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Im Interesse der Nation

Im Interesse der Nation

Titel: Im Interesse der Nation
Autoren: Jan Guillou
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senden konnte, das sich nur wesentlich schwerer auffangen und deuten ließ, konnte an ein Satelliten-Überwachungssystem angeschlossen und so vom Weltraum aus überwacht werden. Das bedeutete aber, daß man die amerikanischen Kollegen um Amtshilfe bitten mußte. Und das war keine operative Frage, sondern eher eine diplomatische, möglicherweise sogar eine Regierungsangelegenheit.
    Die zweite Variante bot eine interessante Möglichkeit. Mit einem an ein Satellitensystem angeschlossenen Sender konnte man die Fernlaster selbst auf sowjetischem Territorium weiterverfolgen. Immerhin machte es einen Unterschied, ob deren Endstation eine Obstzentrale in Leningrad war oder ein Panzerregiment auf der Halbinsel Kola.
    Ein mögliches Verfahren, das Carl andeutete, sah so aus: In einem ersten Stadium die Sender zu entfernen, wenn der betreffende Fernlaster das Land verließ. Erst später würde man sich auf den Versuch einlassen können, die Lastwagen mit den versteckten Sendern in die Sowjetunion fahren zu lassen. Dieser zweite Vorschlag, so stand zu erwarten, würde bei den Amerikanern keine große Begeisterung erwecken. Immerhin bestand das Risiko, daß die so exportierten Sender nicht in den Westen zurückkehrten. In diesem Fall wären die Erkenntnisse teuer erkauft, vor allem dann, wenn die Arbeitshypothese - daß die Russen sich nämlich mit nichts anderem beschäftigten als der Kontrolle der Angaben in Telefonbüchern und in Straßenkarten des Königlichen Automobilclubs - sich als die undramatische Wahrheit erweisen sollte.
    Wie auch immer: Eine Fortführung der Arbeit auf dem gegenwärtigen Programmniveau würde vermutlich keine weiteren Erkenntnisse ergeben als die, die man schon besaß.
    Zwanzig Minuten vor Dienstschluß hatte Carl sein zusammenfassendes Memorandum von sieben Seiten fertiggestellt. Er legte hundert Blatt Daten-Analysen dazu, die seinem Chef rein gar nichts sagten.
    Kapitän zur See Johan F:son Lallerstedt hatte einen großen Teil seines Berufslebens der Zusammenarbeit mit Nachrichtenleuten gewidmet. Das war jedoch meist auf See gewesen, wo er Halbzivilisten der militärischen Funkanstalt kreuz und quer über die Ostsee geschippert hatte. Er hatte nie mehr als vage Erkenntnisse davon gewonnen, wonach diese Techniker im sowjetischen Funkverkehr schnüffelten, und hatte sich ernsthaft auch nie darum gekümmert. Er hatte diese Leute als etwas durchgedrehte Akademiker angesehen, und für ihn waren sie eher Passagiere als Kollegen gewesen. Einmal war es auf See zu einem Zwischenfall gekommen: Er war Kommandant eines Funkspionageschiffs gewesen, das mit einem sowjetischen Minenleger kollidiert war. Die Kollision hatte dazu geführt, daß man ihn zu einem nicht genau definierten Bürojob innerhalb des OP 5 abkommandiert hatte, was sowohl er selbst als auch seine Kollegen zur See als Rüge oder vielmehr Strafe verstanden hatte. Obwohl völlig unklar war, welcher der beiden Kapitäne, der schwedische oder der sowjetische, die Kollision verschuldet hatte. Der Chef der Marine hatte als Grund für die Versetzung angegeben, Lallerstedt sei im Zusammenhang mit dem Zwischenfall in der Presse zu stark in Erscheinung getreten.
    Die Voraussetzungen für einen munteren und ungezwungenen Umgang des Seebären Johan F:son Lallerstedt mit den jungen Technikern der Analyse und künftigen Operationsabteilung des Nachrichtendienstes waren zunächst also nicht die besten gewesen. Er mochte keine Schreibtischmilitärs.
    Und dem etwas zu höflichen und etwas zu kenntnisreichen Carl Hamilton gegenüber war er ebenso mißtrauisch gewesen, bis er Carls Hintergrund kennengelernt hatte. Und der stand jetzt vor ihm, dieser Mann, der eine breitere und dramatischere Kampferfahrung besaß als irgendein anderer schwedischer Soldat seit dem letzten Krieg gegen die Russen zu Anfang des 19. Jahrhunderts, und legte ihm die Schlußfolgerungen eines EDV-Programms dar. Hamilton hatte sich nicht einmal gesetzt; es wurde zwar nicht darüber gesprochen, doch es hatte sich so ergeben, daß in den inneren Büroräumen militärische Umgangsformen herrschten. Und obwohl keiner von ihnen eine Uniform trug, blieb für beide entscheidend, daß ein Kapitän zur See am Jackenärmel einen breiteren Goldrand hat als ein Korvettenkapitän. Mag der Korvettenkapitän auch mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse und der Tapferkeitsmedaille Gustavs III. ausgezeichnet sein, so hat er doch zu stehen, wenn der Kapitän zur See sitzt, sogar beim
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