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Im Tal der Giganten

Im Tal der Giganten

Titel: Im Tal der Giganten
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Augen eines
Geschöpfes, das in vollkommenem Einklang mit sich und
der Natur lebte, einer denkenden Kreatur, deren Volk
sechzigmal so lange wie die Menschen Zeit gehabt hatte,
seinen Platz im großen Plan der Natur zu finden. Daß es
auf dieser Insel kein Zeichen von Technik oder
irgendeiner der Menschen vergleichbaren Kultur gab, war
kein Zeichen von Rückständigkeit, sondern einer tiefen
Bescheidenheit, die Teil der Natur der Dinosauroiden sein
mußte - vielleicht hatten diese Wesen irgendwann einmal,
vor undenklichen Zeiten, den gleichen Weg beschriften
wie die Menschen, aber wenn, dann hatten sie schon vor
fast ebensolanger Zeit begriffen, daß er falsch war. Sie
brauchten diese Wesen nicht zu fürchten. Die Dinosauroiden wußten nicht einmal, was das Wort Feindschaft
bedeutete. Ein zweiter Echsenmann gesellte sich zu ihnen.
Auch er kam Mike auf sonderbare Weise bekannt vor und dann sah er, daß er ganz leicht humpelte, und wußte,
woher er diese beiden kannte. Es waren die Dinosauroiden, die Ben und er vor dem Allosaurier gerettet hatten jedenfalls hatte er geglaubt, dies zu tun. Der neu
hinzugekommene Echsenmann hielt das Gewehr in den
Händen, das Singh bisher getragen hatte. Einen Moment
lang blieb er reglos stehen, sah erst Mike, dann Serena
durchdringend an - und dann zerbrach er die Waffe ohne
die mindeste sichtbare Anstrengung in zwei Hälften, die er
fallen ließ.
Mike lächelte. Vielleicht würden sie niemals mit diesen
Wesen sprechen können, aber es gab Gesten, die wohl
überall im Universum und bei allen denkenden Kreaturen
verstanden wurden, und das, was der Dinosauroide getan
hatte, gehörte dazu.
»Ich... ich glaube, ich habe euch verstanden«, sagte
Mike. Und der Dinosauroide schien wohl auch ihn zu
verstehen, denn obwohl sein Gesicht nicht in der Lage
dazu war, schienen seine Augen doch für einen Moment
so etwas wie ein Lächeln auszudrücken. Dann drehte er
sich herum und ging zu seinem bizarren Reittier zurück,
und auch der zweite Echsenmann stieg wieder auf den
Rücken seines Riesensauriers hinauf. Und ebenso lautlos,
wie sie erschienen waren, wandten sich die geschuppten
Kolosse um und verschwanden wieder im Wald.
Mike stand noch lange da und sah ihnen nach, und
selbst, als Serena ihn schließlich an der Schulter berührte,
fiel es ihm schwer, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Er
war plötzlich nicht mehr sicher, daß es so etwas wie eine
absolute Wirklichkeit überhaupt gab.
»Warum... warum hast du das getan?« fragte Serena. Sie
wirkte sehr verstört.
»Was?« fragte Mike.
»Du bist mir nachgekommen, obwohl... obwohl du
glauben mußtest, daß es dein Tod ist«, antwortete Serena.
»Warum hast du das getan?« Mike hätte antworten
können, daß er einfach Angst um sie gehabt hatte, und das
wäre die Wahrheit gewesen, und er hätte auch antworten
können, daß er eigentlich gar nicht nachgedacht hatte,
sondern einfach blindlings losgestürmt war, und auch das
wäre die Wahrheit gewesen, aber statt dessen sagte er:
»Weil du dich geirrt hast, Serena. Ebenso wie deine
Vorfahren. « »Geirrt? Wieso?«
»Ihr habt geglaubt, daß sie uns Menschen hassen, weil
wir alles sind, was sie jemals hätten werden können?«
Mike schüttelte lächelnd den Kopf. »Es ist genau anders
herum, Serena. Ich glaube, ich kenne jetzt das Geheimnis
dieser Insel. Sie sind alles, was wir vielleicht irgendwann
einmal werden können. Sie hassen uns nicht, Serena. Sie
wissen nicht einmal, was dieses Wort bedeutet. «
»Das verstehe ich nicht«, murmelte Serena. Mike lachte.
»Irgendwann wirst du es verstehen«, sagte er.
Und damit legte er Serena den Arm um die Schultern,
drehte sich herum, und sie gingen langsam zu den anderen
zurück. Hinter ihnen begann der Nebel dichter zu werden,
der sie zurück zur NAUTILUS und in ihre Welt bringen
würde, von der er nun wußte, daß sie nicht die einzig
wirkliche, sondern vielleicht nur eine von zahllosen
anderen war. Und vielleicht nicht einmal die beste.
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