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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose
Autoren: Sarah Lark
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Zielscheibe seiner Streiche geworden war. Und jetzt... Irgendwann
in den letzten Monaten hatte Paul herausgefunden, dass er Marama
liebte. Irgendwann, als er feststellte, dass sie ihn nicht gängelte,
ihn nicht kritisierte, dass sie keinen Abscheu überwinden
musste, wenn sie ihn ansah. Marama hatte ihm selbstverständlich
geholfen, einen guten Lagerplatz zu finden. Weit weg von den
Canterbury Plains, in dem neu entdeckten Landstrich, den sie die
McKenzie Highlands nannten. Für die Maoris war er allerdings
nicht neu, erklärte Marama. Sie war mit ihrem Stamm einmal hier
gewesen – schon als kleines Kind.
    Â»Weißt du nicht mehr, wie du geweint hast, Paul?«,
fragte Marama nun mit ihrer singenden Stimme. »Wir waren doch
bis dahin immer zusammen gewesen, und du hast Kiri ›Mutter‹
genannt, genau wie ich. Aber dann war die Ernte schlecht, und Mr.
Warden trank immer mehr und hatte Wutanfälle. Viele Männer
mochten nicht für ihn arbeiten, und es war auch noch lange hin
bis zur Schur ...«
    Paul nickte. Gwyneira pflegte den Maoris in solchen Jahren einen
Vorschuss zu geben, um sie bis zu den arbeitsreichen Monaten im
Frühjahr bei sich zu halten. Das war allerdings ein Risiko: Ein
Teil der Männer blieb zwar und erinnerte sich später auch
an das gezahlte Geld; ein anderer Teil aber nahm das Geld und
verschwand, und wieder andere hatten die Vorauszahlung nach der Schur
vergessen und forderten mit rüden Worten das volle Gehalt.
Gerald und Paul hatten sich deshalb in den letzten Jahren nicht
darauf eingelassen. Sollten die Maoris ruhig wandern. Bis zur Schur
würden sie schon zurück sein, und wenn nicht, fanden sich
andere Aushilfen. Daran, dass er selbst einmal Opfer dieser Politik
geworden war, erinnerte Paul sich nicht.
    Â»Kiri hat dich deiner Mutter in den Arm gegeben, aber du
hast nur geweint und geschrien. Und deine Mutter sagte, von ihr aus
könnten wir dich mitnehmen, und Mr. Gerald hat sie deshalb
beschimpft. Ich weiß das auch nicht mehr alles, Paul, aber Kiri
hat es mir später erzählt. Sie sagt, du hast uns immer übel
genommen, dass wir dich zurückließen.Aber was konnte sie
denn tun? Miss Gwyn hat das sicher auch nicht so gemeint, sie hatte
dich doch lieb.«
    Â»Sie hat mich nie gemocht!«, meinte Paul hart.
    Marama schüttelte den Kopf. »Nein. Ihr wart nur zwei
Bäche, die nicht zusammenfließen. Vielleicht findet ihr
euch ja eines Tages.Alle Bäche fließen zum Meer.«
    Paul wollte nur ein primitives Lager aufschlagen, aber Marama
wünschte sich ein richtiges Haus.
    Â»Wir haben doch sonst nichts zu tun, Paul!«, sagte sie
gelassen. »Und du musst bestimmt länger wegbleiben. Warum
sollten wir da frieren?«
    Also fällte Paul ein paar Bäume – eineAxt fand
sich in den schweren Satteltaschen, die Maramas Maultier schleppte.
Er zog sie mit Hilfe des geduldigen Mulis auf eine Ebene an einem
Bachlauf. Marama hatte die Stelle ausgewählt, weil gleich
daneben mehrere gewaltige Felsen aus dem Boden ragten. Die Geister
wären hier glücklich, behauptete sie. Und glückliche
Geister seien auch neuen Siedlern gewogen. Sie bat Paul, ein paar
Schnitzereien an ihrem Haus vorzunehmen, damit es schön aussah
und papa sich dadurch nicht beleidigt fühlte.Als es endlich
ihren Vorstellungen entsprach, führte sie Paul feierlich in den
relativ großen, leeren Innenraum.
    Â»Jetzt nehme ich dich zum Mann!«, verkündete sie
ernst. »Ich liege dir bei in einem Schlafhaus – auch wenn
der Stamm jetzt nicht zugegen ist. Ein paar unserer Ahnen werden
schon da sein, um es zu bezeugen. Ich, Marama, Nachkomme derer, die
mit der uruao nach Aotearoa gekommen sind, will dich, Paul Warden! So
sagt man bei euch, nicht wahr?«
    Â»Es ist schon noch ein bisschen komplizierter...«,
meinte Paul. Er wusste nicht recht, was er davon halten sollte,aber
Marama war heute wunderschön.Sie trug ein buntes Stirnband,
hatte sich eine Decke um die Hüften gewunden, und ihre Brüste
waren entblößt. Paul hatte sie nie so gesehen; im Haus der
Wardens und in der Schule trug sie stets züchtige, westliche
Kleidung. Jetzt aber stand sie hier vor ihm, halb nackt, mit
glänzender, hellbrauner Haut, sanfte Glut in den Augen –
und sie sah ihn an, wie papa zu rangi aufgesehen haben musste. Sie
liebte ihn. Vorbehaltlos, egal was er war und was er getan hatte.
    Paul legte die Arme um sie. Er
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