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Im Rachen des Alligators

Im Rachen des Alligators

Titel: Im Rachen des Alligators
Autoren: Lisa Moore
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das Ganze püriert und es Frank in einem Glas mitgebracht, und Frank hatte es probiert. Er probierte es, und es schmeckte genau wie Fish & Chips, und er bat um etwas Salz, aber dann war es doch zu anstrengend, alles durch den Strohhalm zu saugen.
    Kevin kam an vier von zehn Tagen, er saß bei ihm, wenn Frank schlief, und manchmal zuckte er hinter dem Rücken der Krankenschwestern mit den Augenbrauen und machte anzügliche Gesten. Eines Abends beugte er sich vor und starrte Frank ins Gesicht und sagte, irgendetwas sei komisch, aber er komme nicht darauf, was es sei. Dann wurde ihm klar, dass Frank keine Wimpern mehr hatte.
    Eines Abends wachte Frank auf und hörte, wie Kevin direkt vor seiner Zimmertür eine der Schwestern zum Kinobesuch einlud. Als er danach hereinkam und sich an Franks Bett setzte, hatte er einen roten Kopf, und Frank sagte: Es tut mir leid, dass ich dich um das Geld gebeten habe. Kevin zog eine Zeitung unter seiner Jacke hervor: die Geschichte machte immer noch Schlagzeilen. Auf der Titelseite sah man Valentin, wie er sich in Handschellen vor den Kameras wegzuducken versuchte, er schaute misstrauisch drein und schien keinerlei Reue zu empfinden.

Isobel
    Madeleine ist tot. Madeleine war gestorben, und die Produktionsassistentin hatte bei Isobel angerufen. Isobel hatte es erst nicht fassen können, dass jemand sie aus dem Schlaf riss.
    Sie stützte sich auf den Ellbogen und hörte zu, und mit einem Mal war sie hellwach, sie setzte ihre Brille auf und sagte immer wieder: Das kann doch nicht sein, und dann merkte sie, dass sie sich die Faust vor den Mund hielt. Sie wohnte in einem Bed & Breakfast in der Gower Street, bis die Versicherung den Brandschaden reguliert hatte. Sie sah sich in dem Spiegel an der Schranktür, und so oft sie auch flüstern mochte, Das kann doch nicht sein, wusste sie doch, dass es stimmte, denn das Ganze hatte nichts von einem Traum, weder der Anruf, noch das Quadrat aus Sonnenlicht auf dem Holzboden, noch das Gewicht der Katze auf ihrer Bettdecke. Sie roch verbrannten Toast.
    Sie und Madeleine waren einen Hamburger essen gegangen, in Donovan’s Industrial Park. Madeleine fuhr und redete über den Film, und Isobel sagte nichts, denn sie hatte beschlossen, Madeleine von Valentin und dem Brand, den er am kommenden Wochenende legen wollte, zu erzählen. Sie war sich sicher, dass Madeleine einschreiten würde. Was immer vonnöten war, um einzuschreiten, Madeleine besaß es. Sie würde im letzten Moment die Weichen umstellen, das Heft ergreifen. Isobel saß auf dem Beifahrersitz, die Hand auf dem Armaturenbrett und den Fuß auf den Boden gestemmt, als hätte sie eine eigene Bremse. Sie hörte zu, während Madeleine sich über das Budget ausließ.
    Wer etwas zu beichten hat, schließt dabei besser die Augen. Isobel hatte vorgehabt, sich einen Hamburger zu bestellen und dann, während sie auf ihn wartete, Messer und Gabel zu umklammern, die Augen zu schließen und Madeleine alles zu erzählen. Es gab immer noch eine Instanz in ihr, die nicht glaubte, dass es wirklich zu dem Feuer kommen würde.
    Es war schwer, sich bei Madeleine Gehör zu verschaffen. Sie war besessen von diesen verdammten Pferden, fühlte sich vom Geist eines Erzbischofs verfolgt, und ohnehin war sie, schon seit Isobel sie kannte, nie in der Lage gewesen, auch nur mal fünf Minuten den Mund zu halten. Isobel hatte sich vorgenommen, die Augen zu schließen und ihr von dem Feuer zu erzählen.
    Madeleine sagte der Bedienung, sie habe nur eine Dreiviertelstunde Mittagspause. Und was den Burger betreffe: Sie wolle ihn englisch – nicht blutig und nicht durchgebraten. Ob die Bedienung wisse, was mit englisch gemeint sei. Kriegt man das hier?, fragte sie.
    Isobel trug ihr silbernes Armband. Sie spielte mit der Gabel herum. Als der Hamburger kam, klappte sie ihn auf und kratzte die Mayonnaise herunter.
    Auf Hochzeiten lernt man keine Männer kennen, sagte Madeleine. Da kommt jeder mit Begleitung. Ich sag dir, wo du hinmusst.
    Isobel streute Salz auf die Tomaten. Ein breiter Mann im Flanellhemd hob eine Gesäßbacke vom Stuhl, um sich ganz nach ihnen umzudrehen. Sie waren zwei schöne, zu laute Frauen in Donovan’s Industrial Park.
    Beerdigungen, sagte Madeleine. Zu Beerdigungen gehen sie allein. Scharen von Männern.
    Die Notaufnahme ist auch gut, sagte Isobel.
    Beerdigungen, insistierte Madeleine. Sie hatte den Mund voll Salat. Dann legte sie den Hamburger ab.
    Was ist so verdammt schwer daran, Fleisch englisch zu
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