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Im Tal der Mangobäume

Im Tal der Mangobäume

Titel: Im Tal der Mangobäume
Autoren: Patricia Shaw
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seinen Vater im Stich gelassen habe, um meine Haut zu retten?«
    Der Streit tobte tagelang, und am Ende hätte Ladjipiri ihr in seiner Verzweiflung beinahe gesagt, dass sein Sohn im Kampf gefallen war. Doch obwohl er es mit eigenen Augen gesehen hatte, würde es unter diesen Umständen sehr schwierig sein, sie zu überzeugen.
    Wenn sie fort war, rief er die Geister herbei, suchte ihren Rat, versetzte sich mit der Kraft seines Willens zurück in jene Höhle, eine Stätte des Wissens, wo er sich unbeholfen an den Eingang setzte, unter den uralten Vogel mit dem langen Schnabel.
    Es überraschte ihn nicht, dort zu sein und von dem Felsvorsprung wieder über die herrliche Hügellandschaft zu blicken. Er sah Wolken am unendlichen Himmel dahinjagen, hörte die Schreie der Rabenkakadus, bevor sie mit aufblitzendem rotem Gefieder über ihn hinwegwogten, und roch den Rauch eines Buschfeuers, das irgendwo in der Nähe brannte.
    Ein Mann trat aus der Höhle, und sie sprachen eine Weile.
    Als Wiradji, den Säugling in einer Schlinge auf dem Rücken, mit einem Netz voller Schwalbenwurzeln und anderer Köstlichkeiten, zum Lager zurückkehrte, sah sie zu ihrer Überraschung, dass sie Besuch hatten.
    Es war ein Freund von Vater. Aber viel älter. Er behauptete, Pintyamu sei das hübscheste Neugeborene, das er je zu Gesicht bekommen habe.
    »Du brauchst nicht länger auszuharren«, teilte Ladjipiri ihr mit. »Mein Freund bleibt bei mir, bis mein Bein wieder gesund ist. Es ist deine Pflicht, den Knaben zu beschützen. Du musst ihn zum Volk seines Vaters bringen. Du wirst morgen aufbrechen.«
    Wiradji fürchtete sich vor der langen, einsamen Wanderung durch fremdes Land, aber sie durfte sich ihre Angst nicht eingestehen; diesen zwei Männern zufolge blieb ihr keine Wahl. Hätte sie sich doch nur geweigert, Banggu zu verlassen! Sie bereute, auf ihn gehört zu haben. Sie vermisste ihn so sehr, und ebenso vermisste sie die große Freude, bei ihrem eigenen stolzen Volk zu leben.
    Am ersten Tag ihrer Wanderung durch die Berge suchte sie Trost im Grollen; sie schwelgte darin, erzählte dem Kind, wie dumm es von ihr gewesen war, sich in diese Wildnis schicken zu lassen, und was sie Banggu sagen würde, wenn er ihr später folgte. Sie war so verstimmt, sie schritt über die steinigen Hänge so sicher und flink wie die kleinen Felskängurus, die um sie herumtänzelten, und scherte sich nicht um die Gefahr zu stürzen. Sie schritt voran, bis Nebel ihren Weg einhüllte und sie gezwungen war, im hohlen Stamm eines mächtigen alten Baumes Schutz zu suchen, wo sie dem Heulen der Dingos lauschte.
    Die gedämpften Laute der Tiere draußen in der Dunkelheit ängstigten sie; sie hielt das Kind an sich gedrückt und fürchtete sich vor dem Einschlafen.
    Dennoch schlummerte sie, tauchte hinab in Alpträume von Ungeheuern, die ihr Kind töten, es ihr entreißen wollten. Schreiend wehrte sie sie ab, wieder und wieder, bis sie sie zurückstießen und sie stürzte. Dann aber kam das Morgenlicht, und eine Hand streckte sich nach ihr aus …
    Banggu war da. Er hatte sie eingeholt. Mit dem Kind in den Armen trat sie hinaus ins warme Sonnenlicht und lächelte ihren Mann an. Er war so schön, so groß und männlich, dass es ihr fast den Atem nahm.
    Sie sah das weite blaue Meer nicht mehr, aber sie traten ihre Wanderung nach Osten an durch den seltsamsten Wald, den sie je erblickt hatte … so üppig und grün und voller Leben. Winzig kleine Vögel schwirrten durch das flutende Sonnenlicht, und sie hob ihnen das Kind entgegen, geborgen in der Wärme dieses Waldes, der ihre kleine Familie in seinen Schoß nahm.
     
    Lucy Mae war im Foyer des
Regency Hotel
, als Duke hereinkam. Sie dankte ihren Sternen dafür, dass er nicht in Begleitung von Edward Heselwood war.
    Als er sie erblickte, stieß er überrascht hervor: »Lucy Mae!«, hastete durch das Foyer, hob sie hoch und umarmte sie stürmisch. »Sieh mal an!«, rief er aus. »Du bist hübscher denn je! Gewiss die Schönste in der Stadt.«
    Lucy Mae war rot geworden. »Lass mich hinunter. Die Leute schauen schon.«
    Er lachte. »Natürlich schauen sie. So etwas Entzückendes wie dich bekommen sie nicht alle Tage zu sehen. Aber sag, wie geht es dir? Wie fühlst du dich?«
    Weil sie Abgeschiedenheit brauchen würde, und nicht die eines Schlafzimmers, hatte Lucy Mae beim Hereinkommen das Erdgeschoss des Hotels erkundet. Jetzt führte sie Duke in eine stille Ecke des Hotelgartens, wo er sie augenblicklich küssen
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