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Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)

Titel: Im Licht des Vergessens: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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Der amüsierte Klang seiner Stimme ließ ihre Kehle staubtrocken werden. »Ich weiß, aber Vorschrift ist Vorschrift. Lassen Sie die Geiseln frei, Jerry.«
    »Ich will das Tagebuch sehen.«
    Sie behielt die Hand hinter ihrem Rücken. »Ich habe Wort gehalten, jetzt wird es Zeit, dass Sie ebenfalls Wort halten. Dann bin ich wieder dran.«
    Das Schloss klickte, und die Tür ging auf. Menschen rannten, ja stolperten weinend und schreiend hinaus. »Nicht schießen!« Polizisten in kugelsicheren Westen eilten herbei, um sie zu packen und in Sicherheit zu bringen.
    Aus den Augenwinkeln sah Phoebe Ma Bee und schickte ein kurzes Dankgebet gen Himmel.
    Duncans Mutter war in Sicherheit.
    »Meine Schwiegertochter ist immer noch da drin«, rief Ma. »Er versteckt sich hinter ihr, versteckt sich hinter den anderen. Er hat Zünder. Er hat zwei Zünder.«
    Das Gebet erstarb in ihrer Kehle. Sie sah, wie eine Frau mit weit aufgerissenen Augen herauskam und die Tür wieder zugemacht wurde.
    »Drei Geiseln. Zeig mir das Tagebuch.«
    »Gut, Jerry. Das Spezialeinsatzkommando muss die Zivilisten erst aus der inneren Absperrung bringen. Erledigt.« Sie zog das Buch hinter ihrem Rücken hervor. »Ich habe Angelas Tagebuch.«
    »Mach es auf. Mach es auf, und lies mir vor. Das kann alles Mögliche sein.«
    »Ich brauche drei weitere Geiseln.« Und obwohl es gegen ihre innersten Überzeugungen verstieß, befolgte sie die Vorschriften. »Dazu muss auch der Verletzte gehören, Jerry.«
    »Scheiß drauf, der Kerl bleibt hier, genau wie die anderen. Willst du ihn sehen, Phoebe?«
    Sie sah die Bewegung, und Arnie stolperte nach vorn, als ob er geschubst worden wäre. Sein Gesicht war grau, das Blut darauf schwarz getrocknet. Genau wie bei Roy war auch sein Rumpf mit einer Bombe präpariert.
    Durch die Glasscheibe erkannte Phoebe seine blau geschlagenen Augen, und ihre Blicke trafen sich.
    »Du liest mir vor, oder ich spreng ihn in die Luft. Das wird auch andere mitreißen und viele schwer verletzen. Aber was soll’s, ich werde die große Bombe ebenfalls hochgehen lassen, und dann fliegt alles in die Luft. Du liest mir jetzt daraus vor, oder alles ist vorbei. Es gibt keine weiteren Verhandlungen mehr.«
    Sie öffnete das Buch und starrte auf die leeren Seiten. Verliebte Frauen, dachte sie, sprechen alle dieselbe Sprache. Also horchte sie in ihr eigenes Herz hinein.
    »Endlich weiß ich, was Liebe ist. Wie konnte ich vor ihm nur denken, ich wüsste, was Liebe ist? Alles, was vorher war, ist verblasst und wertlos. Aber jetzt, wo ich weiß, was Liebe ist, fängt die Welt erst an zu strahlen und wird lebendig für mich. Durch ihn fühle ich mich erst richtig lebendig.« Sie schloss das Buch. »Schicken Sie drei Leute raus, Jerry, und ich lese weiter.«
    »Hier kommt niemand mehr raus! Niemand mehr. Du liest mir vor, was sie geschrieben hat. Ich will, dass du gefilmt wirst, während du liest, was sie geschrieben hat.«
    »Jerry …«
    »Verdammte Scheiße!« Er schrie so laut, dass seine Wut Phoebes gesamten Kopf ausfüllte. »Du liest, was sie geschrieben hat, und danach gibst du deine Erklärung ab. Du liest jetzt weiter, jetzt sofort, oder ich such mir eine Geisel aus und bring sie um.«
    Phoebe trat einen Schritt nach vorne und bekam über ihren Kopfhörer mit scharfer Stimme den Befehl, stehen zu bleiben. Hinter Arnie konnte sie einen Teil der Geiseln erkennen. Dazu gehörte auch Loo. Ist die groß, dachte Phoebe. Und diese tollen Haare. Was für ein fantastischer Schutzschild.
    »Ich les Ihnen vor, Jerry.«
    »Ich will die Rose sehen. Die Rose, die sie zwischen die Seiten gelegt hat.« Er weinte. Er war verloren. »Wenn du mich noch einmal um eine verdammte Geisel bittest, bring ich eine um, verstanden? Wenn du mich um eine weitere Geisel bittest, greife ich eine heraus und schieß ihr in den Hinterkopf. Zeig mir das Tagebuch, lies mir vor, und erzähl aller Welt, wie du meinen Engel umgebracht hast. Danach ist es vorbei. Dann ist es vorbei.«
    Der Tod, nach dem er sich genauso sehnte wie nach seiner Geliebten, schwang schon in seiner Stimme mit. Und sie wusste, dass er vierzehn Menschen mit in den Tod reißen würde.
    Mit festem Blick drehte sie das Buch in ihren Händen und blätterte die Seiten durch. »Sie hat Ihre Rose aufbewahrt.«
    »Ich seh sie nicht.«
    »Ich halte sie hoch. Ich tu, was Sie wollen. Aber ich kann nicht näher kommen, man lässt mich nicht.«
    »Zwei Schritte nach vorn. Alle machen zwei Schritte nach vorn. Halt sie hoch,
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