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Im Land des Eukalyptusbaums Roman

Titel: Im Land des Eukalyptusbaums Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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verfügten über überdachte Veranden zum Schutz vor der sengenden Hitze. Wenn man aus der gepflegten Londoner Innenstadt mit ihren exakt gestuften Reihenhäusern kam, wirkte Maryborough sehr abgelegen und ländlich. Der Bahnhof bestand aus einer einzigen Holzbank auf einem schmalen Bahnsteig; sonst war weit und breit nichts zu sehen. Tickets mußten in einem überfüllten Kaufladen an der Hauptstraße besorgt werden, einem Bretterbau, wo alles Mögliche und Unmögliche feilgeboten wurde.
    Die Zugfahrt nach Winton gestaltete sich überraschend angenehm. Allerdings mußten die Abteilfenster offenbleiben, denn je weiter sie nach Norden kamen, desto größer wurde die Hitze. Der Schaffner warnte Nola, daß der australische Sommer noch bevorstehe – dann erst würde das Klima nahezu unerträglich, besonders im Gulf Country mit seiner hohen Luftfeuchtigkeit.
    »Wenn diejenigen damit fertig werden, die dort wohnen, bringt es mich auch nicht um«, versetzte Nola zuversichtlich. Der Schaffner zog die Augenbrauen hoch.Wieso gaben sich Neulinge immer so optimistisch? Sie redeten jedoch anders, wenn sie die Rückreise antraten – was seiner Erfahrung nach bei den meisten nie allzu lange dauerte.
    In der bequemen Abgeschiedenheit ihres Erste-Klasse-Abteils, das Langford Reinhart ihr gewährt hatte, konnte Nola die vorüberziehende Landschaft betrachten. Als geradezu fürchterlich empfand sie diese endlose Ödnis. Jetzt waren sie schon Hunderte von Kilometern durch menschenleeres Gebiet gereist; nur ab und zu sah man ein paar Siedlungen. Für deren Einwohner war der vorüberfahrende Zug eine Sensation. Sie standen auf den Bahnsteigen, neugierig und aufgeregt, und schwatzten in ihrem australischen Akzent lebhaft durcheinander. Die Männer – gebeugt, mit breiten Schultern – rauchten meist Pfeife, die Frauen trugen merkwürdig anmutende Hüte und wirkten unerschütterlich. Ihre Haut war gebräunt und schien leicht gegerbt. Von den Lagerfeuern stieg Rauch empor, der nach verbrannten Eukalyptusblättern duftete. Alles war so neu, aufregend und verlockend.
    An beiden Abenden ihrer Zugfahrt nahm Nola das Abendessen mit Reverend Turpin und dessen Familie ein, doch der Reverend wirkte sehr nervös. Jeder Versuch Nolas, seine Laune aufzubessern, schien alles zu verschlimmern. Mehrmals hätte er sich, als sie sich beim Essen – nach Nolas Ansicht – ganz normal unterhielten, fast verschluckt und daraufhin jeden weiteren Bissen verweigert. Seine Ehefrau Minerva wirkte auf Nola hektisch und erinnerte an ein Wiesel. Nolas Humor schätzte sie nicht, dafür kicherten die Kinder ständig. Als Nola ihre Besorgnis wegen des Reverends vorbrachte, behaupteteseine Frau im Flüsterton, er vertrüge das Essen im Speisewagen nicht. Auf sie traf das offensichtlich nicht zu. Sie aß sehr große Portionen, als müsse sie die fehlenden Mahlzeiten während ihrer Seekrankheit aufholen.

    Am Ende der Bahnstrecke in Winton mußte Nola der Familie Turpin Lebewohl sagen. Ihr entging nicht, wie erleichtert der Reverend darüber war, endlich angekommen zu sein, doch Nola freute sich ebenfalls. Sie verbrachte eine Nacht im Hotel, bevor sie ihre Reise nach Julia Creek mit der Postkutsche fortsetzte, wo sie von einem Angestellten der Reinhart-Farm abgeholt werden sollte.
    Das Zimmer im Hotel von Winton war annehmbar für ein sogenanntes ›Buschhotel‹. Zum Abendessen durfte Nola zwischen Lammkoteletts und Rumpsteak wählen. Angesichts der Größe der Steaks entschied sie sich für die Koteletts. Zwar hatte Nola für eine Frau sowieso schon einen gesegneten Appetit, doch diese Mahlzeit konnte selbst sie nicht bewältigen. Die anderen Gäste hingegen schienen keine Schwierigkeiten damit zu haben. Sie warf der Kellnerin einen fragenden Blick zu. »Hier draußen müssen Sie ein Pferd aufessen, wenn es nottut, Miss!« erklärte sie. Nola zog eine Grimasse, sie war nicht ganz sicher, ob die Frau das wörtlich meinte. Merkwürdig war auch die Gewohnheit der Hiesigen, zu jeder Mahlzeit Unmengen von schwarzem Tee zu trinken.
    Die Stadt war klein und beherbergte eine schlichte Kirche, die jetzt in der Obhut von Reverend Turpin lag, einen Lebensmittelladen, der an den in Maryborough erinnerte, sowie eine Schmiede. Fünf schmale Häuserwaren an der Hauptstraße zu erkennen. Daher war Nola sehr überrascht, als sie von Phoebe Pillar, der Zimmerwirtin, erfuhr, daß der Ort einhundertdreißig Einwohner haben sollte.
    »Aber wo sind die alle?« wollte Nola wissen.
    »Die
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