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Im Land des Eukalyptusbaums Roman

Titel: Im Land des Eukalyptusbaums Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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die Hafenarbeiter mit ihren Hunden die Schafherde auf die Rampe dirigierten. Ebenso begeistert war sie vom Entladen der Schafe in Sydney gewesen, wo sie die Reise nach Norden angetreten hatte.
    Der Reverend räusperte sich geräuschvoll. »Verzeihen Sie, Miss Grayson!«
    Nola fuhr herum. Obwohl sie als Passagiere desselben Dampfers aus England gekommen waren – der Louisa May , zusammen mit Hunderten anderer Emigranten –, hatten sie einander unterwegs kaum gesehen. Er hatte die meiste Zeit unter Deck verbracht, wo er sich um seine Frau kümmerte, die, wie es hieß, entsetzlich unter Seekrankheit litt.
    »Sie beladen gerade die Kutsche, die uns nachher zur Bahnstation bringen soll.«
    Nola nahm das Taschentuch von Nase und Mund. »Danke, Reverend Turpin. Ich kann es kaum abwarten,daß es endlich weitergeht. Diese Hunde sind zwar entzückend, aber der von den Schafen aufgewirbelte Staub verstopft mir Hals und Lunge!«
    »Kein Wunder. Und dann auch noch die Fliegen! Meine Frau hat eine sehr empfindliche Konstitution; von dem Geruch der Tiere wird ihr übel. Sie hat mit den Kindern bereits Zuflucht in der Kutsche gesucht.« Während er sprach, tupfte er sich den Schweiß von Stirn und Nacken. »Aber das Herdenvieh, die Fliegen und der Staub sind noch das kleinere Übel, verglichen mit dem hiesigen Klima. Immer so schwül und feucht ...«
    »Wenn Sie darauf bestehen, in diesen Breitengraden Ihre Kutte zu tragen, sollten Sie die Unterwäsche weglassen, Reverend. Es wird sicher keinem auffallen!«
    Der Reverend schaute Nola verblüfft an, und die Farbe wich aus seinem Gesicht. Nola schwenkte den Saum ihres Kleides vor und zurück, um sich den Unterleib zu fächeln, was der Reverend für höchst anstößig und wenig damenhaft hielt. Er wandte den Blick ab und murmelte ein Gebet für sie.
    »In diesen Breitengraden müssen wir uns auf das Praktische besinnen«, belehrte ihn Nola und sah den beiden breitschultrigen, untersetzten Männern in löchrigen Westen und Hosen zu, die ihr Gepäck aufnahmen. Seekiste und Kleiderkoffer überließ sie ihnen, aber ihren Handkoffer wollte sie lieber selbst tragen.
    »Schnürleibchen und Büstenhalter habe ich noch nie gemocht, aber Petticoats kommen bei dieser Hitze sicher nicht in Frage. Die Eingeborenen gehen fast splitternackt, habe ich mir sagen lassen. Nicht, daß wir uns ein Vorbild daran nehmen sollen, aber – andere Länder, andere Sitten!«
    Die Männer, die offenbar etwas aufgeschnappt hatten von dem, was Nola vorbrachte, warfen dem nun errötenden Reverend neugierige Blicke zu. Verzweifelt bemühte er sich, das Thema zu wechseln. »Wie, äh ... wie weit reisen Sie noch, Miss Grayson?«
    »In das Gulf Country, Reverend. Das liegt am anderen Ende der Postkutschenstrecke, glaube ich. Und Sie?«
    »Bis Winton.« Sie gingen jetzt nebeneinander; die Träger folgten ihnen mit Nolas Gepäck.
    »Dann brauchen Sie wenigstens nicht umzusteigen«, seufzte sie. »Soviel ich weiß, liegt Winton an der Bahnstrecke.« Nola musterte den Reverend, den sie um Haupteslänge überragte. »Ich fürchte, von dort aus sind es für mich noch zwei Tagesreisen mit der Kutsche. Trotzdem freue ich mich, endlich die Landschaft zu sehen. Wie wäre es, wenn wir uns im Speisewagen verabreden und gemeinsam den Abend verbringen?«
    Der Pfarrer machte große Augen, und er verspürte ein leichtes Flattern in der Brust. Als Nola hellauf lachte, verwandelte sich seine Bestürzung in Unmut.
    »Aber, aber, Reverend – ich wollte Ihnen keinen unsittlichen Antrag machen. Ich dachte nur, wir könnten zusammen zu Abend essen. Mit Ihrer Familie, versteht sich.«
    »Natürlich. Ich, äh ... ich dachte bloß ... meine Kinder lenken Sie nur von der Aussicht ab und vom Essen, Miss Grayson. Sie können sehr ungezogen sein, wissen Sie!«
    »Ich bin Lehrerin, Reverend. Mit Kindern komme ich hervorragend zurecht.«
    »Verstehe ...« Der Pfarrer grinste schwach und beteteerneut, diesmal darum, daß Nola seiner Frau nicht vorschlagen würde, die Unterwäsche auszuziehen. Womöglich würde sie der Schlag treffen!

    Während sie auf dem Weg zum Bahnhof das Städtchen Maryborough durchquerten, staunte Nola über die vielen klapprigen Pferdekutschen, die neben schicken Einspännern durch die Straßen schaukelten. Mehr noch überraschte sie, daß Ochsenfuhrwerke erlaubt waren. Schaf- und Rinderherden trabten zwischen den Häusern, von hektisch bellenden Hunden begleitet, und wirbelten Staubwolken auf. Die Gebäude waren aus Holz und
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