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Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)

Titel: Im Sturm der Leidenschaft (German Edition)
Autoren: Laura Thorne
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sich um. Sie suchte nach Arabinda und nach Vasco, von dem sie gehört hatte, dass er auf dem Schiff sei. Doch sie sah weder den einen noch den anderen. Auch Dom Pedro fehlte.
    Ein Mann löste sich aus einem der Grüppchen. Charlotta erkannte Nino. Er trug einen Strick in der Hand. Einen Strick mit einer Schlinge. Mit einer Schlinge, wie der Henker auf dem Galgenberg von Lissabon sie zu knüpfen pflegte. Ihr wurde noch kälter. Ihre Zähne schlugen aufeinander wie im ärgsten Frost. Charlotta hätte gern die Arme um ihren Körper geschlungen, um sich zu wärmen, doch die Stricke an den Handgelenken ließen dies nicht zu. Also zog sie die Schultern zusammen, krümmte sich ein nach vorn und wippte von den Fußballen auf die Fersen und wieder zurück.
    Nino hatte den Hauptmast erreicht. Das weiße Segel knatterte leise im Wind. Der Mann legte sich die Schlinge um den Hals und lachte, wie nur einer lachen konnte, der nichts wusste von Tod und Verderben, der weder Glück noch Liebe kannte. Ein bitteres, klirrendes Lachen, das sich im Segel verfing und leise darin weiter ächzte.
    Geschwind kletterte er am Hauptmast hoch, erreichte die erste Verstrebung, etwa zweieinhalb Mann hoch über dem Deck. Er knüpfte den Strick an die Verstrebung und zog daran. Die Schlinge hatte er noch immer um den Hals.
    Jetzt nahm der Mann die Schlinge vom Hals und ließ sie hinab fallen. Wie ein Fingerzeig des Teufels schwang sie vor dem weißen Segel. Die Sonne, die Charlotta noch nie so grausam wie an diesem Tag empfunden hatte, malte einen schwarzen Schatten auf das weiße Segel, verdoppelte das bevorstehende Elend.
    Noch kälter wurde ihr. Der Frost kroch wie eine giftige Schlange durch ihren Körper. Ihre Knochen fühlte sich spröde an wie Eis und Charlotta hatte Angst, bei der geringsten Berührung zu zerbrechen. Still stand sie nun, still und starr, Suleika verharrte neben ihr, ebenso still und starr.
    Plötzlich verstummten die Männer und Charlotta sah den Kapitän auf das Deck kommen. Hinter ihm schubsten zwei Männer eine zerrissene Gestalt über die Schiffsplanken, die einen Sack über dem Kopf trug und an Händen und Füßen mit derben Stricken gefesselt war.
    Sein Gesicht war nicht zu sehen, und doch wusste Charlotta, dass es sich um Vasco da Gama handelte. Nicht ihre Augen erkannten ihn, ihr Herz war es, das bei seinem Anblick schmerzvoll und hart gegen ihre Rippenbögen, trommelte, als würde es jeden Augenblick zerspringen. Sie hörte, wie die Prinzessin von Kalikut neben ihr scharf die Luft einsog, sah, wie nun Alonso Madrigal in die Mitte des Deckes trat, sah auch Arabinda, der von einem anderen Mann an den Mast gefesselt wurde, die Schlinge drohend über sich.
    Es war still an Deck. Totenstill. Es ist eine Stille, die mir in den Ohren gellt, dachte Charlotta. Im selben Augenblick begann Alonso Madrigal zu sprechen: »Männer!«, rief er. »Wir haben uns heute hier versammelt, um einem Verräter den Prozess zu machen. Einem Mann, der euch das Wertvollste rauben wollte, das ihr besitzt: eure Ehre und euren Stolz, euern Besitz und ...« Er machte eine wirkungsvolle Pause. »... und euer Leben!«
    Ein Raunen ging durch die Menge, doch Madrigal achtete nicht darauf.
    »Dieser Mann hier«, er deutete mit der Hand auf Vasco da Gama »wollte euch vernichten, euch um die Früchte eurer Arbeit bringen, wollte euch zu Dingen anstiften, die eure Mütter dazu gebracht hätten, sich eurer und ihrer selbst zu schämen.«
    »Was hat er denn getan?«, rief der zahnlose Alte. »Welches Verbrechens klagt Ihr ihn an?«
    »Dieser Mann, den ihr unter dem Namen Vasco da Gama kennt, hat sich in aller Heimlichkeit auf unser Schiff geschlichen, um eben dieses Schiff auf offener See zu versenken und euch alle dem Tod durch Ertrinken preis zu geben.«
    »Er kam nicht heimlich!«, rief wieder der zahnlose Alte. »Er kam bei Tag und jeder konnte es sehen. Er trug keine Waffen bei sich und hatte keine Begleitung dabei.«
    Madrigal nickte. »Ihr habt Recht!«, bestätigte er die Aussage des Alten. »Und genau daran seht ihr die ganze Heimtücke seiner üblen Absichten. Er tat, als käme er als Freund. Doch seine Absichten waren feindlich. Das Vertrauen unseres Kapitäns wollte er sich erschleichen, um dann in einem geeigneten Moment seinen mörderischen Plan durchzuführen. Doch wir haben seine Absichten durchschaut. Wir klagen Vasco da Gama, Graf von Vidiguera und Vasallen des Königreichs Portugals, ehemaliger Admiral der portugiesisch-königlichen
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