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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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uns in dieser Kneipe bei Slussen, du weißt schon.«
    »Klar, bei Brenda. Ich gehe dann. Ich habe fünf Jahre lang kein Bier gekriegt. Vergiß nicht, um zehn da zu sein. Tschüs, Oiva! Es war prima, dich nach langer Zeit mal wieder zu treffen, ich meine, so richtig in Freiheit.«
    Oiva Juntunen beobachtete, wie Sutinen den Park durchquerte und hinter dem Bibliotheksgebäude verschwand. Er bekam ein wenig Mitleid mit dem armen Strolch. Nun, immerhin würde er vierundzwanzig Stunden lang seine Freiheit genießen können. Das reichte völlig. Er machte sich einen Drink und wählte die Nummer seines Freundes Stickan. Der Mann gehörte zur Stockholmer Unterwelt, zu deren obersten Schichten.
    »Wie geht’s deiner Familie? Na, fein. Hör mal, könntest du für mich in der kommenden Nacht einen kleinen Bruch organisieren? Lass irgendeinen Typen meinetwegen das Schaufenster eines Uhrengeschäftes zerschmeißen. Sag ihm, er soll aufpassen und keine Fingerabdrücke hinterlassen, besonders nicht auf der Ware. So, und dann soll er morgen früh um zehn zu Brenda gehen. Dort sitzt der Finne Haudrauf-Sutinen, erinnerst du dich? Vor ein paar Jahren hat er mal für dich eine Lkw-Fuhre nach Helsinki gebracht. Arrangier es so, dass der Sutinen das Zeug kriegt. Denk dir meinetwegen irgendeine Kuriergeschichte aus. Er willigt bestimmt ein, er ist und bleibt ein Gauner. Dein Mann kann ihn ja auf ein Bier einladen, er hat garantiert am Morgen einen schweren Kater.«
    »Was hast du eigentlich vor?«, fragte Stickan neugierig.
    »Ach, nichts weiter. Du schickst den Sutinen mit den Uhren zu einem angeblichen Treffpunkt, du verstehst. Und dann rufst du die Bullen an und gibst ihnen einen Tipp. Die übliche Geschichte, ein Kerl wird auf frischer Tat geschnappt und wandert wieder in den Bau.«
    Stickan begriff sehr gut. Er erkundigte sich, ob er einen Teil der erbeuteten Ware behalten könnte, als Belohnung für seinen Mann, der den Job übernehmen würde.
    »Eine Uhr mehr oder weniger, das geht mich nichts an«, willigte Oiva Juntunen ein. »Außerdem könnte ich dir und Eva Flugtickets nach Florida kaufen, dort soll es um diese Jahreszeit nicht ganz so heiß sein. Lass uns die Sache auf diese Weise begleichen.«
    Am folgenden Morgen saß Sutinen schwer verkatert bei Brenda. Ein schwedischer Ganove gesellte sich zu ihm, schmeichelte sich bei ihm ein und gab ihm ein Bier aus. Eine Plastiktüte mit heißer Ware sollte mittags zu einer bestimmten Straßenecke gebracht werden. Warum nicht? Allerdings war Sutinen zuvor noch mit einem Kumpel verabredet.
    Zwei Stunden wartete Sutinen in der Kneipe auf Oiva Juntunen, in der Hand eine Plastiktüte voller Uhren und silberner Kerzenständer. Dann hatte er das Warten satt und machte sich auf, um die Ware an den vereinbarten Ort zu bringen.
    Auch dort erschien niemand.
    Nach einer Weile jedoch kurvte ein hellgrauer Volvo heran. Zwei junge Männer in Popelinemänteln stiegen aus, forderten den Plastikbeutel zu sehen, worauf Handschellen um Sutinens tätowierte Handgelenke zuschnappten. Man stieg ein, und ab ging’s.
    Als Stickan bei Oiva Juntunen anrief und ihm mitteilte, dass Sutinen »erledigt« sei, seufzte Oiva mitleidig. So war das Leben nun mal. Es gab Männer, denen die Freiheit nicht bekam, und Haudrauf-Sutinen gehörte zu ihnen.
    Aber schon drangen aus Långholmen neue, weitaus bedrohlichere Gerüchte. Der mehrfache Mörder, Vertriebskaufmann Hemmo Siira, hatte bereits das fünfte Gnadengesuch an den schwedischen König gerichtet. In der Unterwelt wurde gemunkelt, Siira, der sich der Gefängnisordnung ohne Murren angepasst habe, komme vielleicht wirklich frei.
    Oiva Juntunen dachte wehmütig an Karl den Zwölften und Gustav Vasa. Wenn es im Land noch solche Könige gäbe, dann würde Siira vergeblich um Gnade betteln. Einen Schurken wie ihn würde man unverzüglich an den Galgen knüpfen. Aber dieser Carl Gustav, ein junger Spund ... Das war ein König, der seinen Namen unversehens unter jedes x-beliebige Papier krakelte.
    Oiva Juntunen kannte den Mörder Siira nur zu gut. Der hatte tatsächlich eine Menge auf dem Kerbholz, gesühnte und ungesühnte Verbrechen. Er war ein harter, verstockter Mann, ein gefühlloser Satan, der an seinem Weg oft übel zugerichtete Menschen und manchmal sogar Tote zurückließ. Ihn konnte man nicht so einfach austricksen wie Sutinen. Siira hatte einen scharfen Blick und keinerlei Skrupel. Wenn er seinen Anteil am Gold haben wollte, würde er ihn sich auch beschaffen,
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