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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes
Autoren: Evita Wolff
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bemühte sich, so ruhig wie möglich an seiner Seite zu gehen.
Die Stute drehte sich um, wandte ihnen die Hinterhand zu, bereit auszuschlagen; doch zwischen ihren nach außen gestellten Beinen sah sie zu ihnen hin. Der Blick der herrlichen Augen war dumpf und brütend.
Eric führte Edward bis an sie heran. Langsam streckte er die Hand aus und ließ sie von ihrem Nacken über den Rücken gleiten. »Schau nur, Prinzessin, ich habe dir einen lieben alten Bekannten mitgebracht. Erkennst du ihn wieder?« – Die Situation stand auf Messers Schneide: im nächsten Herzschlag würde sich entscheiden, ob sie begriffen hatte, daß es sich um unterschiedliche Männer handelte, daß dieser nichts mit den Greueltaten zu tun hatte, die ihr von dem anderen zugefügt worden waren.
Edward straffte die Schultern: Was immer geschehen mochte, er würde es tragen. Es war dieses stolze, starke Aufrichten, das den Ausschlag gab: Der andere hatte eine so nachlässige Haltung gehabt und ließ die Schultern hängen.
Sie würde die Wunden, die er in ihre Seele gebrannt hatte, niemals vergessen. Niemals würde sie lernen, die Angst vor ihm und den Haß gegen ihn zu überwinden.
Aber dieser ... langsam, vorsichtig, drehte sie sich um. Mit weit geöffneten Augen und bebenden Nüstern trat sie wiederum zwei Schritte zurück und musterte ihn mit zurückgeworfenem Kopf. Er war neben ihm. Er würde nicht freiwillig die Nähe eines aufsuchen, der ihr Böses antun wollte. Sie hatte seinen Widerwillen gegen den anderen gefühlt – seine Lust, ihn zu töten, wie sie ihn töten wollte.
Sie blieb stehen. Ganz still. Weder reckte sie ihnen den Kopf entgegen, noch zog sie ihn zurück. Sie wartete.
»Sprechen Sie zu ihr«, wisperte Eric. Die empfindsamen Pferdeohren stellten sich nach seiner Stimme. »Sagen Sie etwas, egal was. Möglicherweise erkennt sie jetzt Ihre Stimme wieder.«
»Wenn Sie es sagen, Master Eric ...« Die feinen, langen Ohren schnellten nach vorn, Solitaires Gesicht nahm den Ausdruck höchster Aufmerksamkeit an: Diese Stimme klang zu ihr wie ein Echo aus ihren unbeschwerten Tagen.
»Solitaire ... kennst du mich denn nicht mehr?«
Diese Stimme hatte Hafer und Heu bedeutet, und Möhren, und auch die kleinen Kekse, die er ihr heimlich zugesteckt hatte. Diese Stimme war gleichbedeutend mit Sanftheit und Fürsorge gewesen.
Ihr Kopf kam zögernd näher. Scheu streckte Edward die Hand aus. Solitaire witterte, schnaufte unschlüssig, aber dann, plötzlich, war die Erinnerung an die kleinen verbotenen Kekse übermächtig. Sie stieß ihre Nase gegen seine Brust.
»So hat sie's früher immer gemacht«, flüsterte Edward beinahe ohne Stimme. »Damit ich ihr Kekse gebe.«
»Haben Sie noch welche?«
»Ja, Master Eric.«
»Dann war's vielleicht gut, ein paar zu holen.«
»Ja, Master Eric!«
Alle sahen zu, als Solitaire wählerisch einen Keks nach dem anderen von Edwards offener Hand nahm. Sie stieß ihn mit dem Kopf an, als er ihren Hals streichelte.
»Jetzt mag sie mich wieder, nicht, Master Eric?«
Er wußte nicht, daß Tränen über seine Wangen liefen.
    »Das ist doch wirklich nett hier, findest du nicht?« Elaine wanderte durch die verwaisten Räume. »Wir sollten aber die Wände neu streichen lassen, dieses verblaßte Altrosa ist ja einfach ... nun ja, ich mag es jedenfalls nicht.«
    »Weiß wäre viel netter. Oder vielleicht eierschalenfarben, das wirkt nicht so kalt.«
»Und mehrere kleine Tische, auf denen Zeitschriften liegen. Bequeme Stühle. Die Wartezimmer von Tierärzten sind im allgemeinen nicht sehr behaglich.«
»Sie werden mir ohnehin die Bude einlaufen.«
»Es wird nicht anders sein als sonst«, versicherte Elaine ruhig.
»Der einzige Unterschied besteht darin, daß sie nicht mehr anrufen, wenn es sich um Kleintiere handelt, sondern einfach mit ihnen hierherkommen.«
»Ja.«
»Viel leichter für dich, Liebling.«
»Ja.«
Es hatte einen großen Schritt für ihn bedeutet, bevor er sich dazu durchrang, seinen Fuß auf ein Territorium zu setzen, das einmal einem anderen gehört hatte.
Die Praxisräume gefielen ihm, bis auf die Farben. Elaine hatte ganz recht. Die Wohnräume bedurften ebenfalls einer behutsamen Renovierung. Sie waren ähnlich großzügig angelegt wie die Praxis und würden auch einer wachsenden Familie Platz genug bieten. Eric umfing Elaine von hinten und legte sanft seine Hand auf ihren Leib. »Ja? Nein?«
»Du Überlaßt mir die Entscheidung?«
»Eine kleine Fee darf nicht gezwungen werden. Würdest du hier bleiben
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