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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen
Autoren: Patricia Shaw
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Töpfen und Geschirr klapperte.
            Er erinnerte sich an eine weitere Einzelheit, die der Dekan seinem frisch gebackenen Missionar geschrieben hatte. Das Geld sollte als Grundlage für den Bau einer Schule verwendet werden, einer lutherischen Schule für deutsche Einwanderer in dieser Stadt namens Bundaberg. Er hatte darauf bestanden, weil diese Schule ein Eckpfeiler für das weltliche und religiöse Wohlbefinden von Familien fern der Heimat sein würde.
            »Da haben Sie wahrscheinlich Recht, Herr Dekan, gute Idee. Aber finden Sie nicht auch, dass die Leute lieber sparen und sich ihre Schule selbst finanzieren sollten? Das wäre entschieden besser für sie. Und Sie haben Ihren Friedrich viel zu lange eingesperrt. Ich meine, jetzt hat er mal ein bisschen Spaß verdient. Dieses Geld hier werden Sie gar nicht vermissen.«
            Nach der faden Kost auf dem Schiff war diese Mahlzeit herrlich. Eine heiße, kräftige Suppe, dick von Tomatenstücken und Schweinefleisch, ein knuspriges Hühnchen und Bohnen in einer würzigen Soße, frisches Brot, um den Saft aufzutunken, und eine zweite Flasche Wein.
            »Und jetzt besorgen Sie mir eine Frau, ja?«
            Der Kellner zuckte mit den Achseln und hämmerte gegen die Wand.
            Der Vikar winkte ab, als eine über alle Maßen dicke Frau mit einem erwartungsvollen Grinsen zur Hintertür hereinwatschelte.
            »Ich will eine Frau, keine Kuh!«
            Sie funkelte ihn böse an, fauchte ein paar Worte, auf Spanisch, vermutete er, warf ihr großes, wackelndes Hinterteil herum und ging.
            Der theatralische Abgang amüsierte ihn, und er fragte sich, ob man ihm nichts Besseres zu bieten hatte.
            Doch, das hatte man. »Gott!«, stieß er leise hervor und sog heftig den Atem ein, als unsichtbare Hände, offenbar die erste Bewerberin, ein junges Mädchen vorwärtsstießen. Sie musste etwa sechzehn Jahre alt sein und war eine Schönheit. Ohne Frage. Ihr langes Haar reichte fast bis zur Taille, die festen Brüste spannten die Baumwollbluse. Ihr Rock war nicht mehr als ein buntes Tuch, ein kleiner Fetzen Stoff über schmalen, geschmeidigen Hüften.
            »Ah!«, sagte er, als sie wartend stehen blieb. Und noch einmal: »Ah!« Voller Ehrfurcht. Ihr Gesicht … hohe Wangenknochen, große braune Augen, und dann dieser Mund. Er leckte sich über die Lippen, starrte sie an, starrte auf ihren vollen, üppigen Mund, auf die samtigen Lippen. Aber sie war schwarz. Schwarzhäutig. Eine Negerin. So nahe war er einem schwarzen Menschen noch nie gewesen … nie hatte er auch nur daran gedacht, eine schwarze Frau zu berühren. Wusste nicht, wie es ihm dabei ergehen würde … ob er in der Lage sein würde, es mit ihr zu tun.
            Sie rückte näher an ihn heran. Er hätte nur die Hand auszustrecken brauchen, um ihr den Rockfetzen abzureißen, nur um sich zu vergewissern, wie sie darunter aussah. Als ahnte sie seine Versuchung, wiegte sie sich leicht in den Hüften, nestelte lässig an dem Knoten, der den Rock hielt, und schob einen Fuß vor, um mehr von ihrem glatten, schwarzen Bein zu zeigen.
            Der Entschluss war gefasst, die Angst überwunden, und er stand auf, bereit, ihr zu folgen, doch der Kellner griff ein.
            »Zuerst das Geld.«
            Die Rechnung wurde aufgestellt. Das Essen, der Wein, die Zigarren und das Mädchen sollten ein Pfund kosten, genau die Summe, die er auf den Tisch gelegt hatte. Das mochte ein merkwürdiger Zufall sein, gab aber keinen Hinweis darauf, wie viel das Fräulein kosten sollte. Das war ihm inzwischen allerdings herzlich gleichgültig. Sie hätten ihm zehn Pfund abverlangen können, er hätte gezahlt, so sehr brannte er darauf, dem Mädchen die Treppe hinab zu folgen.
            Sie hatte ihr Bett im Keller. Dort war es kühl und trocken, und lediglich durch ein vergittertes Fenster hoch oben fiel ein wenig Licht. Er schloss eigenhändig die Tür und schob den Riegel vor. Gewöhnlich war er nicht so schamhaft, ein kräftiger, gesunder Bursche in der Blüte seiner Jahre, doch das hier war etwas anderes – eher ein Experiment, redete er sich ein. Und falls es nicht gelang, blieb es ein Geheimnis zwischen ihm und dieser Hure in einem schmutzigen Winkel der Erde, den er nie wiedersehen würde.
             
            Er lag auf dem Bett, erschöpft, euphorisch, während sie mit einem
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