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Im Winter der Löwen

Titel: Im Winter der Löwen
Autoren: Jan Costin Wagner
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ein.
    Heinonen starrte die Frau im Türrahmen an, und die Frau im Türrahmen schien sich weder von der Stille noch von Heinonens Blicken gestört zu fühlen.
    Larissa, dachte Joentaa und fühlte sich leicht.
    »Ich … ich denke, ich werde dann mal …«, begann Tuomas Heinonen und brach ab, und Kimmo Joentaa konzentrierte sich auf die Stille.
    Eine leichte, eine andere Stille. Eine neue Stille.
    Namen spielen keine Rolle, dachte er.
    »Ich will euch beide wirklich nicht … ich wusste ja nicht, dass … ihr … Paulina wartet sicher schon … und die Zwillinge …«
    »Lasst uns schlafen gehen«, sagte Joentaa.
7
    Tuomas Heinonen schlief auf dem Sofa im Wohnzimmer, die Frau, deren Namen er nicht kannte, schlief neben ihm im Bett im Schlafzimmer, und Kimmo Joentaa lag wach.
    Er konzentrierte sich wieder auf das leise, regelmäßige Atmen der Frau und auf die Stille dahinter. Draußen begann ein klarer Morgen zu dämmern.
    Er fühlte sich noch immer leicht. Müde und leicht und durstig. Er ging auf Zehenspitzen, um seine Besucher nicht zu wecken. Tuomas Heinonen lag breit ausgestreckt auf dem Sofa. Dem Anblick nach zu urteilen, schlief er gut. Auf dem Tisch in der Küche standen die Flasche und die Milchtüte.
    Joentaa trank ein Glas Wasser und sah dem Morgen dabei zu, wie er blauer und heller und weißer und sonniger wurde, bis er wie das perfekte Abbild einer Postkarte das Fensterviereck ausfüllte. Er dachte an die Stille und hörte nahezu zeitgleich das Klingeln des Telefons und einen dumpfen Aufprall. »Scheiße … was … was ist denn«, murmelte Heinonen, der am Boden lag.
    »Alles klar?«, fragte Joentaa.
    »Ich bin aus dem Bett gefallen … vom Sofa gefallen«, sagte Heinonen, während Joentaa nach dem Telefon suchte. Er fand es nicht. Heinonen richtete sich auf und fragte abwesend, ob er helfen könne.
    »Irgendwo hier müsste es liegen«, sagte Joentaa. »Das sind diese Schnurlos-Dinger … ich finde das auch nie … und dann hat man die Zwillinge im Arm und soll mit der dritten Hand das Telefon finden …«, sagte Heinonen verschlafen.
    Das Telefon verstummte, wenige Sekunden später drang aus dem Flur der Klingelton des Handys. Joentaa ging und nahm es aus seiner Manteltasche.
    »Joentaa.«
    »Kimmo, hier ist Paavo. Weihnachten ist vorbei. Bin vorzeitig aus dem Urlaub zurückgekehrt. Der Tatort ist im Wald. Den Eerikinkatu stadtauswärts bis zum Ende durchfahren, dann links abbiegen, eine ganze Weile nach oben, auf die Anhöhe, dann den Waldweg entlanggehen, bis man ankommt.«
    »Gut … ich …«
    »Alles verstanden so weit?«
    »Ja, sicher … sind Laukkanen oder dessen Kollegen schon informiert?«
    »Laukkanen ist schon da. Er ist das Opfer.«
    »Gut. Ich mache mich gleich …«
    »Bist du schon wach? Laukkanen ist das Opfer.«
    »Laukkanen …«
    »Gerichtsmediziner Laukkanen liegt im Wald. Er trägt Langlaufski und ist tot«, sagte Paavo Sundström.
    Joentaa schwieg.
    Stille ist leicht, dachte er.
    »Was ist denn?«, fragte Heinonen in seinem Rücken.
    »Rufst du Heinonen an? Ich informiere Petri Grönholm, der müsste meines Wissens gestern aus der Karibik zurückgekehrt sein«, sagte Sundström.
    »Ja … ich …«
    »Kimmo, komm in die Gänge, bitte!«, sagte Sundström und unterbrach die Verbindung.
    »Was ist denn?«, fragte Heinonen wieder.
    »Laukkanen …«, sagte Joentaa.
    »Ja?«
    »Paavo Sundström sagt, er sei tot«, sagte Joentaa.
    »Aha.« Heinonen sah ihn an wie ein Fragezeichen. »Paavo ist schon dort und meinte, Laukkanen sei das Opfer.«
    »Das ist doch Schwachsinn«, sagte Heinonen.
    »Lass uns hinfahren«, sagte Joentaa.
    »Der will uns doch verarschen, diese Witze werden immer bescheuerter«, sagte Heinonen.
    »Lass uns hinfahren«, sagte Joentaa noch einmal.
    Heinonen nickte. »Natürlich. Aber irgendwas stimmt da nicht. Das ist doch Schwachsinn«, sagte er und griff nach seinen Kleidern, die über dem Sessel hingen. »Oh, ich … ich fürchte, du müsstest mir was leihen, ich hatte ja das Kostüm an …«
    »Moment.« Joentaa ging ins Schlafzimmer und zog sich eine Hose und einen Pullover über. Die Frau hatte die Decke um sich geschlungen und schlief fest. Er sah sie eine Weile an. Dann nahm er ein Hemd und eine Hose für Tuomas Heinonen aus dem Schrank, schob vorsichtig die Tür zu und ging zurück ins Wohnzimmer. Heinonen streifte sich innerhalb von Sekunden die Kleider über.
    »Gehen wir?«, fragte er.
    »Moment noch.«
    Joentaa holte einen Zettel und einen Stift und
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