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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation
Autoren: Jan Guillou
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will ich nur noch eins: Entweder nach Hause gehen und schlafen, oder du bringst mich wieder zu dieser Plastikmatratze mit dem Papierlaken runter. Auch dort würde ich nichts weiter tun als schlafen. Wo, ist mir egal, aber schlafen muß ich.«
    »Soll sich ein Arzt mal dein Ohr ansehen?«
    »Nein, das wird nicht nötig sein. So was verheilt von selbst, und wenn nicht, kann ich einen Arzt aufsuchen, wenn ich wieder draußen bin. Wie du weißt, haben wir Militärärzte.«
    »Gut, dann kannst du gleich nach Hause gehen. Ich werde dem Staatsanwalt Bescheid sagen«, seufzte Rune Jansson und schloß damit innerlich den Fall ab. In Gedanken verstaute er die Akten schon in ein paar braunen Pappkartons, die er mit der Aufschrift Ermittlungen ergebnislos in irgendeinen Polizeikeller schickte.

Epilog
    Es war ein zutiefst erschütterter Oberbefehlshaber, der das Amtszimmer des Ministerpräsidenten in Rosenbad betrat, während Carl einen Kilometer entfernt ein Taxi bestieg.
    Der sowjetische Vizeadmiral war ermordet aufgefunden worden. Aus irgendeinem Grund, der vermutlich mit seiner erregten Gemütsverfassung zu tun hatte, war dies das erste, was der Oberbefehlshaber mitteilte.
    Der Ministerpräsident schenkte diesem Problem jedoch nur erstaunlich geringe Aufmerksamkeit und stieß statt dessen eine ganze Suada von Warnungen aus, sprach von »nuklearer Selbstzerstörungskapazität« und einer möglichen Bedrohung durch Kernwaffen in Verbindung mit den drei Unterwasserbasen. Es dürfte auf keinen Fall zu einem Angriff mit scharfen Waffen oder anderen Formen der Gewalt kommen.
    »Seit sechzehn Stunden existiert das Problem nicht mehr«, erwiderte der Oberbefehlshaber leise und mit sehr trockenem Mund. Dann erläuterte er: »Taucher der operativen Abteilung des Nachrichtendienstes haben die Anlagen gestern nachmittag und abend gesprengt. Von Überlebenden oder Spuren ist uns nichts bekannt. Der militärische Funkverkehr der Sowjets ist völlig normal.«
    Ein sehr langes Schweigen senkte sich über das Amtszimmer des Regierungschefs. Der setzte sich an seinen weißen Schreibtisch und sah aus dem Fenster. Draußen brauste das Leben wie gewohnt durch die Hauptstadt. Es war ein windiger Tag. Eine Frau, die gerade die Brücke vor dem Reichstagsgebäude überquerte, hätte um ein Haar ihren Regenschirm verloren, den ein Windstoß hochgedrückt hatte. Eine Million Bewohner der Hauptstadt lebten, wie diese Frau, in unbekümmerter Unwissenheit weiter, als hätte es den Abgrund, an dem sie alle in den letzten vierundzwanzig Stunden entlangbalanciert waren, nie gegeben; es stand zu hoffen, daß sie nie davon erfahren würden. Es war wieder eine vollkommen unwirkliche Situation.
    Der Ministerpräsident nahm die Brille ab und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. Dann gab er sich einen Ruck. Ihm standen eine Reihe von Beschlüssen und Initiativen bevor, denen er nicht ausweichen konnte.
    Es wurde ein arbeitsreicher und effektiver Tag in der Kanzlei des Regierungschefs. Die Ergebnisse der Arbeit waren konkret und sichtbar. Nachdem der Oberbefehlshaber versichert hatte, er persönlich habe nicht Befehl gegeben, mit der Militäraktion zu beginnen, doch er habe den Verdacht, daß der Marinechef es getan habe, wurde beschlossen, der Sache nicht weiter nachzugehen und nicht mehr darüber zu sprechen.
    Da der sowjetische Vizeadmiral tot war, sprach nichts dagegen, den Russen den Gefallen zu tun und Koskow in die Sowjetunion zurückzuschicken. Im übrigen durfte man fast dankbar sein, daß die Russen bei der Vollstreckung des Todesurteils die anwesenden Schweden verschont hatten; so war die Geheimhaltung wesentlich leichter.
    Der bedauerliche Zwischenfall hatte überdies seine durchaus positiven Seiten. Erstens war es jetzt möglich, den Russen zurückzugeben. Und es blieb Schweden erspart, ihn an die USA weiterzureichen, was für den inneren politischen Führungskreis des Landes eine gewisse Erleichterung bedeutete. Dort hatte man sich schon um gewisse Aspekte der schwedischen Neutralitätspolitik gesorgt, wegen der Zusammenarbeit mit der einen Supermacht, die sich gegen die andere Supermacht gerichtet hätte.
    Für den militärischen Nachrichtendienst Schwedens war die gelungene Operation des GRU gegen Vizeadmiral Koskow zugegebenermaßen eine peinliche Niederlage. Diese ließ sich jedoch ohne große Schwierigkeiten verkraften, da die sonstigen militärischen Erfolge der Sowjets erheblich größer waren und da der schwedische
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