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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman
Autoren: Tanja Kinkel
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Land sei. Und ich bin nicht dumm, Tom. Wenn mich die Dudleys nicht wollen, keiner von ihnen, dann suche ich mir den Mann als Verbündeten, den sie fürchten, den Mann, der genauso wenig wie ich Robin je als ihren Ehemann sehen will, und frage ihn um Rat.
    Er hat mir versprochen, dass sie ihn nie heiraten wird, wenn sie zwischen ihrer Krone und ihm wählen muss. Sie ist nicht wie ihre Schwester, sagte er. Einen Mann zu heiraten, der im ganzen Land als Mörder gilt, einen Mann zu heiraten, wenn sie sich damit zur Mittäterin macht, weil jeder glauben wird, dass er es ihretwegen getan hat – das wird sie nicht. Und er versprach mir, das Seine dafür zu tun, dass sie keine andere Wahl hat, als ihn aufzugeben, wenn ich das Meine tue.
    »Aber Selbstmörder brennen in der Hölle«, habe ich gesagt. Obwohl ich bereit wäre, meinen Preis zu bezahlen.
    »Nicht Ihr«, hat er geantwortet, »nicht Ihr. Ihr werdet nicht Hand an Euch legen, und damit ist es nicht Eure Sünde. Ihr werdet meinem Mann ein Zeichen geben, und er wird Euch helfen. Kein Brief, nichts Derartiges, etwas ganz Einfaches, das Verwirrung stiften mag, aber keine Spuren hinterlässt. Schickt alles Gesinde auf den nächsten Markt und lasst es ihn am Vortag wissen. Doch es bleibt Eure Entscheidung, my lady. Wenn Ihr Eure Meinung ändert, dann geht mit auf den Markt, und alles bleibt beim Alten, so lange, wie es Euer Gemahl zulässt.«
    Ein kluger Mann, da hattet Ihr alle wohl recht, Tom Blount.
    Ihr selbst seid manchmal blind und taub, aber auch kein Tor. Wisst Ihr inzwischen, warum ich Euch schreibe? Weil ich noch immer Gerechtigkeit will. Ihr habt Robin nie zugeredet, mich wie die übrigen Dudleys bei Hof unterzubringen, und Ihr wusstet doch, wie sehr ich mir das wünschte. Als Ihr mich aus Kidderminster fortgeschickt habt, da habt Ihr nicht Eure Gemahlin gewählt, denn Ihr verlasst sie ja fast so oft wie Robin mich. Nein, Ihr habt ihn gewählt, Euren Vetter Robin, und das schöne Dasein als seine rechte Hand. Das habt Ihr gefährdet gesehen, und deswegen habt Ihr mich hierhergebracht, nach Cumnor.
    Nun habt Ihr noch einmal die Wahl: Mit diesem Brief könnt Ihr Robins Unschuld vor aller Welt beweisen. Oh, es wird wohl immer noch Leute geben, die behaupten werden, er sei gefälscht, doch er wird genügen, um ihn in den Augen der meisten freizusprechen. Mehr noch, er wird ihm die Waffe in die Hand geben, um seinen größten Feind zu stürzen, und selbst wenn ihn die Königin trotz all dieses Glücks doch nicht heiraten sollte, dann lässt ihn das immer noch ohne Rivalen und als den mächtigsten Mann im Land zurück.
    Aber verdient er das?
    Das frage ich Euch.
    Was verdient er, und was verdiene ich?
     
    Nur dieses eine Mal, Tom:
    Gebt mir das, was mir zusteht.
    Amy
    Edith Odingsells gesellte sich zu mir, als sie das Talglicht in meiner Hand zu einem kleinen Feuer aufflammen sah.
    Der erste Brief, den ich verbrannte, war Margerys harmloses Schreiben.
    In einem hat Amy sich gründlich geirrt, dachte ich, während ich beobachtete, wie die Zeilen meiner Gemahlin von den Flammen verzehrt wurden; ich habe sie nicht Robins wegen aus Kidderminster fortgeschickt. Ich habe es für Margery getan.
    Es folgten die Briefe, die von Amys Wut erzählten, von ihrem Hass, von ihrer Einsamkeit und Verzweiflung. Ich schaute zu, wie sie vergingen, und ich hoffte, dass sich damit auch das eiserne Band auflösen würde, das sich immer enger um ihre Seele gelegt hatte.
    Schließlich hielt ich das Talglicht an Amys Brief an mich, doch noch ehe die Flamme mehr tat, als eine Ecke zu entzünden, presste ich ihn gegen mein Wams, um das kleine Feuer wieder zu ersticken.
    »Wollt Ihr eine Erinnerung behalten?«, fragte Edith leise.
    »Dazu brauche ich keinen Brief«, entgegnete ich heiser und schüttelte den Kopf. »Nein. Aber … Ihr habt ein Recht, ihn zu lesen.« Nach ihrer Hilfe war das unbestreitbar. Ich reichte ihr das Schreiben und wunderte mich, dass meine Hand dabei nicht zitterte.
    Ich entzündete auch den Rest der Korrespondenz, während Edith las. Sie sagte nichts, bekreuzigte sich und reichte mir den Brief zurück.
    Edith schwieg immer noch, als ich Amys Brief erneut über das Talglicht hielt, doch nicht entzündete. Schließlich stellte ich das Licht ab, faltete den Brief zusammen und steckte ihn in mein Wams.
    »Warum, Tom?«
    »Um Verantwortung zu übernehmen und den letzten Wunsch einer Toten zu erfüllen«, entgegnete ich. Auch wenn es nicht die ganze Wahrheit war, so doch
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