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Im Himmel ist die Hölle los

Im Himmel ist die Hölle los

Titel: Im Himmel ist die Hölle los
Autoren: Tom Holt
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Bleistift und kaute darauf herum. »Diese Sterblichen«, murmelte er zögernd.
    »Ehemaligen Sterblichen.«
    »Von mir aus auch ehemaligen Sterblichen.« Der Personalchef spürte, wie seine Zähne rings um den Graphitkern zusammenstießen. »Ich nehme doch an, die befinden sich alle in untergeordneten Positionen und sind eher so eine Art Arbeitssklaven, oder?«
    Gänger schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht«, entgegnete er. »Hauptsächlich sind sie im einfachen und mittleren Verwaltungsdienst tätig. Einen höheren Dienstgrad bekleidet keiner von ihnen, aber nur deshalb, weil sie noch relativ neu sind und alles seine Zeit braucht. Die müssen eben darauf warten, bis jemand das Zeitliche segnet, sprich: bis eine Stelle frei wird.«
    Aus irgendeinem Grund jagte dem Personalchef die Metapher in diesem Zusammenhang einen leichten Schauer über den Rücken. »Aber das ist doch wirklich un …« – schnell schwächte er den Gedanken ab, nur für den Fall, daß jemand heimlich zuschaute – »… wirklich nicht in Ordnung, oder? Ich meine, Sterbliche …«
    »Sie meinen, so etwas ist hier noch nie ausprobiert worden.« Gänger wandte sich vom Fenster ab, und in dem Sekundenbruchteil, den es dauerte, den entsprechenden Teil des Gehirns vorübergehend abzuschalten, bemerkte der Personalchef, daß sich das Aussehen des Anwalts leicht verändert hatte. »Ich weiß, daß es nicht leichtfällt, sich damit abzufinden. Aber wir gehen einfach so vor, und es scheint zu klappen. Das ist das Schöne an der erfolgreichen Führung eines eigenen Schiffs. Wen kümmert es schon, wenn wir etwas Ungehöriges anstellen? Nur uns selbst, und wir gehen auf unsere eigene Art zum Teufel. Sozusagen jedenfalls«, fügte er wohlüberlegt hinzu. »Und wenn es klappt …«

 
     
    Die gesamte Zeitspanne zwischen dem entscheidenden Auslöser zu einer Greueltat und deren endgültigen Ausführung erlebt man wie eine Wahnvorstellung oder einen schrecklichen Traum. Dann verschmelzen Vernunft und Instinkte zu einer Einheit, und der Mensch gerät in einen Gemütszustand innerer Aufruhr.
    »Ach, verdammter Mist! Warum eigentlich nicht?« Jane faßte plötzlich einen folgenreichen Entschluß, überquerte die Straße und betrat das Geschäft.
    »Ich hätte gern zwei Doughnuts mit Sahne«, sagte sie zu der jungen Verkäuferin. »Nein, geben Sie mir drei. Aber bitte mit frischer Sahne und nicht mit diesem künstlichen Zeug aus der Sprühdose.«
    Während sie in ihrem Portemonnaie nach einem Pfundstück wühlte und vergeblich wie jemand auszusehen versuchte, der nicht nur für eine, sondern für drei Personen Backwaren kaufte, stachen ihr Augen wie Bohrer aus Molybdänstahl direkt ins Herz.
    »Und einen Penny zurück«, murmelte die Verkäuferin. »Vielen Dank.«
    Na ja, dachte Jane, als sie schließlich weiter die Straße entlangging, vorhin ist mir die Idee noch gut vorgekommen. »Iß einen Doughnut, Mädchen«, hatte ihr die Mutter aller Lügen geraten, »danach wirst du dich nicht wiedererkennen.«
    »Das stimmt zwar, doch die einzige wahrnehmbare Veränderung wird rings um dein Gesäß stattfinden«, war sie daraufhin vom vernünftigeren Teil ihres Verstands eindringlich gewarnt worden. »Junge Frauen, die drei Doughnuts mit Sahne essen, haben es ausschließlich sich selbst zuzuschreiben, wenn sie am Ende wie ein Hovercraft aussehen.«
    »Macht nichts«, sprach sich Jane in entschiedenem Ton Mut zu. Ein Mann in einem rehbraunen Mantel blickte sie verdutzt an und schlug einen etwas schnelleren Gang ein. Macht nichts, wiederholte Jane in Gedanken, wenigstens ist es keine Schokolade. Wenn man nämlich erst mal damit anfingt, schon mitten am Tag Schokolade zu fixen, ist es an der Zeit, aufzugeben und Schluß zu machen.
    Als sie im Park eine freie Bank entdeckte, setzte sie sich und musterte skeptisch die Papiertüte auf ihren Knien. An verschiedenen Stellen hatte das Papier Sahne aufgesogen und war durchsichtig geworden, und Jane erschauderte leicht. Wäre in diesem Moment ein Landstreicher vorbeigekommen, hätte er sich höchstwahrscheinlich über ein unerwartetes Almosen freuen können; aber bis auf ein paar Jugendliche, die unter einer Platane auf der anderen Seite des orientalischen Teichs Klebstoff schnüffelten, und der fernen Silhouette eines Joggers war niemand zu sehen. Also würde sie die Doughnuts selbst essen müssen.
    Der erste schmeckte eigentlich ganz lecker, obwohl Jane schmerzlich bewußt war, daß die Sahne seitlich herausgequollen war und
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