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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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Als Peter eines Tages einige aufgelesene Schalen der Teichmuschel heimbrachte, erkannte Eva mit einem Blick: Das sind die richtigen Löffel! Sie nahm Schilfhalme, spaltete sie am einen Ende und schob die Muschelschale in den Schlitz. Jetzt waren sie richtig, die Löffel!
     

Der Feuerbohrer
    Eines Tages, es ging auf Mittsommer zu, geschah das Unfaßbare: das Feuer ging aus. Eva hatte vergessen, in der Höhle Holz nachzulegen, und auch Peter war es nicht gelungen, die Glut seines Lagerfeuers zu erhalten. Nach einem schrecklichen Streit schickten sich die Unglückseligen in dumpfer Ergebenheit in den schweren Verlust des Feuers. Zu der Angst vor den Bären gesellte sich die Mückenplage in den rauchlosen Höhlen. Die erzwungene Rückkehr zur rohen Pflanzen- und Tierkost machte Peter und Eva schwer zu schaffen. Es gab kein Bratfleisch mehr, keinen Brei, keine Suppen.
    Kein Wort des Vorwurfs fiel mehr, aber auch keines der Versöhnung. Peter taten die harten Worte, die er Eva gegeben hatte, längst leid, er brachte es aber nicht über sich, ihr zu sagen, wie sehr auch er sich schuldig fühlte. Sie kam ihm so ganz anders vor als einst. Jetzt, da er sie stetig beobachtete und auf ein Lächeln wartete, fiel ihm eine Veränderung auf, die sich allmählich an ihr vollzogen hatte: Ihr Gesicht war schmal geworden, ihr Körper hatte sich gestreckt. Mit Unbehagen stellte Peter fest, daß sie um eine Handbreite größer war als er. Auch ihr Gesichtsausdruck erschien ihm anders als sonst, fremder. Es war nicht mehr das Gesicht eines gekränkten Kindes; auf ihren Zügen lag ein Stolz, der ihn zurückstieß. Peter hatte keine Ahnung davon, daß er die entstandene Entfremdung durch seine Art zu leben steigerte. Er sah nicht die verächtlichen Blicke, die ihn streiften, wenn er wie ein Raubtier das blutige Fleisch von den Knochen riß; er sah nicht den Abscheu, den seine schmutzigen Hände mit ihren dunklen Nagelrändern und seine verschmierten Füße erregten. Doch er hatte nicht die Muße, sich Grübeleien hinzugeben. Die nackte Tatsache,daß ihm nicht mehr das qualmende Feuer die Bären vom Halse halten würde, zwang ihn, sich auf unausbleibliche Kämpfe vorzubereiten.
    Eine Knorrenkeule versah er mit scharfkantigen Hartsteinsplittern, die er mit Harz und Wachs einkittete. Er nahm alle seine Beile vor, um die stumpfgewordenen Kanten durch Absplittern zu schärfen und locker gewordene Bindungen zu erneuern.
    Eines Tages zwang ihn die Dämmerung, die in der Höhle besonders früh eintrat, die Arbeit an den Beilen einzustellen. Statt dessen zerschlug er Hartsteinknollen, um scharfkantige Faustkeile zu erhalten. Bei jedem Schlag bemerkte er an den Schlagflächen der Steine ein Flimmern, das ihm nie aufgefallen war, wenn er tagsüber oder im Schein des Feuers Hartsteine bearbeitet hatte. Ein Erinnerungsbild stieg in ihm auf: der Ähnl, der immer einen grauen Hartstein bei sich getragen und aus dessen Kanten mit Hilfe eines harten Bügels Funken geschlagen hatte. Und die Funken hatte er mit »Zundel« aufgefangen, mit »Zundel« aus Buchenschwamm. Die harte Rinde hatte er weggehackt ... das braune Mark des Schwammes auf einen flachen Stein gelegt ... mit einem Holzschlegel darauf herumgeklopft, bis daraus ein dünner, weicher, lederartiger Lappen geworden war ...
    Peter warf die Hartsteine ins Allerlei und verließ die Höhle. An der alten Buche auf dem Fuchsenbühel wußte er einen erreichbaren Holzschwamm, der eine halbe Armlänge breit war. Den schlug er vom morschen Stamm und brachte ihn heim. Das Abschälen aber schien fast unmöglich; selbst die schärfsten Steinbeile versagten, prallten vonder harten, federnden Rinde ab. Es wurde dunkler. Da riß Peter, zornig und ungeduldig, einen fast kopfgroßen Steinbrocken aus der Höhlenvermauerung und hämmerte damit wie besessen auf den Buchenschwamm ein, bis ihm der Schweiß von der Stirn rann. Der Schwamm wurde rissig und nach und nach polsterig weich.
    Eva kam neugierig herab: »Was machst du denn?« – »Zundelschlagen wie der Ähnl.« Und schon zupfte er vom Pilzklumpen ein zwei Finger breites Läppchen los, legte einen Hornsteinsplitter darauf und begann dessen Kante mit einem Jaspisknollen zu schlagen. Beide sahen das schwache Leuchten an den Schlagstellen, ein eigenartig brenzliger Geruch wie von angebrannten Haaren stieg ihnen in die Nase, ja, einmal behauptete Peter sogar, er habe einen wirklichen Funken herausspringen sehen – aber alles Schlagen blieb vergeblich, der Zundel
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