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Im Mond des Raben

Im Mond des Raben

Titel: Im Mond des Raben
Autoren: Lucy Monroe
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Höhle, doch Barr war viel zu perplex, um auch nur den kleinsten Laut von sich zu geben.
    Ein Drache mit Schuppen von so dunklem Scharlachrot, dass sie schon beinahe schwarz erschienen, warf den Kopf zurück und brüllte triumphierend, bevor er einen Feuerstrahl zur Decke hinauf spie.
    Alle in der Höhle wichen in einer Mischung aus Respekt und Furcht zurück, die sich allen schon durch ihren Geruch verriet. Nur Sabrine zeigte keine Angst, wie Barr bemerkte. Seine Kriegerprinzessin streckte die Hand aus, um das magische Wesen sogar zu berühren .
    Der Drache senkte den Kopf und stieß Sabrine mit der Schnauze an.
    Sie lachte laut. »Mein Bruder, du wirst der König sein, der unserem Volk die Rettung bringt.«
    »Mit seinen Verbündeten, den Faol, die gelernt haben, alles Leben zu achten und als seine Beschützer unter den Menschen zu leben.« Die Stimme der alten Frau schallte durch die Höhle und echote wie ein zweiter, noch kräftigerer Herzschlag durch Barrs Körper. »Taran-Gra Gealach wird die Éan in eine neue Epoche der Geschichte unseres Volkes führen.«
    So schnell, wie er die Gestalt eines Raben und dann die eines Drachen angenommen hatte, erschien der junge Mann wieder in seiner menschlichen Gestalt. Er ließ sich auf die Knie fallen und verneigte sich, um sich in der alten Chrechte-Sprache bei dem Schöpfer aller Dinge zu bedanken. Dann stieg er in das Becken auf der rechten Seite des Podiums, tauchte völlig unter und stand mit einem triumphierenden Schrei wieder auf.
    Seine Volljährigkeitszeremonie war vollendet.
    »Ein Gebrochener befindet sich hier unter uns«, verkündete die Priesterin mit ihrer vor Macht pulsierenden Stimme. »Ein Adler, dessen Seele die Schuld und Qual falscher Überzeugungen in sich trägt, die ihm das Herz zerrissen haben.«
    Lais schaute Barr in heller Panik an.
    »Hab keine Angst! Dies ist ein guter Ort, und dieser Frau liegt etwas an allen Éan.« Barr wusste, dass er die Wahrheit sagte, obwohl er Anya-Gra noch nie zuvor begegnet war.
    Lais nickte, wandte sich ab und trat langsam vor. Er wirkte so, als hätte die alte Frau ihn in ihren Bann geschlagen.
    Die Wachen waren zurückgewichen wie alle anderen, als Taran seine Drachengestalt angenommen hatte, doch nun traten sie wieder vor, als wollten sie Lais daran hindern, sich der Priesterin zu nähern. Aber dann machten sie ihm auf einmal wie auf einen direkten Befehl hin Platz, obwohl Barr von niemandem ein Wort gehört hatte.
    »Leg deine Hände auf den Clach Gealach Gra , junger Lais!«
    »Woher kennt Ihr mich?«, fragte er die Priesterin in ehrfurchtsvollem Ton.
    Die alte Frau lächelte, und Mitgefühl erschien in ihren Augen, die von der gleichen Farbe wie die ihrer Enkelin und von einer uralten Weisheit erfüllt waren, die Barr nur ehrfürchtig bewundern konnte. »Der Schöpfer weiß alles, und ich tue, was er mir befiehlt.«
    Ohne ein weiteres Wort zu Lais wies sie ihre beiden Enkelkinder an, wieder die Hände auf den Stein zu legen. »Raben werden das Herz heilen, das sie zu lange verunglimpfte.«
    Ein Aufschluchzen entrang sich Lais, doch er gehorchte.
    Zuerst war die Farbe um ihn herum fast schwarz, mit der Zeit jedoch wurde sie heller und heller, bis sie ein blasses Gelb erreichte. Das Gelb der Sonne.
    »Meine Hände sind heiß«, sagte Lais in einer Mischung aus Angst und Hoffnung.
    »Gefährte meiner Enkeltochter, komm hierher!«, verlangte Anya-Gra gebieterisch.
    Barr dachte nicht einmal daran, ihr den Gehorsam zu verweigern. Er trat vor und blieb weniger als einen Schritt von der Gruppe entfernt stehen.
    »Adler, leg deine Hände auf die Wunden, die du verursacht hast!«
    Lais drehte sich um und legte seine flachen Hände an die schlimmsten der tiefen Risse, die seine Krallen am Tag zuvor in Barrs Brust geschlagen hatten. Eine kribbelnde Hitze verlief an jeder der Wunden entlang, bis nichts anderes mehr geblieben war als die Hitze von Lais’ Händen.
    Barr blickte an sich herab und war nicht überrascht zu sehen, dass seine Brust nicht einmal Narben aufwies. Seit er Sabrine kannte, hatte er zu akzeptieren gelernt, dass Legenden etwas Wahres hatten und die Macht der Chrechten aus mehr bestand als ihrer vermehrten Kraft und den geschärften Sinnen, die ihnen von ihren Tiernaturen verliehen worden waren.
    Lais dagegen war nicht so schnell zu überzeugen. »Ich … aber ich dachte …«
    »Die Macht in der Höhle ist stärker, als sie in all meinen Jahren als spirituelle Führerin der Éan war. Unter diesen
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