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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins
Autoren: Pablo Tusset
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Duschen wie in einer Waschstraße. Das trägt dazu bei, dass sie schneller ausbluten. Stimmt doch, Prades? Dann wird das Blut in einer Rinne aufgefangen und fließt in einen kochenden Kessel, wo es gerinnt …«
    »In den hundert Kilo Blutwurst hier im Kessel werden wir vermutlich auch menschliches Blut finden«, sagt Prades, der zwischen dem Kommissar und Varela geht, wobei Letzterer schweigsam ganz hinten läuft. »Mir reicht eine homogene Probe für das Labor. Ich bin ja mal gespannt, was die Richterin mit dem Rest machen wird …«
    Berganza zeigt jetzt auf eine Art Metallwanne, die einen dichten Verschluss hat: »Das ist die Kammer, in der gebrüht wird.«
    »Der Leiter erzählte, dass die Tiere hier bei fünfundsechzig Grad gebadet werden«, Prades ist etwa zwei Schritte vor dem Apparat neben dem Kommissar stehen geblieben. Varela hält sich hinter ihnen und bleibt ebenfalls stehen. »Bei solchen Temperaturen werden die Haare weich, was die Enthaarung vereinfacht, ohne dass sich die Klauen lösen. Bei Menschen hingegen lösen sich die Nägel.« Er nimmt die Hand aus der Hosentasche und verdeutlicht mit einer Handbewegung wie die Nägel von den Fingern springen. »Ich vermute mal, dass wir sie hier in dieser Brühe finden würden, aber ich rate dringend davon ab, näher heranzukommen, das Zeug stinkt wie die Pest.«
    Varela riecht nichts Besonderes, geht aber vorsichtshalber einen Schritt zurück. Berganza schreitet bereits wieder voran zu der nächsten Stelle: »Hier ist der Schönheitssalon«, damit scheint das Stichwort für seinen Ohrring gegeben, mit einer Hand vergewissert er sich, dass er noch am rechten Ort ist. »Dieser Topf nennt sich ›Trockengeißel‹: Fragen Sie mich nicht, wie das Ding funktioniert; ich wollte es nämlich gar nicht erst wissen. Danach kommt etwas zum Absengen. Das machen sie mit Propangasbrennern. Falls der Kunde störrische Haare besitzen sollte, werden die dann hier zum Schluss mit einem Brenner von Hand entfernt. Dort drüben steht die ›Wassergeißel‹, von der ich ebenso wenig weiß, wie sie funktioniert. Aber es klingt so, als wäre es ein Apparat, in dem man wie verrückt abgespritzt wird.«
    »Ich glaube nicht, dass unsere Leiche die gesamte Prozedur vollständig durchlaufen hat«, sagt Prades, der erneut rechts neben dem Kommissar steht. »Offenbar ist für jede Schweinerasse eine andere Art der Enthaarung erforderlich, die mehr oder weniger hart ist. An den aufgesammelten Körperteilen sind keine Spuren mehr von Haaren und der Hautoberfläche zu finden. Die tieferen Hautschichten allerdings haben es gut überstanden, so dass …«
    »Wir haben das Ausweiden noch vor uns, bevor wir in die Halle mit dem Zuschnitt kommen«, sagt Berganza, der auf die anderen wartet und bereits an den Türen mit den Bullaugen steht, die den langen Gang gliedern, den sie jetzt zurückgelegt haben. »›Eviszeration‹ sagt der Eigentümer dazu. Hier werden die Viecher an diesen Trapezen wieder aufgehängt, nur werden diesmal die Läufe gespreizt, damit die Arbeiter leichter rankommen.«
    »Zuerst wird natürlich das Gedärm entnommen«, sagt Prades und macht eine Bewegung, als würde der Strang des Darms bei ihm höchstpersönlich entfernt.
    »Es ist wichtig, dass sie nicht platzen, weil sonst das restliche Fleisch verdirbt. Danach wird der Magen herausgeholt und zum Schluss die Harnwege und die Zeugungsorgane«, diesmal zeigt er nirgendwo hin, sondern macht eine Handbewegung, als würde er einen Joghurtbecher mit einem Löffelchen auskratzen.
    »Der Schlachtabfall wird dann analysiert, um sicherzugehen, dass das Schwein gesund ist. Von den übrigen Eingeweiden wird der essbare Teil vom Rest getrennt: Ein Teil kommt sofort in die Kühlanlagen und der Rest wird in eine andere Abteilung geschickt, um ihn für Nebenprodukte auszuschlachten. Als Nächstes wird bereits das Rückgrat mit einer Motorsäge in zwei Hälften geschnitten, der Kopf abgenommen und damit kommen wir auch schon in die Halle, in der sie zerlegt werden.«
    »Wollen Sie sich die anschauen oder sollen wir direkt in die Kühlräume gehen?«, fragt Berganza und zeigt mit dem Daumen auf den Raum hinter den Bullaugen.
    »Eigentlich ist da nichts zu sehen, was für uns von Interesse wäre.«
    »Dann lassen Sie uns doch direkt in die Kühlräume gehen«, antwortet der Kommissar.
    Berganza legt eine eher unwegsame Strecke zurück, die zu der Zerlege-Halle hinüberführt, die ihrerseits abgeschlossen im Herzen des Schiffs liegt.
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