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Im schoenen Monat Mai

Im schoenen Monat Mai

Titel: Im schoenen Monat Mai
Autoren: Emile de Turckheim
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als wenn einem Verlieren nichts ausmacht, weil man eh schon weiß, dass man gewinnt, sagt Lucette, Fairplay ist nicht leicht, wenn dir das Leben nicht lacht, und im Tennis gewinnt immer Roland-Garros, der mit dem meisten Fairplay. Und dann sagt sie noch: »Nicht zufällig.« Ich will damit nur sagen, wenn ich den Tisch fürs Frühstück richte oder die Alleen reche oder im Gemüsegarten grabe oder all die anderen Sachen mache, die ich mache, mache ich es immer auf die bestmögliche Art, ich sage mir nämlich, vielleicht schaut einer zu, der mich nicht kennt und sowas wie Gott ist, und freut sich über meine gut gemachte Arbeit. Deswegen kämpfe ich ständig mit Zwiespälten und Gewissensbissen, wenn Martial sein blödes Gesicht zieht und dagegen ist, dass wir die Betten für die Hirnschüssler richtig machen. Wenn ich allein wäre, ohne Martial, wären die Betten besser gemacht. Ich erkläre euch das mal am Kaffee. Ich kann den Kaffee mit falschem Kaffee machen, den man ins kochende Wasser schüttet und der so tut, als wenn er Kaffee ist, weil er dem in der Farbe und im Geschmack ein bisschen ähnelt. Aber ich gehe in die Vorratskammer, wo es so kalt ist, dass ich im August oder Juli immer mit Martial in die Vorratskammer gehe und wir uns nicht mehr wegbewegen, weil wir hoffen, dass das Kalte anhält. Dann mache ich die Blechdose mit den Kaffeebohnen auf und bin auf den Geruch so gefasst, dass er mich nie überrascht, dabei riecht das so gut, dass ich es euch leider gar nicht schildern kann, weil es mir ja schon schwerfällt, eine Geschichte zu erzählen, und dann erst einen Geruch, was glaubt ihr! Ich nehme eine Handvoll Bohnen heraus, sogar ein bisschen mehr, weil eine Handvoll nicht reicht. Vor allem im Herbst, wenn zehn oder zwölf Hirnschüssler da sind und ich mich allein um das Frühstück kümmern muss, weil Martial ist zwar auch da, aber manchmal schlimmer als ein Kind, wie ihr wisst. Ich gebe die Kaffeebohnen in die Lade von der hölzernen Kaffeemühle, die die ganze Zeit nur Kaffeebohnen mahlt, weil sie dafür gemacht ist, und denke mir, wie schön, wenn man weiß, wofür man gemacht ist, und sich nie fragt, was man im Leben anderes tun könnte außer Kaffeebohnen mahlen oder den Garten hacken, um von einer Arbeit zu sprechen, die ich kenne. Dann drehe ich am Griff, und da kann ich mich nicht beklagen, das macht ein Geräusch, das man nicht beschreiben kann, aber es ist eines der besten Geräusche im ganzen Haus von Monsieur Louis. Dann nehme ich die Lade heraus und schütte den fein gemahlenen Kaffee in die Kaffeemaschine. Ist der Kaffee gemahlen, erkennt man ihn gar nicht wieder, auch wenn man sich noch so oft sagt, dass es ja noch immer Kaffee ist, kaum zu glauben, es ist fast wie bei Martial mit seinem geschmolzenen Gesicht. Dann gieße ich kochendes Wasser auf den Kaffee und drücke nicht zu schnell und nicht zu lange auf ein Blechding, das bestimmt einen Namen hat, soviel ist sicher, weil es immer, wenn es ein Ding gibt, auch einen Namen dazu gibt, damit man das eine Ding nicht mit den anderen Dingen verwechselt. Bei Namen ist das anders, weil viele gleich heißen und es viele Mütter gibt, die im selben Augenblick rufen: »Komm essen, Liebes«, und weil es massenhaft Menschen gibt, die sich geliebt fühlen, auch wenn das gar nicht sein kann, wenn man bedenkt, wie viele wir sind, fühlen sich alle angesprochen, dabei bin ich der Einzige, der so heißt: Aimé. Dann ist der Kaffee fertig, und ich kann ihn in die Kaffeetassen einschenken. Wie er nicht mehr weit von der Eingangstür weg ist, gehe ich hinaus und sage, halten Sie durch, Herr Wachtmeister, ich habe für Sie Kaffee gemacht, und er lächelt, weil er darüber froh ist und gar keinen fertigen Kaffee erwartet hat.
    »Ich bin ein Stück in den Wald hineingegangen. Er kommt mir sehr wildreich vor, nicht wahr?«
    Ich sage nichts drauf, und das ist ihm peinlich, weil er glaubt, ich weiß nicht, was
wildreich
heißt, dabei höre ich das Wort schon seit mehr als zwanzig Jahren, es ist ein Lieblingswort von den Hirnschüsslern, die hier immer zum Jagen herkommen. Um was zu tun statt nichts zu tun, trinkt der Wachtmeister seinen Kaffee und sagt, nur um was zu sagen, der hat eine gewisse Bitterkeit, nicht wahr? Naja, es ist halt Kaffee, sage ich. Dann fängt der Wachtmeister aber an zu übertreiben, und ich finde es unhöflich, dass er auf den Boden spuckt und sagt: »Der Kaffee ist widerwärtig.«
    Wenn Leute eine Grimasse ziehen, die plötzlich aus dem
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