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Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)

Titel: Im Süden: Die Bayou-Trilogie (German Edition)
Autoren: Daniel Woodrell
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ansprechen – da ist eine Sache, die ich nicht hundertprozentig weiß.« Er tippte Ledoux mit dem Finger auf die Brust. »Wie viel genau krieg ich dafür? Duncan, also mein Vetter Dunc, der hat das mit den Zahlen nicht so ganz klargestellt.«
    »Das klingt schon vernünftiger«, meinte Ledoux. »Du fängst ja gerade erst bei uns an. Fünfzehnhundert Dollar kriegst du. Das ist ungefähr zehnmal so viel wie ich gekriegt hab, als ich beschlossen habe, endlich erwachsen zu werden. Läuft alles über Micheaux Construction, kommt von den Lohnlisten der Baufirma.«
    »Aber so ’ne Arbeit mach ich nicht«, erklärte Jewel. »Ich bin nicht hierhergekommen, um mich für ’ne Lohntüte abzurackern.«
    »Oh Mann«, schimpfte Ledoux und tippte sich mit dem Finger an die Schläfe. »Kann der wirklich noch mehr als den Hühnern die Eier klauen?«
    Duncan zuckte teilnahmslos und gelangweilt mit den Schultern. Ledoux wandte sich wieder an Jewel.
    »Du. Du bist ein harter Bursche, stimmt’s, mon ami? Ich wollt nur wissen, von wegen Generationsunterschied und so, verstehst du, da wüsst ich gern – was hast du denn schon so alles gemacht ?«
    »Vor allem Sachen, die Sie nichts angehen.«
    Ledoux nickte. Dann machte er sich wieder an den Fischen zu schaffen.
    Duncan ging zu Jewel und bohrte ihm den Finger in die Rippen. Jewel entfernte sich ein paar Schritte.
    »Okay«, verkündete Ledoux. »Mein Instinkt sagt mir, dass sich Streiten hier nicht lohnt. Du bist vielleicht doch der Richtige für uns, Cobb. Jeder verdient seine Chance.« Ledoux setzte sich auf ein Stück Bank, das nicht mit Blut bespritzt war. »Also, du kriegst ’ne Lohntüte, damit wir das dem Finanzamt erklären können, verstanden? Das Finanzamt ist schlimmer als der schlimmste Bulle, der dir je über den Weg gelaufen ist. Schlimmer als sechs Bullen auf einmal, sag ich dir. Wenn ich je erwischt werden sollte, dann wegen so ’nem Nazi mit ’ner Rechenmaschine, nicht wegen ’nem Iren mit Dienstmarke.«
    Jewel nickte langsam. Das wusste er aus dem Fernsehen. Das Finanzamt. Al Capone – hatte den nicht die Steuerfahndung drangekriegt? Und überhaupt, die meisten schweren Jungs waren aufgeflogen, als sie anfingen, bei ihren kriminellen Machenschaften Rechenfehler zu begehen.
    »Ganz schön clever«, sagte Jewel schließlich. Die komplizierten Finanztransaktionen machten diese Art des Geschäftemachens noch attraktiver für ihn.
    »Ich will dir mal was sagen«, begann Ledoux. Er nahm eine Taschenlampe und leuchtete damit über den Sumpf. Der Lichtkegel erfasste schattenhafte Bäume, Treibholz, grüne Schaumwellen auf der Wasseroberfläche, gespenstische Spiegelungen. »Das da – weißt du, was das ist?«
    »Ich bin neu hier«, antwortete Jewel. »Ich kenn noch nicht alle Sümpfe.«
    »Das hier ist ein ganz spezieller Sumpf, mon ami. Es ist der Marais du Croche. Das heißt so viel wie hinterhältiger Sumpf. Ein riesiges, endloses schwarzes Monster, sag ich dir. Voller Untiefen und glitschigen Viechern und Sumpflöchern mit Strudeln, und überall sieht alles gleich aus, sodass die meisten Leute sich gar nicht merken können, was wo ist und wie man wieder rauskommt und überhaupt. Also drehen sie total durch. Sie drehen durch und sterben schließlich, mon ami, und im Frühjahr werden sie dann am Damm angespült, ein Knochen nach dem andern.«
    »Ich war schon in andern Wäldern, auch mit großen Bäumen und schreienden Käuzchen und dem ganzen Scheiß, Mann.«
    »Aber das hier ist was anderes.« Ledoux leuchtete hin und her und zeigte die ganze Bedrohlichkeit des Sumpfs, der ihm im Laufe der Zeit offenbar ans Herz gewachsen war. »Was glaubst du, wer kennt sich hier aus?«
    Jewel sah Duncan an, dann Ledoux’ verwittertes Gesicht.
    »Sie wahrscheinlich.«
    »Très bien.« Ledoux richtete den Lichtstrahl wieder auf Jewel. »Ich und noch zwei oder drei andere Männer aus Frogtown. Sonst niemand. Wenn du da drinsteckst, können nur die dir helfen – und ich. Und die andern kennen dich nicht.«
    Jewel verschränkte die Arme vor der Brust, wippte auf den Fersen und blinzelte ins Licht.
    »Ich hab nicht vor, da reinzugehen.«
    »Weiß ich. Solang du alles richtig machst, hab ich auch keinen Grund, dich da reinzustecken. Haben wir uns verstanden?«
    Jewel nickte finster, antwortete aber nicht.
    »Du machst also diesen Coon Crane kalt. In der Seventh Street. Vor dem Club. Morgen Nachmittag. Klar?«
    »Wie Kloßbrühe«, erwiderte Jewel.
    »Das ist unser ganz spezielles
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