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Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Im Tal des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Windes: Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Maly
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Nahrungsmittel.
    In einer Ecke stand ein Kinderbett, und immer wenn Johanna keine Kundschaft hatte oder ihre Bücher führte, saß sie bei ihrem Sohn.
    An diesem Morgen waren zwei angesehene Maori-Frauen gekommen und hatten acht kleine Figuren aus Elfenbein angeboten. Mittlerweile brauchte Johanna kaum noch Hilfe von Hariata, um die Verhandlungen zu führen. Als die Maori das Lagerhaus wieder verließen, waren beide Parteien glücklich. Johanna hatte alle acht Figuren erworben und den Frauen dafür einen Kupferkessel und allerlei Werkzeug gegeben.
    » So lässt es sich leben « , sagte sie vergnügt.
    Hariata sah nur kurz von ihrer Arbeit auf und lächelte. Sie ging ihrer eigenen Beschäftigung nach, flocht wunderbare Körbe aus bunt gefärbten Flachsstreifen und stieß hin und wieder mit dem Fuß die Wiege an. Johanna trat an das Bettchen und sah auf das friedlich schlafende Kind hinab.
    Er bekommt dunkle Haare, wie sein Vater, dachte sie und strich mit einem Finger über die runde Wange. » Eigentlich schläfst du schon viel zu lange, deine Mama hat Essen für dich. «
    » Lassen Sie ihn noch ein wenig schlafen, Mrs Waters « , riet die Maori lächelnd.
    » Ich kümmere mich um die neuen Stücke, dann muss er wohl aufwachen und es seiner Mama ein wenig leichter machen. «
    Johanna ging in den Hinterraum, wo sie Wolle und eigens für den Transport hergestellte Holzschachteln aufbewahrte, um die Beinfiguren darin einzupacken. Während sie die Regale abging, hörte sie, wie jemand den Laden betrat.
    Sie seufzte. Entweder es kam stundenlang niemand oder alle auf einmal. Und dabei hatte sie doch erst einmal das Kind stillen wollen.
    Als sie den Vorderraum betrat, blieb sie wie angewurzelt stehen.
    Ein Mann stand an der Wiege und sah hinein. Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel, zauberte rote Reflexe in sein kastanienbraunes Haar. Liam lächelte und schien ihre Anwesenheit gar nicht zu bemerken.
    Johanna war versucht ihn fortzujagen, doch dann stellte sie leise Schachteln und Wolle auf den Tresen und ging zu ihm. Ja, es war nicht zu verleugnen, Vater und Sohn sahen einander ähnlich. Ob der Kleine einmal auch so groß und schlank werden würde? Die blauen Augen, in denen jede Frau sich verlor, hatte er jetzt schon.
    » Gefällt er dir? « , fragte sie leise.
    » Ja, sehr. « Liams Stimme war belegt. Er beugte sich vor, streckte eine Hand nach dem kleinen Gesicht und zog sie dann wieder zurück, ohne es zu berühren.
    Johanna musterte Liam. Warum hatte seine Nähe nur immer diese gleiche zerstörerische Wirkung auf sie? Alles in ihr sehnte sich nach einer Berührung, ganz gleich, was ihr ihr Verstand sagte.
    » Wie heißt er denn? «
    » Duncan… Waters. « Sie wusste nicht, warum sie den Nachnamen nannte, doch ein Teil von ihr wollte ihm wehtun und ihn dafür bestrafen, dass er nicht auf sie gewartet hatte.
    Liam schluckte. Sein Adamsapfel stach spitz hervor, während er mit Erinnerungen und Tränen rang.
    » Duncan? «
    » Ja « , antwortete sie weicher.
    Liam trat zu ihr, legte seine großen Hände an ihr Gesicht und küsste sie auf die Stirn.
    » Danke, Johanna, du weißt nicht, wie viel mir das bedeutet. « Er sah sie aus nächster Nähe an, und sie stand einfach nur da und konnte nichts tun, gar nichts. Als er sich vorbeugte, um sie zu küssen, war sie wie magnetisch angezogen von seinen Lippen.
    Die Berührung schloss einen Bannkreis um sie und sperrte die mahnende Stimme aus. Seufzend vergrub sie ihre Hände unter seiner Jacke, berauschte sich an seiner Nähe, seiner Wärme und seinem Geschmack. Liam veränderte seine Haltung, und sie fühlte, wie sich unter ihren Händen seine Rückenmuskeln bewegten. Sie wollte mehr von ihm, so viel mehr.
    Schließlich legte sie die Wange an seine Brust und lauschte seinem Herzschlag, während er ihr über den Kopf streichelte. Sie merkte erst jetzt, dass es ganz still in dem Raum war. Das Kind schlief noch, und Hariata hatte sich scheinbar leise davongestohlen.
    » Ich liebe dich, Johanna « , hauchte er in ihr Haar, und sie glaubte ihm jedes Wort.
    Als sie aufsah, verzog er seinen Mund zu einem traurigen Lächeln. » Ich möchte, dass du mich verstehst, doch dazu musst du jemanden kennenlernen. «
    Ganz plötzlich ließ er sie los, ging zur Tür, öffnete sie und streckte kurz den Kopf hinaus.
    Als sie die Schritte hörte, glaubte Johanna, ihr Herz fiele wie Blei in ihren Magen und zog sie abwärts. Energische Schritte überquerten den Bohlenweg vor dem Lagerhaus.
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