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Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Im Land des Falkengottes. Tutanchamun

Titel: Im Land des Falkengottes. Tutanchamun
Autoren: Andreas Schramek
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lässt, wirst du es ihm nicht sagen, weil du es nicht weißt. Ich verrate dir nur so viel, dass die drei für eine Weile Gäste im Stadtpalast von Waset sein werden.»
    Zehn Tage später wurden die Gräber Echnatons und Nofretetes geöffnet und ihre Mumien ausgetauscht. Ich ließ die Leiber der beiden in einfache Särge legen und in den Stadtpalast bringen, wo sie in einem Nebenraum der Schatzkammer neben dem falschen Eje ihre vorläufige Ruhe fanden.
     
    Ich hatte in den zwei Jahren, während deren ich jetzt über Ägypten herrschte, mit den Priestern des Amun meinen leidlichen Frieden geschlossen. Sie konnten sich wohl kaum vorstellen, dass der einst so verhasste Eje regelmäßig in das Heiligtum von Ipet-sut kommen würde, um dort die vorgeschriebenen Riten zu vollziehen.
    Es war heiß, als ich an diesem Tag in den Tempel ging. Aber ich hatte die Hitze ein Leben lang geliebt. Im Vorraum des Allerheiligsten hockte wie sooft ein kleiner, uralter Priester vor einer Statue des Verborgenen. Und wie sooft schenkte ich ihm auch diesmal nicht mehr Beachtung, als dass ich ihn wahrnahm.
    Ich betrat das Innerste des Tempels, holte die goldene Figur Amuns aus dem Schrein, wusch sie, opferte Weihrauch und stellte sie zurück an ihren Platz. Ich sprach ein Gebet und verschloss den Schrein. Dann nahm ich Krummstab und Geißel und verließ das Allerheiligste.
    «Bist du nun endlich in den Schoß Amuns zurückgekehrt?», sagte der alte Priester mit der krächzenden Stimme eines Raben, nachdem ich an ihm schon vorbeigegangen war. Welche Anmaßung dieses bedeutungslosen und uralten Vorlesepriesters, dachte ich bei mir und ging bereits weiter, ohne mich nach ihm umgedreht zu haben. Aber eine fremde, unbekannte Macht, eine namenlose Ahnung, ließ mich innehalten. Dann drehte ich mich um. Ich trat näher an ihn heran, um sein Gesicht erkennenzu können. Im Lichtschein eines Kerzenleuchters sah ich, dass er viele Jahre älter war als ich.
    «Wer bist du?», fragte ich ihn knapp und besah ihn mir noch einmal genau.
    «Das Äußere eines über Hundertjährigen hilft dir nicht weiter, Eje. Nur mein Name wird dir vielleicht noch in Erinnerung geblieben sein.»
    Wenn er sprach, bildeten sich in seinen Mundwinkeln klebrige, weiße Fäden, und in seinem Mund sah ich nicht mehr als fünf oder sechs braune, brüchige Zähne. Wie ein Blitz zuckte mir ein Name durch den Kopf, und dennoch wollte ich nicht wahrhaben, was ich dachte. «Ramose?», sprach ich den Namen des mir einst so verhassten Priesters aus, den Echnaton verbannt und von dem ich stets geglaubt hatte, er wäre seit vielen Jahren tot.
    «Ja, Ramose!», krächzte er leise zurück. «Du hast mich längst tot geglaubt. Doch wie du siehst, lebt Ramose noch immer. Ich habe sie alle überlebt, habe alles, was man mir angetan hat, überstanden.»
    Die Überheblichkeit, mit der er mich ansprach, machte mich schon jetzt rasend vor Wut.
    «Es wäre besser gewesen, Hyänen hätten dich zerfetzt und Schakale hätten deine Knochen abgenagt. Dass ich dich noch einmal sehen muss!» Der Anblick des Alten widerte mich an und jagte mir einen Schauer über den Rücken.
    «Quält dich nicht seit so vielen Jahren die Neugier, Eje? Und jetzt, wo du sie befriedigen könntest, verwünschst du mich aufs Neue?», keifte er, und ich sah, wie die Fäden in seinen Mundwinkeln dicker und klebriger wurden.
    «Welche Neugier könnte mich schon quälen, damit ich bereit wäre, deinen Anblick zu ertragen?»
    «Die Neugier über das Ende deines Vetters Anen?»
    «Dazu bedarf es keines Ramose. Dass ihr meinen Vetter als vermeintlichen Verräter ermordet und Nimuria als Warnung vor die Augen geworfen habt, wusste ich schon am Tag seinesTodes. Und dass ihr die kleine Isis ermordet habt sowie den unbekannten Mann im Tempel der Hatschepsut, kann ich mir auch ohne deine Hilfe zusammenreimen. Wie nimmst du dich wichtig, Ramose!»
    «Die kleine Isis», krächzte er aufs Neue und verzerrte im Lachen sein Gesicht zu einer entsetzlichen Fratze. «Sie sollte dich eigentlich umbringen. Stattdessen kommt das dumme Stück angelaufen und fleht für dich um Gnade, weil sie sich in dich verliebt hat! Törichtes Weib!»
    Jetzt hatte er doch meine Neugier geweckt, denn es gab in der Tat noch einiges, worauf ich mir nie einen Reim machen konnte.
    «Und Thutmosis? Prinz Thutmosis?», fragte ich leise. «Hast du etwa auch ihn ermorden lassen?»
    Er öffnete und schloss ein paar Mal den Mund, ohne dabei zu reden, und leckte sich mit der
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