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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes
Autoren: Evita Wolff
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wollen?«
»Und du?«
»Ich würde überall bleiben, wenn nur du da bist.«
»Ja, dann ... dann wird es wohl Zeit, daß Sie Ihre Wohnung kündigen, Dr. Gustavson.«
»Das hab ich schon. Vor einer ganzen Weile, als ich mich entschloß, daß ich hier bleibe.«
»Sie überraschen mich doch immer wieder.«
»Sie werden meine praktischen Fähigkeiten noch mehr bewundern, wenn ich Ihnen verrate, daß ich auch jemanden beauftragt habe, sich um die Ausräumung der Möbel zu kümmern und sie zu verkaufen.«
    »Ich möchte aber, daß wir es tun.« Er war unbeirrbar in seiner sanften Beharrlichkeit.
    »Aber Liebling, selbst hier auf dem Dorf ist man heutzutage nicht mehr so verbohrt!«
»Du kannst mich einen altmodischen Narren nennen, aber ich halte es einfach für richtig, und ich möchte, daß wir es tun.«
»Du bist weder ein Narr noch altmodisch, aber ich verstehe nicht, warum wir nicht damit warten können, bis das Kind geboren ist. Ich meine, jeder weiß doch längst, wie es mit uns steht, und mich hat noch niemand deswegen geschnitten.«
»Darum geht's nicht.« Er drehte die Linke und betrachtete ihre dünne Innenfläche; die Narbe auf der Fingerkuppe des Ringfingers, die ein lebenslanges Andenken an Lionheart sein würde. Der Finger war noch immer empfindlich und würde es wohl auch immer bleiben, weil bei der Versorgung durch den Arzt etliche Nervenfasern zerstört worden waren. Seltsam, daß Lion gerade diesen Finger erwischt hatte.
»Ich möchte es ganz einfach«, wiederholte er. »Ich finde es richtig.«
Elaine wußte, daß ihm der Finger dann und wann zu schaffen machte. »Ja, dann ...« Sie nahm seine Linke und fuhr mit den Lippen den Ringfinger entlang, »dann tun wir es.«
Er sah auf, seine Augen leuchteten. »Ja?«
Elaine mußte blinzeln, plötzlich überwältigt: Sie sah seinen Sohn in seinem Gesicht. In diesen Sekunden wußte sie intuitiv, daß sein Sohn genauso aussehen würde wie er. Mit dem zärtlichen Ungestüm, der sie oft überkam, wenn sie ihn nur ansah oder leicht berührte, und den er so sehr an ihr liebte, umschlossen ihre Hände sein Gesicht, und sie flüsterte an seinen Lippen: »Dieses Kind, unser Sohn – ich bin so dankbar, daß ich dir begegnen durfte ... Ja! Ja, laß uns heiraten, genau so, wie du es möchtest, in der Kirche. Morgen schon, wenn du willst. Ich möchte es auch. Auf einmal möchte ich es mehr als alles andere.«
Seine Augen blickten in ihre, ganz dunkel:
Wenn ich nur Worte hätte –
    Turner schob sich durch die plaudernde Menge, die sich in dem Garten vor dem Haus drängte, das einst Timmy gehört hatte. Er brauchte eine ganze Weile, bis er sich durch dieses Meer von Wohlwollen zu Eric durchgekämpft hatte; von allen Seiten hörte er freundliche Bemerkungen über den Jungen und Dr. Mercury, die seit genau einer Stunde und elf Minuten seine Frau war. Strahlend schön sah sie aus in ihrem Brautkleid. Daß sie schwanger war, konnte man beinahe übersehen, denn ihre Gestalt war zart geblieben, und der gewölbte Leib barg sich unter einem sehr langen und dichten Schleier, der von ihren Schultern herabfiel.
    »Nochmals meinen Glückwunsch, Junge.«
»Vielen Dank, Sir.«
»Zeit, daß du mit dem >Sir< aufhörst. Übrigens, Zeit: Ihr
    hättet Hochzeit und Taufe zusammenlegen können, nicht? Wäre billiger gewesen.«
    »Schon ... aber irgendwie ... ich konnte nicht warten. Es wäre nicht richtig gewesen.«
»Eigensinnig wie immer. – Deine Logik ist mir manchmal wirklich rätselhaft.«
Turner fingerte in seinen Taschen, und allmählich begann seine Stirn sich vor Ungeduld zu umwölken. Eric reichte ihm eine Zigarre mit einem Glas sehr schweren Portweins.
»Oh, vielen Dank, Junge. Manchmal geht's nicht ohne eine gute Zigarre.« Aber er nahm zuerst einen tiefen Schluck von dem Port.
»Würden Sie denn auch zur Taufe kommen? – Wir wollen ihn Alexander nennen«, fügte er hinzu, und die Sehnsucht, die früher Solitaires Fohlen gegolten hatte, klang wieder in seiner Stimme.
»Netter Name. Nach Alexander dem Großen?«
»Nein. Einfach Alexander.«
Elaine trat zu ihnen, hakte sich bei Eric ein und lächelte Sir Simon strahlend an. Er vergaß seinen Port über ihrem Anblick.
»Eric liebt den Namen. Und ich liebe es, wie er ihn ausspricht – ganz weich, ein wenig langgezogen. Es wird schön sein, ihn das über Jahre hinweg sagen zu hören.« Sie nickte über die große Gesellschaft, die sich vergnügt im Garten erging. »Für unsere Hochzeit haben wir Glück gehabt mit dem Wetter, aber für
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