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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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rauschte! Das Dach des Kuhstalls hing rührend schief, auf dem Brunnendeckel wuchs weiches Moos, die Treppenstufen waren morsch, und die Haustür, die halbgeöffnet in den Angeln hing, forderte den Wanderer gleichsam auf einzutreten.
    Aber Oiva Juntunen ging nicht ins Haus, sondern schaute hinter den Kuhstall, denn dort befand sich der mit Brennnesseln und Kerbel bewachsene Misthaufen. Wie schön er da vor dem grauen Stallgebäude aufragte ... Dort waren Kraft und Wachstum, dort war Gold! Es war Oiva Juntunens Schatzkammer, sein raffinierter Tresor. Aber sowie der Mörder Siira vom gedankenlosen schwedischen König begnadigt würde und frei käme, würde er angestürzt kommen und in Vehmersalmi herumschnüffeln. Daran gab es keinerlei Zweifel, und deshalb musste das Gold jetzt in Sicherheit gebracht werden.
    Oiva Juntunen betrat den Schuppen, wo ihn der verrostete Rasenmäher liebevoll begrüßte. Damit hatte sein Vater Sommer für Sommer das Wiesengras geschnitten, vorn an der Deichsel war der Wallach Rusko gegangen ... In der Ecke stand noch der Schleifstein, die Steinfläche sah erstaunlich gut aus. Oiva drehte ein paarmal die Kurbel. Damit kriegte man sogar noch ein Schlachtermesser scharf, dachte er gefühlvoll.
    Er nahm den Spaten und stieg auf den Misthaufen. Die Brennnesseln stachen durch seine dünnen Strümpfe, aber es kümmerte ihn nicht. Der Mann stand nun auf seinem Goldschatz.
    Dreieinhalb Meter von der Ecke des Kuhstalls und knapp zwei Meter von der Dungluke entfernt, so lauteten die Koordinaten. Oiva Juntunen stieß den Spaten in den Mittelpunkt des goldenen Planquadrats. Es war, als stelle er die erste Zahl am Kombinationsschloss eines Tresors ein.
    Das Gold lagerte mächtig weit unten. Oiva arbeitete ungefähr eine Stunde und schaufelte eine tiefe Grube, die einen auf einen halben Meter groß war, aber Gold fand er nicht. Schwitzend und mit verdreckten Halbschuhen stieg er aus dem Loch. Eine riesige Wolke blaubäuchiger Fliegen begleitete den Goldgräber. Oiva rauchte auf dem Misthaufen eine Zigarette und trocknete sich die schweißnasse Stirn.
    »Verflucht noch mal«, knurrte er verdrießlich.
    Als er fertig geraucht hatte, machte er sich wieder an die Arbeit. Ohne Fleiß kein Preis. Er wählte neue Koordinaten und rackerte sich eine weitere Stunde ab. Es entstand ein riesiges Loch, und schließlich wurde sein Fleiß belohnt. Der Spaten stieß auf die drei Goldbarren, einen nach dem anderen. Oiva trug die kostbare Beute auf den Hof, holte Wasser aus dem Brunnen herauf und wusch die Barren ab.
    Da prangten sie auf dem grasbedeckten Hof, drei schimmernde Feingoldbarren von je zwölf Kilo Gewicht, an der Seite trugen sie den Stempel der australischen Staatsbank. Oiva Juntunen strich über das kalte Edelmetall. Seine Handflächen schwitzten, das Herz schlug schneller. Diese Beute würde er niemals mit dem Mörder Siira teilen. Eher würde er sie in der Einöde verstecken, vielleicht irgendwo im tiefsten Lappland, aber Siira würde keinen Krümel davon abbekommen.
    Der Nachbar fuhr mit dem Traktor über sein Feld. Oiva Juntunen versteckte das Gold schnell im Kofferraum seines Autos und schloss ihn sorgfältig ab. Dann winkte er dem Nachbarn zu, der auf den Hof gefahren kam, um den Besucher zu begrüßen.
    »Sieh an, der Oiva. Du willst wohl zu Hause Urlaub machen?«
    Der Nachbar musterte ihn kurz.
    »Mann o Mann, hast du dir die Schuhe eingesaut. Ich heize nachher die Sauna, du kannst bei uns übernachten.«
    »Ich war hinten auf dem Misthaufen, habe nach Würmern gegraben. Vielleicht gehe ich abends angeln.«
    Später, nach dem Angeln, ging Oiva mit dem Nachbarn in die Sauna und machte tüchtig Aufgüsse. Er badete im See und schwatzte mit seinem Gastgeber.
    »Dir scheint’s ja drüben in Schweden prima zu gehen, Oiva, du trägst so piekfeine Klamotten und fährst ’nen großen Schlitten.«
    »Nun ja, man kommt zurecht.«
    »Dein Cousin unten in Sydney hat’s wohl auch tüchtig zu was gebracht, er ist ein großer Boss, wie man hört. Letzte Woche ist er hier gewesen und hat erzählt, wie gut es ihm da gefällt. Er lässt dich grüßen, du sollst ihn mal besuchen. Er sagt, du brauchst bloß anzurufen, er holt dich dann vom Flughafen ab.«
    Am Morgen verabschiedete sich Oiva Juntunen von seinem Nachbarn. Er stieg in sein Auto und lenkte es in nördliche Richtung. Wie wäre es, wenn er bis nach Lappland hinaufführe? Wenn er dort das Gold versteckte, würde Siira es niemals finden, mochte er auch sein
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