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Im Innern des Wals

Im Innern des Wals

Titel: Im Innern des Wals
Autoren: Orwell George
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mir heim!]
    Und das zweite:
    Cheer for the Sergeant’s wedding –
    Give them one cheer more!
    Grey gunhorses in the lando,
    And a rogue is married to a whore!
    [Ein Hoch auf die Hochzeit des Sergeanten – noch ein zweites Hoch! Graue Kanonengäule auf der Weide, und ein Schuft heiratet eine Hure!]
    Hier habe ich die h’s etc. wieder hinzugefügt. Eigentlich hätte Kipling es besser wissen müssen. Er hätte sehen müssen, daß die beiden letzten Zeilen der zweiten Strophe sehr schöne Zeilen sind, das hätte seinen Hang unterdrücken müssen, sich über die Aussprache eines Arbeiters lustig zu machen. In den alten Balladen sprechen Herr und Bauer die gleiche Sprache. Das ist bei Kipling unmöglich. Er sieht aus einer verzerrenden Klassenperspektive auf das Volk herab, und eine dichterische Gerechtigkeit verdirbt ihm dafür einen seiner schönsten Verse, denn »Follow me ’ome« ist sehr viel häßlicher als »Follow me home«. Selbst, wo es ohne Bedeutung ist, macht einen der Spaß mit seinem Bühnen-Cockney schon vom Klanglichen her nervös. Er wird öfter beim Sprechen zitiert als gedruckt gelesen, und die meisten ändern ihn beim Zitieren bereits in der nötigen Weise ab. Kann man annehmen, daß ein gemeiner Soldat in den neunziger Jahren oder heute die Barrack Room Ballads mit dem Gefühl liest, daß hier ein Schriftsteller ist, der ihm aus der Seele spricht? Wohl kaum. Jeder Soldat, der einen Gedichtband lesen kann, würde sofort merken, daß Kipling so gut wie gänzlich den Klassenkampf außer acht läßt, der in einer Armee ebenso im Gang ist wie anderswo. Nicht nur, weil er im Soldaten eine komische Figur sieht, sondern weil er davon ausgeht, daß jeder Soldat patriotisch fühlt, gehorsam ist, immer bereit, seinen Offizier zu bewundern, und stolz darauf, ein Soldat der Königin zu sein. Natürlich stimmt mein Einwand nur zum Teil, sonst könnten keine Schlachten geschlagen werden – aber die Frage »Was habe ich für dich getan, England, mein England?« entspringt dem Denken der Mittelklasse. Fast jeder Arbeiter würde darauf sofort mit der Gegenfrage antworten: »Was hat England für mich getan?« Soweit Kipling das Problem überhaupt zur Kenntnis nimmt, erklärt er es mit der »hemmungslosen Selbstsucht der unteren Volksschichten«. Wenn er nicht über Engländer, sondern über »loyale« Inder schreibt, walzt er zuweilen das »Salam-Sahib«-Motiv zu einer Länge aus, daß sich einem der Magen umdreht. Und doch bleibt es wahr, daß er für den gemeinen Soldaten weit mehr Interesse hat, sich mehr Gedanken darüber macht, daß er gerecht behandelt wird, als die meisten »liberalen« Schriftsteller seiner Zeit oder heute. Er sieht, wie der Soldat vernachlässigt wird, unterbezahlt ist und heimlich von den gleichen Leuten verachtet wird, deren Besitz er beschützt. »Ich bin zu der Erkenntnis gekommen«, schreibt er in seinen posthum herausgegebenen Memoiren, »daß das Leben des einfachen Soldaten eine wahre Hölle ist und daß er unnötige Quälereien erdulden muß.« Man beschuldigt Kipling, den Krieg zu verherrlichen, und vielleicht tut er das auch, aber nicht in der üblichen Weise, bei der Krieg als eine Art Fußball-Match angesehen wird. Wie die meisten anderen, die Kriegsgedichte schreiben, hat auch er nie an einer Schlacht teilgenommen. Trotzdem hat er eine durchaus realistische Vorstellung vom Krieg. Er weiß, daß Kugeln treffen können, daß jeder im feindlichen Feuer Angst hat, daß kein gewöhnlicher Soldat je eine Ahnung hat, warum der Krieg eigentlich geführt wird oder was vor sich geht, außer in seinem kleinen Abschnitt des Schlachtfeldes, und daß englische Truppen, genau wie andere, oft desertieren.
    I ’eard the knives be’ind me, but I dursn’t face my man,
    Nor I don’t know where I went to, ’cause I didn’t ’alt to see,
    Till I ’eard a beggar squealin’ out for quarter as ’e ran,
    An’ I thought I knew the voice an’ – it was me!
    [Ich hörte die Messer hinter mir, aber ich wagte nicht, den Kerl anzusehen. Ich wußte auch nicht, wohin ich lief, weil ich nicht anhielt, um mich umzusehen. Bis ich einen Bettler hörte, der um Schutz jammerte, während er lief. Und ich dachte, die Stimme kennst du doch – und es war meine!]
    Durch die stilistische Modernisierung hätte es eins der Anti-Kriegsbücher der zwanziger Jahre werden können. Und so auch folgendes:
    An’ now the hugly bullets come peckin’ through the dust,
    An’ no one wants to face ’em, but every
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