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Im Pfahlbau

Im Pfahlbau

Titel: Im Pfahlbau
Autoren: Alois Theodor Sonnleitner
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abgewiesen hatte?
    Am Moorbach aufsteigend, kam sie zu einer Stelle, wo zwei gerade Reihen von Stäben in schräger Richtung von beiden Ufern aus stromaufwärts zur Mitte des Baches führten und einen schmalen Durchlaß bildeten. Die Stabreihen waren mit Weidenruten so durchflochten, daß sich hinter dem Geflecht das Wasser schwach staute. Oberhalb dieser niederen Zäune war das Bachbett von groben Steinen gesäubert und ein kleiner, flacher Tümpel entstanden. Der wurde oben von einem Geflecht begrenzt, das das Bachbett quer absperrte. In diesem Geflecht staken Tannenzweige und beschatteten den Tümpel. Wozu das? Vom würzigenDuft brennender Wacholderzweige verlockt, wandte sie sich vom Bach ab und entdeckte im Schutz eines überhängenden Felsens ein qualmendes Feuer. Davor stand Peter mit einem aufgeschlitzten Fisch in der einen Hand, mit der anderen drückte er Spannhölzchen zwischen die Bauchseiten. Im Rauch hingen an Waldrebenranken eine Anzahl Forellen. Von ihnen ging jener eigentümlich appetitliche Duft aus, den sie sich nicht hatte erklären können.
    Eva wartete, ob Peter sich umwenden würde. In seine Arbeit vertieft, sah und hörte er nichts. Als er aufstand, den Fisch salzte und quer durch die Kiemen auf die nächste Rute fädelte, trat Eva leise an ihn heran und legte ihm die Hand auf die Schulter. Erschrocken fuhr er herum. Dann aber rief er freudig erstaunt: »Everl?« Mit einem Blick, der ihre ganze Erscheinung erfaßte, die Blumen im Stirnband, das neue Kleid, die vom Waten im Bach blendend rein gescheuerten Füße, rief er aus: »Schön bist, Everl!« Da packte sie ihn am Handgelenk: »Peterl, sei gut!« Er mußte lachen. Noch immer lachend, holte er eine braungeräucherte Forelle von der Rute herunter und hielt sie ihr hin: »Hast Hunger?« Und während sie den Fisch mit großem Appetit verzehrte, erzählte er von seiner Arbeit der letzten Tage. Auch ihn hatte es schließlich verdrossen, Muttertiere und Kitze oder brütende Vögel zu töten; ihm war es immer gewesen, als sähe er Evas zornige Blicke auf sich gerichtet. Statt dessen hatte er Forellen gefangen. Die schrien nicht auf, wenn er sie erschlug. Aber die Fische zu beschleichenund mit bloßen Händen unter den Steinen hervorzuholen, hatte sich wenig gelohnt. Da war er darauf verfallen, im Bach einen Verhau zu errichten, in den er, stromaufwärts schreitend, die Fische mit Ruten vor sich hertreiben konnte; im seichten, abgesperrten Wasser oberhalb der Reusen, wo sie sich unter dem Zweigdach zusammendrängten, war es dann ein leichtes, sie nacheinander abzufangen. Von einem Vorrat an geräucherten Forellen könnten sie an Regentagen und auch im Winter gut leben, meinte er. Als Eva fertig war, wusch sie ihre Hände mit Holzasche und Wasser, wischte sie am Moos ab und begann, von ihrer Flecht- und Webarbeit zu erzählen.
    Sie sah mit Wohlgefallen, daß auch Peter, durch ihr Beispiel veranlaßt, in die Asche griff und seine fetten, rußigen Hände säuberte. Erst als er sie reingespült und im Moos getrocknet hatte, trat er an Eva heran und fuhr mit der Hand über das Bastgewebe. »Bist halt ein findiges, ein geschicktes Dirndl geworden. Ich hätt' die Flechterei nicht so schön zusammengebracht.«
    Eva war glücklich. Ihr ging es wie ihm. Erst das Lob des anderen macht die Freude über eine Leistung vollständig. Sie wollte auch Peter ein Bastkleid anfertigen, das er wenigstens an Sonntagen anlegen sollte. Für die Wochentage, an denen er schwere und schmutzige Arbeit zu verrichten hatte, mochten seine schäbiggewordenen Fellkleider genügen. Eines Tages würde sie auch ihm ein schöneres Arbeitskleid machen. Ja, das wollte sie tun, Peter durfte nicht wieder verwildern.
    Wie vor dem Streit saßen sie beim Abendessen schwatzend im Eingang der unteren Höhle. Staunend hörte Peter, daß Eva auf ihren Streifzügen wiederholt Bären begegnet war, die ihr nichts getan hatten, ihr nicht nachgegangen waren. So war das also: Ihm, dem Verfolger, dem Jäger mißtrauten sie auf Schritt und Tritt, und ihr, die mit denTieren auf friedlichem Fuß lebte, taten sie nichts, wie merkwürdig ... Als Eva in ihre Schlafkammer verschwunden war, kehrte er nachdenklich über das hellbeleuchtete Steinfeld zu seinem Lagerplatz zurück.
    Drei Tage später suchte er Eva bei ihrer Weberei am Sonnstein auf. Er brachte ihr gebratene Fische und Kiebitzeier, die er auf dem Moor aufgelesen hatte. Sie arbeitete an einem Bastkleid für ihn. Während sie zeigen wollte, wie flink
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