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Im Herzen Rein

Im Herzen Rein

Titel: Im Herzen Rein
Autoren: Andrea Vanoni
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schießen.
    Jetzt kam er wieder in ihr Blickfeld, weil er einen Schritt rückwärts machte. Diesmal sah sie den ganzen Körper, doch er bewegte sich und verschwand wieder. Paula stand regungslos, bis er wieder erschien. Sie zielte auf seinen Kopf. Er öffnete zwei Knöpfe seines Hemdes und zog es über den Kopf, auf den sie anlegte. In dem Moment, als er das Hemd auf den Boden fallen ließ, drückte sie ab. Er stürzte zu Boden.
    Paulas Herz hämmerte. Sie hatte Bach getroffen. Er war aus dem schmalen Gesichtsfeld der Ritze verschwunden, aber sie wusste nicht, ob sie ihn kampfunfähig gemacht hatte. Vielleicht war er nur angeschossen und noch imstande, Chris zu töten oder als Geisel zu nehmen. Vielleicht war sie auch schon schwer verletzt. Paula konnte nicht abwarten, ob dieser Kerl wieder in ihrem Sichtfeld auftauchen würde, sie musste in das Gebäude eindringen.
    Sie suchte einen Eingang und rannte die Rampe entlang, sprang am Ende herunter und lief weiter bis zur Ecke des Gebäudes. Zweige schlugen ihr ins Gesicht, und sie musste wieder durch ein Brennnesselfeld. Dann bog sie links um die Ecke und musste über einen Maschendrahtzaun klettern. Er war mehr als zwei Meter hoch und oben wacklig. Sie hatte Mühe, die Balance zu halten. Doch aus Angst um Chris warf sie sich ohne Rücksicht nach vorn. Sie strauchelte, konnte sich aber gerade noch am Draht festhalten und hing jetzt in der Luft. Beim Loslassen riss sie sich die Haut am linken Handballen auf. Sie achtete nicht darauf, sondern rannte sofort weiter, nachdem sie auf dem Boden gelandet war. Sie kam zu dem Fabrikhof mit der Zufahrt zur Straße.
    Die Halle war auch auf dieser Seite verrammelt und vernagelt. Sie leckte das Blut von ihrer Hand ab und lief weiter.
    Wie viel Zeit mochte seit ihrem Schuss vergangen sein? Hatte sie ihn überhaupt getroffen? War er noch handlungsfähig?
    Auf jeden Fall wusste er nun, dass er entdeckt war. Würde er fliehen mit Chris als Geisel? Oder würde er sie vorher töten? War sie überhaupt noch am Leben? Und wie viel Zeit hatte Paula noch, um sie zu retten?
    Die Gedanken rasten ihr durch den Kopf und verschärften ihre Spannung. Sie stand jetzt vor dem Eingang zur Halle, einem schweren Garagentor aus Metall. Wie sollte sie es öffnen? Das Eisenstück half ihr da nicht. Kurz entschlossen spurtete sie über den Fabrikhof Richtung Straße.
    Doch niemand war dort zu sehen, kein Fußgänger, kein Auto. Sie erreichte Ulla über Handy, gab ihr hastig die Adresse und forderte einen Hubschrauber an.
    Ulla begriff und stellte keine Fragen.
    Jetzt kam ein Pkw die Straße entlang. Endlich. Paula sprang mitten auf die Fahrbahn, stand mit gespreizten Beinen und ruderte mit den Armen. Der Opel bremste quietschend und kam kurz vor ihr zum Halten.
    Mit zwei Sätzen war sie an der Fahrertür, riss sie auf, hielt dem Mann im grauen Kittel ihren Polizeiausweis vor die Nase und rief: »Kriminalpolizei! Ihr Wagen ist beschlagnahmt zur Verbrechensbekämpfung! Steigen Sie aus!«
    Der Mann war verblüfft und zögerte. Sie packte ihn am Oberarm und riss ihn aus dem Wagen. Er taumelte noch, als sie schon hinterm Steuer saß und Gas gab. Der Motor heulte auf, sie riss das Steuer herum und raste auf den Fabrikhof. Dann bremste sie den Wagen noch einmal kurz ab, schnallte den Sicherheitsgurt um und gab wieder Gas. Sie trat das Gaspedal bis zum kick down durch und fuhr das Auto krachend in das Garagentor. Der Gurt drückte schmerzhaft auf Paulas Brustkorb.
    Der Aufprall hatte das Tor einen Spalt hochgedrückt, hoch genug, um hineinzukriechen. Paula stemmte sich gegen ihre Fahrertür, aber sie war verklemmt und ließ sich nicht öffnen. Mit einem Ruck öffnete sie den Gurt und zwängte sich über die Rückenlehne auf die hintere Sitzbank. Sie öffnete die hintere Tür, kletterte aus dem Wagen und kroch unter dem Garagentor durch. Sie zog ihre Waffe und entsicherte sie. Der Lärm des Aufpralls war drinnen natürlich zu hören gewesen. Sie musste damit rechnen, dass Bach schussbereit auf sie wartete.
    Sie lief geduckt an dem Mercedes und dem VW-Bus vorbei auf die kleine Eisentür zu und drückte den Griff herunter, aber die Tür war verschlossen.
    Sie duckte sich hinter den VW-Bus und feuerte auf das Türschloss. Sie lud nach und wartete. Stille. Dann schlich sie zur Tür und drückte sie mit einem Ruck auf.
    Sie sah Chris sofort. Sie war auf einen Stuhl gefesselt und trug das blaue Kleid der Toten. Sie bewegte sich nicht. Mein Gott, ich bin zu spät, durchfuhr
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