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Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Im Leben wird dir nichts geschenkt.

Titel: Im Leben wird dir nichts geschenkt.
Autoren: Brigitte Nielsen
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niemand, dass sie nichts tranken, doch wenigstens hätten sie es lassen können, mich in Versuchung zu verführen. Andererseits konnte man in den USA wesentlich offener darüber sprechen, einen Entzug hinter sich zu haben. Im Unterschied zu Europa waren Promis in den Staaten eher stolz darauf, es geschafft zu haben. Ebenso wenig schämten sie sich, wenn sie doch wieder schwach wurden und noch einmal von vorne beginnen mussten – einige amerikanische Stars gehen seit Jahren in den Kliniken ein und aus. In Italien wiederum würde man das Glas Wein um elf Uhr vormittags eher unbeschwert genießen, als sich zu fragen, ob einen das zum Alkoholiker machte.
    The Comedy Roast schien eine Ewigkeit zu dauern und den ganzen Abend hindurch hatten alle in der Runde einen Drink in der Hand. Snoop rauchte sogar Joints auf der Bühne, was am nächsten Tag in der Presse für einige Kontroversen sorgte. Doch ich hatte mit meiner Limonade einen vergnüglichen Abend, auch wenn mir dabei klar wurde, wie oft mir solche Situationen im Alltag noch bevorstehen würden. In jenen ersten Tagen hatte ich wirklich Angst, nicht immer stark genug zu sein und nein zu sagen. Am nächsten Wochenende beschloss ich, noch einmal in die Klinik zu gehen, da mir dämmerte, dass ich noch nicht so weit war, mich wieder voll und ganz dem Alltag zu stellen.
    Genau in dieser Woche erfuhr ich von meinem Agenten, der Sender VH1 plane eine Realityshow mit dem Titel Celebrity Rehab , Promi-Entzug. Ich würde von Dr. Drew Pinsky behandelt werden, einem der führenden Spezialisten auf dem Gebiet von Drogenmissbrauch, und dafür auch noch bezahlt. Es war die perfekte Gelegenheit. Es kümmerte mich nicht im Mindesten, dass meine Genesung aufgezeichnet würde, schließlich hatte ich so viel Zeit meines Lebens vor der Kamera verbracht. Immerhin hatte ich mich schon einmal in einer Realityshow vor dem Fernsehpublikum betrunken und mich wie ein Idiot benommen, und so war ich mehr als bereit, den Zuschauern diesmal mit gutem Beispiel voranzugehen. Es gab Skeptiker, die der Meinung waren, der Erfolg der Anonymen Alkoholiker hänge an der Privatsphäre, doch ich hielt diese Bedenken in meinem Fall für unbegründet. Viel mehr glaubte ich leidenschaftlich daran, dass man aller Welt die Chancen vor Augen führen sollte. Genau so, wie man zur Abschreckung im Fernsehen die schrecklichen Auswirkungen von Kriegen zeigt, so konnte man auch den Heilungsprozess von Suchtkranken demonstrieren. Die Botschaft lautet schlicht und einfach: »So sieht das verdammt nochmal aus, begreift das endlich.«
    Innerhalb weniger Tage waren die Verträge unter Dach und Fach, und ich konnte mein Glück nicht fassen, als ich aus eigenem Antrieb und zu meinen Bedingungen die Behandlung wieder aufnehmen konnte. Ich sollte in der Show die einzige Teilnehmerin mit Entzugserfahrung sein, und ich war die Einzige, die nüchtern vor die Kamera trat; an sich entsprach das nicht dem Konzept, und so fragten sie mich, ob ich mich bei meinem ersten Auftritt nicht ein wenig benebelt geben könne, womit ich keine Probleme hatte. Irgendwie machte die ganze Sache sogar Spaß, und obwohl ich mich ernsthaft darum bemühte, meinen Alkoholismus zu analysieren und zu bekämpfen, war die Show wesentlich milder als alles, was ich im realen Leben durchgemacht hatte. Die Alkoholikerin, zu der ich geworden war, wich endlich der Frau, die ich erst jetzt allmählich kennenlerne.
    Das Programm wurde in einem Flügel einer echten Klinik namens Pasadena Recovery Center gedreht und nicht in einem Studio. Nur durch eine Wand von mir getrennt musste dieselbe Mischung echter Patienten untergebracht sein, zu der ich selbst erst vor Kurzem gehört hatte. Anders als dort durften wir jeden Tag anderthalb Stunden lang telefonieren, und wir konnten uns unser eigenes Essen bringen lassen. Wir bekamen keine täglichen Aufgaben zugeteilt, und wir wussten, dass draußen eine Welt auf uns wartete, in der wir unseren Platz hatten. Auch wenn wir alle wenig beneidenswerte Erfahrungen hinter uns hatten, konnten wir zugleich jeweils auf eine berufliche Karriere zurückgreifen wie auch auf ein soziales Netzwerk, das uns hinterher auffangen würde, statt wie die Mädchen in LA, deren trostlose Situation mich so betroffen gemacht hatte, ganz auf uns selbst gestellt zu sein.
    Ich teilte mir ein Zimmer mit Chyna, einer Schauspielerin, die früher einmal Profi-Wrestlerin gewesen war. Sie war in den Staaten nicht nur bekannt, sondern mit ihrem muskulösen Typ
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