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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt.
Autoren: Brigitte Nielsen
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etwas Wichtiges über die Gesellschaft aus, andererseits haben sie auch etwas Befreiendes an sich. Draußen stand die Sonne hoch an einem wolkenlosen Himmel. Die Wellen schlugen an den Strand, und der Wind strich sanft durchs Laub. Die Füße im Sand, ein großes Glas eisgekühlte Cola ohne einen Tropfen Rum darin, lag ich auf einem Badetuch. Es fiel mir nicht besonders schwer, um den Alkohol einen großen Bogen zu machen.
    Mattia spielte mit den Kindern im Wasser. Sie alberten herum und lachten miteinander, während sie sich nachjagten. Ich war stolz darauf, immer noch Teil ihrer Welt zu sein. Wenn ich früher betrunken war, merkte ich nicht einmal, wie die Jahreszeiten wechselten und wie die Vögel hoch am Himmel flogen, so wie ich es als Kind beobachtet hatte. An diesem Tag am Strand von Jamaika hatte ich das Gefühl, alles völlig neu wahrzunehmen und zu empfinden.
    Mattia und ich hatten die Kinder vom Miami International, dem drittgrößten Flughafen der USA, abgeholt. Ich sah Killian, Douglas und Raoulino zum ersten Mal in diesem Jahr, und konnte mich nicht erinnern, mich jemals so auf sie gefreut zu haben. Meine Begeisterung sprudelte fast über. Seit ihr Vater in Mailand lebte, war dies nicht das erste Mal, dass ich sie an einem Flughafen in Empfang nahm, und es sollte auch nicht das letzte Mal sein, doch ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal wirklich Gitte gewesen war. Ich konnte es kaum erwarten, bis die Jungen ihre neue, nüchterne Mutter sahen. Gewöhnlich hatte ich sie vier oder fünf Mal im Jahr sehen können, zu Ostern, einen Monat in der Ferienzeit, zu Weihnachten und zusätzlich immer, wenn ich in Europa war. Es war ein gutes Arrangement. Diesmal hatte es nur länger gedauert, weil ich das Jahr brauchte, um vom Alkohol loszukommen.
    Wir wollten unsere Ferien in einem Strandbungalow in Jamaika verbringen, ein Haus, das einer guten Freundin von mir gehörte. Wir wollten zwei Wochen lang schwimmen, reden, und Spaß miteinander haben – woraus am Ende vier Wochen wurden. Endlich einmal stand nicht gleich wieder etwas auf dem Programm. Wir wären einfach nur eine Familie.
    »Wir warten hier jetzt schon seit Stunden!«, sagte ich zu Mattia. »Ich halte es kaum noch aus.«
    »Sie sind in fünf Minuten da«, sagte er und hatte damit recht. »Da kamen sie durch die Passkontrolle gerannt, die, wie immer in den USA, ewig gedauert hatte. Sie waren so groß geworden und einfach prächtige Kinder; es war wundervoll. Vor Freude stieß ich einen spitzen Schrei aus, und wie in einem alten, sentimentalen Film, rannten wir aufeinander zu. Sie hatten ihre Rucksäcke auf und kamen mir sehr erwachsen vor. Sie sind alle Riesen geworden – Killian war mit neunzehn ein paar Kopf größer als ich, wie er gerne betonte. Mein anderer Sohn Julian war fünfundzwanzig und pendelte zwischen Kopenhagen und London. Es wäre wundervoll gewesen, ihn in Jamaika bei uns zu haben, doch wir würden auch so eine wundervolle Zeit miteinander verbringen.
    »Wir lieben dich, Mummy!« Sie waren so glücklich wie ich darüber, dass der Alkohol nicht mehr zwischen uns stand, und wir schnatterten aufgeregt drauf los. Douglas und Raoulino waren den Tränen nahe, denn sie wussten alle, wie wichtig das für uns war. Ich erkannte mich aus jüngeren Jahren in ihnen wieder und endlich konnte ich aktiv an ihrem Leben teilhaben. Ich freute mich darauf, am Strand mit ihnen zu spielen, ihnen Essen zu kochen und sie morgens zu wecken.
    In der Entzugsklinik hatte ich nicht nur mich gerettet. Jedes Kind auf der Welt verdient Eltern, die immer für es da sind, an seiner Seite stehen und es inspirieren. Wäre ich dazu nicht in der Lage gewesen, hätte es eine bleibende Narbe auf meiner Seele gelassen. Ich hoffe und glaube, dass meine Kehrtwende rechtzeitig kam.

    In meinem Leben bin ich schon oft mit knapper Not davongekommen; daran musste ich denken, als ich mit Mattia nach Miami flog. Wir waren gerade in Großbritannien gewesen, wo ich bei einer Produktion, die in wenigen Tagen fertig gefilmt war, typisch für die Engagements, mit denen ich in dieser Zeit mein Geld verdiente, eine Puffmutter spielte. Auf dem Heimflug musste ich an das Ticket denken, das ich für den Pan-Am-Flug 103 von London nach New York für den 21. Dezember 1988 gebucht hatte. Ich änderte die Reservierung im letzten Moment, und so entkam ich jenem Flugzeug, das über Lockerbie zerfetzt wurde. Dann wiederum sollte ich am 8. Oktober 2001 mit der SAS, Flug 686, von
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