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Im Glanz der roten Sonne Roman

Titel: Im Glanz der roten Sonne Roman
Autoren: Elizabeth Haran
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Anschuldigung zurückwies und Courtland aus dem Haus prügelte, doch Patrick schwieg und starrte ins Leere.
    »Du solltest dir deswegen keine Vorwürfe machen, Patrick«, fuhr Courtland in gönnerhaftem Tonfall fort. »Frauen können einem mächtigen Mann nicht widerstehen, so ist es nun mal. Catheline war da keine Ausnahme.«
    »Catheline hat Jordan und mich mehr geliebt als ihr Leben«, flüsterte Patrick. »Sie hätte uns niemals belogen und betrogen ... niemals, schon gar nicht mit einem Dreckskerl wie dir. Und sie hätte nie ...« Er stockte und brach in Tränen aus. Sogar Jordan spürte, dass sein Vater sich bloß selbst zu überzeugen versuchte. Noch nie hatte Jordan einen so hoffnungslosen, verzweifelten Mann gesehen, und er hatte schreckliche Angst, dass sein Vater nie wieder der Alte würde.
    »Ich wette, du hättest auch niemals geglaubt, dass deine Frau sich umbringt«, sagte Courtland verächtlich.
    Patrick Hale stieß einen Laut aus, in dem alle Qualen der Welt lagen.
    »Catheline war eine lebenshungrige, leidenschaftliche Frau, die ein Mann wie du nicht befriedigen konnte«, fuhr Courtland unerbittlich fort. »Nachdem sie mit mir zusammen gewesen war, konnte und wollte sie nicht mehr zurück ...«
    Jordan hätte am liebsten laut herausgeschrien: »Hören Sie auf, haben Sie Erbarmen!« Sein Vater konnte unmöglich weiteren Schmerz, weitere Demütigungen ertragen.
    Patrick lehnte sich schwer zurück, eine Hand auf den Brustkorb gepresst. Das Mondlicht riss sein Gesicht aus dem Halbdunkel und ließ erkennen, wie schrecklich er litt.
    Jordan schloss die Augen; er konnte den Anblick seines Vaters nicht mehr ertragen. Wenig später hörte er seltsame Geräusche und schlug die Augen wieder auf. Er sah die massige Gestalt Courtlands, der sich über den Sessel seines Vaters beugte. Augenblicke später war Courtland verschwunden.
    Jordan übergab sich. Er würgte, bis sein Magen nur noch aus brennendem Schmerz zu bestehen schien. Es vergingen ein paar Minuten, bis er unter dem Tisch hervorkriechen konnte. Mit zögernden Schritten ging er zu seinem Vater, der regungslos dasaß.
    »Vater«, sagte Jordan. »Vater, wach auf!«
    Doch Patrick bewegte sich nicht. Er hatte die Augen geöffnet, doch es war kein Leben mehr darin. Sein Mund stand weit offen; ein Speichelfaden rann aus einem Mundwinkel.
    Jordan starrte seinen Vater fassungslos an.
    Patrick Hale war tot.

    Als die ersten Sonnenstrahlen durchs Fenster schienen, kauerte Jordan noch immer neben seinem Vater und starrte blicklos vor sich hin. Er hatte in nur drei Tagen die Eltern verloren, und sein Verstand weigerte sich, diese schreckliche Wahrheit zu akzeptieren. Der Junge wusste nicht mehr, was Wirklichkeit war und was nicht, was er tun sollte, wohin er gehen konnte ...
    Maximillian Courtland war seit mehreren Stunden fort. Seitdem hatte Jordan im Geiste immer wieder einen Satz gehört, den Courtland in der Nacht gesagt hatte:
    »Frauen können einem mächtigen Mann nicht widerstehen ...«
    Diese Worte sollten Jordan während der nächsten zehn Jahre seines Lebens verfolgen.

1
    1903
    D ie Sonne des späten Nachmittags lag auf der stillen Landschaft, und kein Windhauch strich durch die hohen Zuckerrohrfelder zu beiden Seiten der Straße. Der schrille Gesang der Zikaden und der Anblick grauer Käfer erinnerten Jordan Hale an seine Kindheit, als er und seine Freunde auf diesen Feldern gespielt hatten – trotz der Schlangen, Spinnen und Ratten und der vielen anderen Gefahren, die in diesem Meer aus Zuckerrohr auf sie lauerten.
    Für die Fahrt von Brisbane nach Geraldton hatte Jordan in einer einspännigen Kutsche fast zwei Monate gebraucht. In weniger als einer Stunde würde er in Eden sein, auf der Plantage seiner Familie. Jordan war von den verschiedensten Gefühlen erfüllt. Ihm war heiß, und der Gedanke an sein Zuhause beunruhigte ihn; zugleich freute er sich darauf, das Haus und die Plantage wiederzusehen. Selbst mithilfe seines Onkels hatte es zehn Jahre gedauert, bis Jordan über den Verlust der Eltern hinweggekommen war und die Schuldgefühle überwunden hatte, ihren Tod nicht verhindert zu haben. Mit der Zeit und dem wachsenden persönlichen und geschäftlichen Erfolg hatte er an Selbstvertrauen gewonnen – doch der brennende Wunsch, an Maximillian Courtland Rache zu nehmen, war nicht zu stillen gewesen.
    Jordan lehnte sich im Sitz des kleinen Wagens zurück und verzog das Gesicht, als ihm das Hemd am schweißbedeckten Rücken festklebte. Er hatte
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