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Im Namen Des Schweins

Titel: Im Namen Des Schweins
Autoren: Pablo Tusset
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leuchtenden Ohrring im linken Ohr bereits die Hand hin. Er stellt sich vor:
    »Berganza, von der regionalen Mordkommission.« Dann zeigt er auf die restlichen Anwesenden: »Prades, Gerichtsmediziner. Gálvez, mein Assistent.«
    »Guten Tag«, der Kommissar macht eine Geste zur Begrüßung, die allen gilt. Es erscheint ihm überflüssig, sich vorzustellen, so dass er lediglich Varela einführt, der ein zaghaftes »Hallo« von sich gibt. »Gut, wie ich sehe, sind wir unter uns. Das heißt, habe ich sie unterbrochen beim Vernehmen des Zeugen?«
    Der Kommissar deutet auf eine Person, die ihm noch nicht vorgestellt wurde und die an der langen Tafel sitzen geblieben ist. Blau gefärbte Haare, eine schreckliche Narbe, die quer übers Gesicht und ein Augenlid läuft.
    »Nein, wir sind fertig. Der Herr ist einer der Angestellten, der die Leiche gefunden hat, als er seine Schicht begann … Möchten Sie ihm Fragen stellen …?«
    Den Kommissar irritiert es leicht, dass Berganza beim Sprechen an dem Ohrläppchen reibt, in dem ein Ohrring steckt. Der Gerichtsmediziner Prades trägt ein Jackett und ein Hemd sowie eine schwarze Brille.
    »Nein … Im Augenblick habe ich keine Fragen.«
    »Wir haben auch die beiden Wachleute noch dabehalten, die im Dienst waren, und den Rest der Angestellten, die vom ersten Streifenwagen angetroffen wurden. Alles in allem sind es nicht viele: insgesamt fünf. Außerdem laufen hier noch die Richterin, der Eigentümer des Schlachthofs und ein Abgesandter der Regierung herum, der soeben eingetroffen ist. Sie sind hinuntergegangen, um einen Kaffee zu trinken. Soll ich wen losschicken, um jemanden von ihnen zu holen?«
    »Später. Mir ist lieber, wenn wir zuerst miteinander sprechen. Wissen Sie, ob dem Eigentümer der Sportwagen gehört, der draußen steht?«
    »Ja, und wie es scheint, alles andere hier in der Gegend auch«, antwortet Berganza. »Der Abgesandte der Regierung ist ein Cousin von ihm, und die meisten Bürgermeister hier in der Gegend sind es auch. Wir sind nicht in der Hauptstadt, hier funktioniert immer noch alles über familiäre Beziehungen …«
    »Ist er jung?«
    Berganza lässt endlich seinen Ohrring in Frieden: »Um die sechzig, würde ich schätzen, aber das sieht man ihm nicht an. Er läuft rum, als wäre er fünfunddreißig und fährt Auto, als wäre er zwanzig. Er kam mit quietschenden Reifen in seinem Porsche hier angebraust. Das ist übrigens ein kostbarer Oldtimer. Haben Sie die Felgen gesehen? Die sind mit Mattgold überzogen …«
    »Echt?«, fragt der Kommissar.
    »Wenn ich es doch sage. Er hat im Gespräch eine erstaunliche Ausstrahlung, und ich habe gehört, dass er auch Gedichte schreibt, die in der Lokalzeitung abgedruckt werden, die ihm wahrscheinlich wiederum selbst gehört … Also, ich würde vermuten, dass er viel darum gibt, nicht so alt zu wirken, wie er ist. Aber sobald er den Mund aufmacht, merkt man, dass er ein paar Dinge von sich gibt, die ein gewisses Alter voraussetzen.«
    Der Kommissar gibt sich mit der Antwort des Inspektors zufrieden. Für einen Moment vergisst er dessen Ohrring. Eine Hand am Hals rückt er sich einen Stuhl zurecht, um sich an den Kopf der Tafel zu setzen.
    »Verzeihen Sie, Berganza hatten Sie gesagt, nicht wahr?«
    »Jawohl, mein Herr … Berganza, bereits ein Leben lang …«
    »Gut, Berganza: Wenn es möglich wäre, würde ich gern etwas Heißes trinken, bevor wir weitermachen. Meine Stimme ist heute Morgen nicht ganz in Ordnung.«
    Der Inspektor geleitet den Zeugen mit der Narbe hinaus, bevor er in seiner Tasche nach Münzen sucht und seinem Assistenten zu verstehen gibt, dass er einen Kaffee für den Kommissar und Varela besorgen soll. Der Forensiker Prades lehnt dankend ab und fügt hinzu, dass er bereits literweise Kaffee getrunken habe. Als die drei Polizisten und der Mediziner unter sich sind, setzen sie sich an den Konferenztisch. Der Kommissar an den Kopf, Berganza links, Prades rechts. Varela bleibt hinter dem Kommissar stehen. Der erste, der das Wort ergreift, ist erneut Berganza, der sich seines schmuckvollen Ohrläppchens erinnert und hingebungsvoll daran herumfummelt:
    »Der Bericht ist noch nicht da, aber ich schätze mal, dass ich Ihnen morgen Vormittag eine Kopie zukommen lassen kann.«
    »Schicken Sie die lieber gleich in die Zentrale des Morddezernats, an Rodero. Der ist nur gerade nicht in der Stadt, deswegen bin ich für ihn hierher gekommen, aber er ist eigentlich zuständig. Trotzdem wäre ich Ihnen dankbar,
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