: Dies war der Mann, der jede Nacht in Reines Träumen wiederkehrte. Er war es, der die kleine Marguerite davor bewahrt hatte, von den Wagenrädern zermalmt zu werden, damals, in jener Nacht vor vier Monaten. Für einen Augenblick lag Reine in Gedanken wieder in seinen Armen, an seinen starken Körper gepresst und wurde von ihm so sicher festgehalten, dass es schien, als ob ihr niemals wieder etwas zustoßen könnte.
    Der drängende Wunsch, sich in diese unendliche Sicherheit zurückfallen zu lassen, war so verführerisch, dass sie sich regelrecht zwingen musste, sich innerlich dagegen zu wehren. In diesem Augenblick überkam sie der Ärger über diese Schwäche und die Unmöglichkeit, jemals irgendwen an ihrer Seite zu haben, der ihr gescheitertes Leben mit ihr teilen würde. Obwohl es ihr nun unsägliche
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