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Im Wald der gehenkten Füchse

Im Wald der gehenkten Füchse

Titel: Im Wald der gehenkten Füchse
Autoren: Arto Paasilinna
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Swimmingpool. Und wenn nicht der Sturm das Haus in Stücke reißt, dann schlagen Gangster die Fenster ein und räumen alles leer. Gehst du in der Nacht ans eine Ende des Hauses, wird das andere ausgeräumt. Am Morgen nimmt sich der Mann von der Versicherung den Rest. Ich schlafe im Keller, woanders traut man sich schon gar nicht mehr hin. In unserem Schlafzimmer schläft das Hausmädchen, und die ist eine Schwarze. Stell dir vor, ’ne Negerin musst du in deinem eigenen Bett schlafen lassen! Aber am schlimmsten finde ich, dass hier nach dem Herbst kein Winter kommt, so wie anderswo. Hast du mal Lust zum Skilaufen, musst du nach Kanada fliegen.«
    »Immerhin gibt es hier schöne Frauen«, warf Oiva ein.
    »Herpeslippen, ja.«
    Oiva Juntunen fragte verwundert, weshalb Jäppilä dann überhaupt hier wohnte und lebte, wenn er sich so sehr nach Finnland sehnte.
    »Es gab da leider zwei Konkurse und noch ein paar andere dumme Geschichten. Ich kann froh sein, wenn sie mich hier nicht wegholen und einbuchten. Also bleibe ich, ich muss. Und es kostet auch keine Überwindung, aber immer, wenn einer aus Finnland kommt, fällt einem alles wieder ein. Übrigens, kannst du mir nicht ein bisschen Geld holen? Ist alles dort im Alten Land geblieben. Du scheinst ein anständiger Kerl zu sein, du könntest für mich den Kurier spielen. Du fliegst hin und her, machst ein bisschen Urlaub, das lässt sich alles regeln.«
    Oiva Juntunen dachte an seine Goldbarren. Nicht einmal die ließen sich so einfach über den Atlantik bringen. Er konnte Jabala nicht helfen, versprach ihm aber, Konserven mit kleinen Maränen mitzubringen, falls er noch einmal käme.
    »Das sagen sie alle. Einer hat mal versprochen, mir aus Finnland anständiges Roggenbrot zu besorgen. Brezeln brachte der verfluchte Kerl dann an, was soll ich damit?«
    Oiva Juntunen kam zu dem Schluss, dass er in Florida nicht vor den Forderungen des Vertriebskaufmanns Siira sicher war. Hierher würde dieser als Erstes fliegen, wenn er erführe, dass sein Komplize verschwunden war. Hier versammelten sich ja alle Gauner, mit Sicherheit dann auch Siira.
    Eines schönen Morgens würde Siira mit dem Revolver in der Hand auf der Terrasse stehen. Wie sollte er, Oiva, sich dann herausreden? Der Saukerl würde ihn abknallen, todsicher.
    Oiva Juntunen flog nach New York. Er spielte mit dem Gedanken, sich dort niederzulassen. In der Großstadt würde Siira ihn niemals finden.
    Aber noch bevor er in einem Hotel absteigen konnte, wurde er ausgeraubt. Am hellichten Tag, direkt auf der Straße, inmitten von Menschen. Die Gangster nahmen sein Geld, er konnte froh sein, dass sie nicht auf ihn schossen. Im Gehen riss ihm einer noch die seidene Krawatte vom Hals. Immerhin ließen sie ihm seinen Pass und die meisten Kleidungsstücke.
    Ein bis aufs Hemd ausgeraubter Mann in einer Millionenstadt ist nicht sonderlich zu beneiden. Oiva Juntunen marschierte zum schwedischen Konsulat, wo man ihn mit Befremden empfing.
    » Finne igen , wieder ein Finne«, sagten die Angestellten nur und schüttelten bedauernd die Köpfe. Daraufhin bat er im finnischen Konsulat um Hilfe. Er bekam ein Flugticket, aber nicht nach Stockholm, wo er wohnte, sondern nach Helsinki, weil er finnischer Staatsbürger war.
    »Womöglich verlangen Sie noch Reisegeld nach Moskau«, empörten sich die Angestellten. »Gehen Sie in Helsinki aufs Sozialamt und bitten Sie dort um eine Fahrkarte nach Stockholm. Wir kümmern uns hier nur um die langen Strecken.«
    Einen Mann, der in einem Savolaxer Misthaufen sechsunddreißig Kilo 24-Karat-Gold liegen hatte, schickte man aufs Sozialamt? Grotesk. Aber wann lag schon Sinn in dem, was die Behörden machten.
    Im Flugzeug beschloss Oiva Juntunen, kein zweites Mal nach Amerika zu reisen. Auf der Welt musste es bessere Zufluchtsorte für einen gewöhnlichen Gauner geben.
    Auf dem Helsinkier Flughafen Seutula angekommen, rief er seinen schwedischen Freund Stickan an, und der versprach, ihm Geld zu schicken. Sowie Oiva die Eilüberweisung erhalten hatte, mietete er sich einen luxuriösen Wagen und fuhr nach Vehmersalmi zu dem verwaisten elterlichen Hof. Dort warteten ein verrosteter Spaten und der teuerste Misthaufen der Welt auf ihn.
    Der heimgekehrte Sohn schritt über den vertrauten Weg zum Haus und blickte auf die unkrautüberwucherten Felder, die in der sanften Frühsommerwärme grünten. Das Heimatland ist doch am schönsten, dachte er bei sich. Wie herrlich die uralte Hofeberesche im Sommerwind
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