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Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Im Licht von Apfelbäumen | Roman

Titel: Im Licht von Apfelbäumen | Roman
Autoren: Amanda Coplin
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des Baches befanden sich die Hütte und 1 , 2  Hektar Aprikosenbäume, seitlich der Hütte, rund um den Schuppen herum, 0 , 2  Hektar Pflaumenbäume. Auf der anderen Seite des Baches vor dem Eingang zum Canyon, fast eine Viertelmeile entfernt, gab es 3 , 6  Hektar Apfelbäume, im Canyon selbst noch einmal 4 , 8  Hektar.
    Die Männer halfen ihm, je nach Jahreszeit, bei der Pflege und Ernte, und dafür belog er die Behörden, die gelegentlich jemanden schickten, um sich nach den Männern und ihrem Treiben zu erkundigen. Pferdediebstahl, betonten die Behörden; doch Talmadge täuschte vollkommene Unschuld vor. Was die Männer im Bereich der Gesetzmäßigkeit taten oder nicht taten, ging ihn nichts an: Er bot ihnen einen Ort, wo sie ihr Lager aufschlagen konnten, und sie halfen ihm dafür bei seiner Arbeit, deren Umfang ihn allein überfordert hätte. Wenn die Masse an Früchten zur Erntezeit zu viel für ihn wurde, gab er den Männern etwas davon mit, damit sie es auf Auktionen und Märkten verkauften, und teilte den Gewinn mit ihnen.
    Nach dem Homestead Act von 1862 durfte er offiziell vierundsechzig Hektar Land erwerben, und das hatte er an seinem achtzehnten Geburtstag getan. Über die Jahre hatte er ringsum weiteres Land dazugekauft, sodass er schließlich mehr als hundertsechzig Hektar besaß. Den später erworbenen Grund bewirtschaftete er nicht, sondern beließ ihn als Wald.
    Er sagte es nicht so, doch für ihn beherbergte dieses Land seine Schwester. Also würde er es für sie bewahren, unberührt. Die Tatsache, dass so viel Raum da war, würde sie anlocken, wenn nicht körperlich, dann als Erscheinung: Vielleicht würde sie in seinen Träumen auftauchen und ihm erklären, was passiert war. Wo existierte sie, wenn nicht auf der Erde – gab es so einen Ort? Und falls es ihn gab, wollte er davon erfahren? Was war ein Ort, wenn nicht erdgebunden? Sein Verstand stockte. Er schenkte ihr Erde, um sie an jenem Ort, der keine hatte, zu nähren. Ein unendliches Geschenk, eine Geste, die ihm richtig schien und nie erwidert zu werden brauchte, denn auch für ihn war es ein Geschenk, von Land umgeben zu sein, von Stille und immer auch – aber wie konnte das sein, nach so langer Zeit? – von der Hoffnung, dass sie zwischen den Bäumen hervortreten könnte, eine Frau jetzt, aber seltsam gleich geblieben, um ihren Platz an diesem Ort wiedereinzunehmen.

    Drei Tage, nachdem die Mädchen in der Stadt aufgetaucht waren, machte er sich auf seinem Gehöft gerade in einem Aprikosenbaum zu schaffen, als er sie aus dem höher gelegenen Teil des Waldes kommen sah. Er ließ die Gartenschere sinken und beobachtete sie. Es war Morgen. Sie blieben am Waldrand stehen und kamen dann über die Weide herunter, ihre dunklen Haare wie Fahnen über dem Gras. Am Rand seines Gartens zögerten sie, diskutierten – worüber? – und blickten immer wieder zur Hütte und zum dahinter liegenden Land.
    Die Schere unter den Arm geklemmt, kletterte er vom Baum. Als er aus dem Aprikosengarten heraustrat, drehte sich die Größere von beiden – die mit dem geflochtenen Zopf über der Schulter – zu ihm um und erstarrte. Die andere – ihre Haare waren ebenfalls dunkel, aber struppig, wirr, ungekämmt – plapperte auf sie ein, verstummte jedoch jäh, als sie ihn näher kommen sah. Beide waren wachsam, umschwirrten mit den Blicken seine Schere. Ein gutes Stück von ihnen entfernt blieb er stehen.
    Habt ihr euch verlaufen?, rief er. Sie schauten weg, zu den Bäumen. Die Kleinere – Jüngere, wie er glaubte – hatte den Mund leicht geöffnet und keuchte leise. Ihre Gesichter waren völlig verdreckt. Selbst von Weitem konnte er sehen, dass ihre Arme von Schmutz verfärbt waren.
    Er ging quer über den Rasen zu seiner Hütte. Drinnen legte er die Schere auf den Tisch und ließ sich Zeit dabei, das heruntergebrannte Feuer in seinem Holzofen zu schüren. Als er wieder hinaustrat, waren sie weiter herangekommen, scheuten aber zurück, sobald er in der Tür erschien. Er nahm die Eimer, die gleich neben dem Eingang standen, und ging zum Bach, um Wasser zu holen. Auf dem Rückweg zur Hütte, den Hang hinauf, sah er, dass der Rasen leer war. Dann entdeckte er sie; er versuchte, sie nicht direkt zu fixieren. Sie lagen jetzt an der Grenze zwischen Rasen und hohem Gras, wo sie sich verborgen wähnten, und spähten zu ihm hinüber.
    In der Hütte entfachte er ein neues Feuer, machte aus Schrotmehl und Bachwasser dicke Pfannkuchen und briet sie über
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