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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins
Autoren: Pablo Tusset
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gelebt hätte. Aber schauen wir mal, was sich heute Vormittag noch so alles tut.«
    »Hoffen wir, dass wenigstens die Identifizierung gelingt.« Der Kommissar seufzt. »Noch was: Wo haben Sie das Bekennerschreiben gefunden?«
    »Das hatte sie zwischen den Lippen«, antwortet Berganza. »Es stand auf einem Blatt Papier. Wir haben alles so belassen, wie es war. Wir wollten erst auf Sie warten, bevor wir die Leiche wegschaffen.«
    »Gut, wenn Sie nichts dagegen haben, dann würde ich vorschlagen, dass wir doch gleich mal einen Blick auf das Opfer … die Leichenteile werfen. Wir können ja auf dem Weg dorthin weiterreden«, sagt der Kommissar. »Wollen Sie nicht lieber warten, bis Sie einen Kaffee getrunken haben? Ihnen bleibt ja schon die Stimme weg.«
    Genau in diesem Augenblick taucht Berganzas Assistent mit drei Plastikbechern auf.
    ***
    Varela fühlt sich ein wenig angespannt. Da aber niemand etwas Gegenteiliges sagt, folgt er dem Kommissar, der seinerseits wiederum hinter Prades und Berganza zum Aufzug geht. Sie durchqueren erneut die Eingangshalle Richtung Ausgang und laufen außen am rot-weißen Raumschiff entlang, bis zu dem Punkt des Gebäudes, der von den Büros am weitesten entfernt ist. Dort geht der Asphalt in Morast über, in dem sich tiefe Radspuren abzeichnen. Für den Kommissar sieht es hier hinten aus wie im After des Gebäudes, der gleichwohl möglicherweise sein eigentlicher Schlund sein könnte. Das bestätigt sich, als er hinter dem geöffneten großen Tor die Laderampe sieht und einen Viehtransporter, der davor geparkt ist. Es riecht nach Schweinestall.
    »Die erste Station auf dem Kreuzweg«, sagt Berganza. Der Laderaum des Transporters, der neben der Rampe steht, ist in vergitterte Verschläge unterteilt. Der Kommissar geht zu den unteren Gitterstäben und bückt sich ein wenig. Der Gestank ist umwerfend. Er wirft nur einen flüchtigen Blick auf den Boden, der mit dreckigem Stroh bedeckt ist. Die ein Meter hohen Ställe sind wiederum in mehrere Boxen unterteilt. Varela steckt auch mal kurz die Nase hinein und zieht sie sofort wieder zurück.
    »Stimmt der Dreck unter den Fußnägeln mit dem Stroh im Transporter überein?«
    »Allem Anschein nach ja«, sagt Prades. »Wie Sie sehen, liegt das Zeug hier überall herum. Was auf dem Boden liegt, ist allerdings besonders zertrampelt und schlammig. An der Leiche habe ich sowohl Strohfasern als auch den Dreck entdeckt. Die Gitter hier an den Boxen weisen viele Spuren auf, die aber natürlich genauso gut von dem Fahrer stammen können, der normalerweise dafür zuständig ist, sie zu öffnen und zu schließen. Wir werden sehen.«
    »Wenn sie wirklich lebend in so einem Transporter angekommen sein sollte, dann müssten doch auffällige Quetschungen und so weiter zu finden sein …«, sagt der Kommissar. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau in diesem Alter und mit dieser Konstitution in so einer Box ihr Gleichgewicht halten kann. Stellen Sie sie sich vor, der Laster fährt ja. Schon gar nicht, wenn sie auf allen vieren in so einem Verschlag steckt.«
    »Das denke ich auch. Es sei denn, sie war zwischen vier oder fünf Schweinen eingeklemmt«, sagt Berganza.
    »Wir für unseren Teil haben den Durchlauf jetzt schon zwei Mal mitgemacht. Das erste Mal mit dem Eigentümer, unserem Poeten und Porschefahrer, und das zweite Mal mit dem Schlachter, dem Mann mit den blaugefärbten Haaren. Die beiden hatten durchaus unterschiedliche Vorstellungen davon, wie das abgelaufen sein muss … Der Schlachter meint, dass die Fahrer versuchen, so viele Tiere wie möglich in eine Box zu bekommen. Dann haben sie weniger Arbeit mit dem Stroh, und die Tiere stoßen sich dann wohl auch weniger an den Gittern. Es scheint wohl so zu sein, dass sie die Tiere, die tot angeliefert werden, sonst nicht abrechnen können.«
    »Es ist gut möglich, dass wir da bei der Autopsie noch mehr Hinweise finden werden«, fügt Prades hinzu.
    »Brüche, Verletzungen … Jedenfalls hat sie keinen tödlichen Schlag abbekommen, denn hier ist sie noch lebend herausgekommen, da bin ich mir ziemlich sicher.
    Weniger sicher bin ich mir, ob es dann durch die Ställe dort hinten weiterging oder ob sie direkt auf das Band im Schlachthof kam.«
    »Die ›Schlachtlinien der Opfer‹, wie sie der Eigentümer nennt«, sagt Berganza. »Man merkt, dass er etwas von Literatur versteht …«
    Die drei vorne, hinter denen Varela herläuft, gehen ein paar Meter weiter.
    »Die zweite Station«, sagt Berganza.
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