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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer
Autoren: Frances Fyfield
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zarten, fliegenden Person, ehe er es hörte – irgendeine Vorahnung der unfreiwilligen Komik ihrer Eile, die ihn erreichte. Wider Erwarten – ein unverhofftes Geschenk – grinste er. Fing sie auf und küßte ihren Hals.
    »Na, na, was ist denn los? Wo brennt’s denn?«
    Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und blickte mit strahlen-dem Lächeln hoch, entzückt über seine Reaktion, alle Beklemmung wie weggeblasen.
    »Du hast dein Portemonnaie liegenlassen.«
    »Ah, du bist ein Schatz. Und so flink. Fast könnte man meinen, du liebtest mich.«
    »Aber ja. Natürlich liebe ich dich. Das weißt du doch. Sei mir nicht böse.«
    »Scht.« Immer noch lachte er. »Ich bin dir doch nicht ernstlich bö-
    se; die Nachbarn könnten dich hören.« Das Lächeln schrumpfte, schwand aber nicht vollends. »Kath, du hast keine Schuhe an, und du hast die Tür offenstehen lassen.«
    Katherine hatte sich gefaßt, sich beruhigt, war glücklich. »Ja, ich weiß. Ich gehe gleich wieder hinein. Bis später.«

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    »Halte Mutter bei Laune. Tschüs, mein Schatz. Wirst du das schaffen?«
    »Aber ja. Für dich tue ich alles.«
    Die Welt wieder im Lot. Es würde alles wieder gut. Katherine hielt Wache in der offenen Tür, winkte ihm nach, freute sich über das freundliche Abschiedshupen und wackelte mit den Zehen, die auf dem Asphalt kalt geworden waren. Stand noch einen Moment reglos.
    Sie trug an diesem Morgen einen champagnerfarbenen Rock. Vorbei die Zeiten des auffälligen klementinenfarbenen Taftfummels, der nie und nimmer die erlauchte Gesellschaft winziger Diamantohrstecker gekannt hätte, wie sie sie heutzutage trug. Was hatte sie doch für ein Glück! Aus nichts wird etwas; einem Mann hinterherwinkend, der zurückkehren würde. Heute, morgen, immer. Sie kreuzte die Arme vor der Brust, ohne daß ihr kalt war.
    Als Susan Pearson Thorpe aus ihrer Haustür trat und ihren scharfen Verstand zusammen mit einem Armvoll Zeug für das obligate Wochenende auf dem Lande zum Wagen trug, nahm sie den exquisiten Rock der Schönen von nebenan nur flüchtig zur Kenntnis, dafür aber bemerkte sie mit Befriedigung die fehlenden Schuhe. Sie registrierte auch, und das ganz bewußt, was sie für das Markenzeichen der jungen Nachbarin hielt, was ihr aber bei ihren beiden letzten flüchtigen Begegnungen nicht weiter aufgefallen war – mal ganz abgesehen davon, daß Susan morgens in der Früh grundsätzlich wenig auffiel.
    Die Befähigung anderer zum Glück versetzte sie stets in Erstaunen.
    Katherine, so dachte sie mit leisem Groll und einem ziemlichen Brummschädel, hatte diese Befähigung. Man sehe sie sich doch nur an: Sehr elegant war sie geworden in den wenigen Jahren, die sie hier unter ihnen weilte, und dachte sich dennoch nichts dabei, vor der eigenen Haustür zu stehen und laut hinauszurufen: »Was für ein herrlicher Tag!«, so wie eben jetzt. Und tatsächlich, sie meinte es auch so. Katherine meinte immer genau das, was sie sagte. Es handelte sich bei der Gemütsverfassung, deren Zeugin Susan gerade wurde, nicht um joie de vivre – auch die konnte Katherine an den Tag legen, ohne daß sie gewußt hätte, was das war –, noch um Spontaneität, denn Katherine war im Grund eher verschlossen, sondern um die erstaunliche Fähigkeit, sich ganz dem Augenblick hinzugeben, ohne 19
    zugleich an etwas anderes zu denken. Susan nahm an, daß sich Katherine, sobald sie ihre Begrüßungs- und Begeisterungsrufe von der Art des »Was für ein herrlicher Tag!« losgeworden war, mit Eifer an die verdammte Hausarbeit machen würde, denn die Nachbarn beschäftigten keine Hilfe. Mit demselben Eifer, den sie beim Einrichten gezeigt hatte, als sie immer nur für kurze Momente draußen erschienen war, sprühend vor Begeisterung, hochschwanger, von Lackfar-ben faselnd. Eine unglaubliche Naivität, also ehrlich, kein bißchen Frau von Welt – oder jedenfalls nicht in einem Grade, der auf Susans Skala meßbar gewesen wäre.
    »Fahrt ihr übers Wochenende weg?« rief Katherine – immer noch unnötig laut. Bei ihr klang es immer, als wolle sie es wirklich wissen.
    In der gleichen unverfälscht eifrigen Art bot sie auch ihre Hilfe an.
    Meine Güte, dachte Susan, es gibt wirklich und wahrhaftig solche Menschen. Fröhlich, gesund und munter. Irgendwo mußte die Sache doch einen Haken haben.
    »Soll ich dir tragen helfen? Die Taschen sehen gräßlich schwer aus.« Wörter wie »gräßlich« hatte Katherine früher nicht verwendet; sie waren quasi der letzte Schliff
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